Unser Gastredakteur Thomas hat sich das neue Soloalbum Life And Times von Neal Morse in der Vinylversion für euch näher angeschaut und natürlich reingehört. Was er darüber denkt könnt ihr hier lesen.
Neal Morse hatte ich nicht auf dem Schirm. Dabei ist er ein angesagter Prog-Rock Künstler. Nun macht er ein Soloalben, als Singer Songwriter. Es ist nicht die surrealistische Lyrik eines Bob Dylan oder Country von John Denver. Eher geht es in Richtung Vergangenheitsbewältigung und Vorschau eines Lebens, das auch ähnlich wie bei Michael Patrick Kelly der Auslöser zu seiner Platte war. Neal Morse macht mit Mitte Fünfzig Bilanz und ist zufrieden mit seinem Leben.
Artwork: Das Cover zeigt Neal Morse beim Überschreiten eines Zebrastreifens in einer belebten Straße. Nein es ist definitiv nicht die Abby Road aber vielleicht eine Referenz an die Beatles und ihre Geschichten, wer weiß? Name des Sängers und Titel der Platte im oberen Bereich sagen klar was drin ist. Auf der Rückseite ist ebenfalls ein Überweg, der von vielen unbekannten Menschen frequentiert wird. Darüber ist die Titelliste. Es gibt ein Einlegeblatt mit den kompletten Texten was gerade für diese Platte essentiell ist. Verschiedene Fotos zeigen den Künstler in Straßenszenen und einmal auch vor einer Hütte im Wald mit Kapuzenjacke und Gitarre, wie man sich eben einen Singer Songwriter vorstellt. Platz war auch noch für das Kleingedruckte. Neben vielen hilfreichen Personen dank er auch Gott als ultimativer Inspiration. Die Platte selbst befindet sich in einer schwarzen Hülle mit Piratenlogo von Metal Blade Records.
Tonqualität: Der Sound ist hervorragend und besonders die aufwendigen Arrangements einiger Titel kommen glasklar rüber.
Musik: Neal Morse möchte Geschichten erzählen. Viele haben einen autobiografischen Bezug und oft sind sie zum Nachdenken. Die Welt ist nicht immer fröhlich und doch überwiegen Hoffnung und Zuversicht in seinen Texten, was auch seine tiefe religiöse Sicht unterstreicht.
Er möchte, dass Musik auch glücklich macht und damit sind wir auch beim ersten Song Livin’ Lightly. Aufwendige Hintergrundmusik umschmeichelt den Gesang fast wie Kaufhausmusik. Neal besingt ziemlich fröhlich, wie schwer es ist einen guten Song zu schreiben, was ihm mit diesem Titel doch schon gelungen ist. Ebenso fröhlich beschreibt er in Good Love Is On The Way Menschen auf der Suche nach Glück in der Stadt und verspricht Hoffnung. Schöne poppige fast schlagerhafte Musik macht Laune auf einen schönen Tag. Den Song habe ich bestimmt schon im Radio gehört.
Joanna ist ruhiger und sehr melodisch getragen. Ein Lied über eine verlassene Liebe und die Sehnsucht nach ihr.
Einen schönen Stadtrundgang durch Luxembourg besingt er in Selfie in the Square. Wäre seine Frau dabei, wäre es ein schöner Urlaub. Auch dieser Song in munterem Pop plätschert vorbei.
Jetzt kommt der Bruch! Fröhliche Belanglosigkeit wechselt zu einem ernsten Thema. Neal Morse setzt auch nur noch die Gitarre ein.
In He Died At Home setzt er sich mit einer traurigen Folge des Krieges auseinander. Während die Verluste der Soldaten im Kriegseinsatz immer geringer werden, kommen viele Veteranen im Heimatland und iihrem normalen Leben nicht mehr zurecht, sie sind traumatisiert. Sehr viele von ihnen nehmen sich das Leben, sie sterben zu Hause, wie der Song beklagt. Das ist der beste Song der Platte, die Musik passt und der Gesang klagt kraftvoll an.
Jetzt drehe ich die Platte und eine eingängige Melodie erklingt. She’s Change Her Mind ist ein lustiger Song in dem er die wechselnden Launen seiner großen Liebe besingt. Wave on The Ocean ist rhythmusbetont. Nur ein winziges Gitarrensolo klingt durch. Klavier wie bei Elton John ertönt und Neal Morses Stimme kling frei in You + Me + Everything. Es ist eine schöne Ballade über seine Beziehung zu einer Frau.
Wieder ein Wohlfühlsong in frühen Beatlesgewand ist Manchester. Man merkt den Spaß beim Singen und wippt unwillkürlich mit. Countrypop trifft auf den nächsten Song wohl am ehesten zu. Eine eingängige Melodie, ab und zu durch Gitarren untermalt, führt durch Lay Low. Coolness, Gitarre und Fidel und eine klare Gesangsstimme, das ist was ich die ganze Zeit erwartet hatte. Am Ende der Platte in If I Only Had A Day ist wirklich der Sänger im Mittelpunkt und auch der Text ist tiefgängig. Er überlegt was er tun würde, wenn er nur noch ein Jahr oder nur einen Monat oder Woche oder Tag hätte. Und schon ist das Ende da.
Fazit: Manche Songs haben Ohrwurm-Charakter. Leider ist einiges für meinen Geschmack ohne Leidenschaft gesungen und der Gesang geht unter im Popsound. Es ist eine schöne Wohlfülmusik, die man im Hintergrund laufen lassen kann. In manchen Titeln hätte ich mir mehr Energie und Kraft in der Stimme gewünscht, gute Kompositionen sind es allemal. Glücklicherweise ragen aber mehrere Titel sowohl musikalisch als auch vom Text heraus. Hier will ich vor allem He Died At Home und If I Only Had A Day herausstellen. Schon dafür lohnt sich die Platte! Aber ich möchte auch erwähnen, das die anderen Titel mit ihrem Gute-Laune-Sound die Stimmung an einem trüben Tag echt aufhellen können.