Liebe ist für alle da - Cover „Wer wartet mit Besonnenheit – der wird belohnt zur rechten Zeit“ – so beginnt nicht nur der Opener des neuen Albums „Liebe ist für alle da„, dies scheint für viele Fans auch das Motto der letzten Wochen und Monate gewesen zu sein.

Nun, das Warten hat seit diesem Freitag definitiv ein Ende, denn Rammsteins heißerwartetes neues Album „Liebe ist für alle da“ steht seitdem in den Plattenläden. Der Albumveröffentlichung vorangegangen war neben der Single „Pussy“ (und entsprechend hetzerischer Berichterstattung der Boulevardmedien) auch ein umstrittener Kartenvorverkauf für die kommende Tour (Mindbreed berichtete), sowie der Shutdown mehrerer Fanseiten, die brisantes Material illegal veröffentlichten.


Doch nun halten die Fans endlich den langersehnten Silberling in den Händen, und so wagen auch wir einen Blick auf das neue Werk.

Liebe ist für alle da“ erscheint zur Zeit in drei Versionen:


– Normale Album Edition (11 Tracks)

– Limited Edition (11 Tracks + 5 Bonus Tracks)

– Doppel-Vinyl Edition (11 Tracks auf 2 Discs).

Diese Versionen sind inzwischen nicht mehr erhältlich, da das Album in der ursprünglichen Version indiziert wurde.

Desweiteren ist eine DeLuxe Ausgabe im exklusiven Aluminiumkoffer geplant, der neben der Limited Edition sechs verschiedene Dildos, Gleitgel und ein paar Handschellen enthalten soll. Wann diese Edition erscheint ist noch nicht ganz klar, Indietective listet den Artikel derzeit für 225€ und mit einem voraussichtlichen Erscheinungstermin am 4. Dezember 2009.


Das Rammlied, der Opener von „Liebe ist für alle da„, eröffnet die gut 46 Minuten Regelspielzeit zunächst ruhig und beschaulich mit anfangs erwähnten Worten, knallt dem Hörer jedoch bereits nach wenigen Sekunden die ersten harten Riffs um die Ohren. Ein würdiger Einstieg in das neue Album.


Waidmannsheil lässt erwartungsgemäß Jagdhörner erklingen, die jedoch recht schnell von harten Rammstein-Sounds abgelöst werden. Hier bleibt keine Zeit für gemütliche Jagdidylle, Waidmannsheil ist eindeutig eines der schnellsten und mitreissendsten Stücke auf dem neuen Silberling.


Der nächste Höhepunkt, und für mich definitiv das beste und mitreissendste Stück auf „Liebe ist für alle da„, folgt mit Haifisch, das einen geradezu dazu drängt, den Text voller Inbrunst mitzusingen. Thematisch lehnt sich das Stück etwas an „Die Moritat von Mackie Messer“ aus der Dreigroschenoper von 1928 an, setzt aber sowohl musikalisch als auch inhaltlich völlig andere Akzente.


Was um alles in der Welt soll denn bitte B******** für ein toller Titel sein? Wobei Bückstabü (so heißt der Titel „unzensiert“) nicht unbedingt aufschlussreicher ist. Dass es sich bei diesem einfallsreichen Namen wohl um ein Kunstwort handelt, tut der Qualität des Tracks keinen Abbruch, lädt er mit seinen langsamen aber unglaublich aggressiven Sounds zum Abrocken ein.


Frühling in Paris bildet den harten Kontrast zum vorangehenden Track und den Ruhepol des Albums. Till singt sogar einige Zeilen auf Französisch, die wohl dem Stück „Non, je ne regrette rien“ von Charles Dumont entliehen sind – ganz ohne rrrollendes „R“. Ein schöner Ausgleich zum sonst recht harten Album, allerdings kommt Frühling in Paris nicht an die Dramatik von „Ohne Dich“ (Album „Reise, Reise“, 2004) heran.


Beginnt Wiener Blut noch mit sanften klassischen Klängen, wird der zunächst irritierte Hörer recht drastisch in die Wirklichkeit zurückgeholt, wenn die ersten Textzeilen aus den Lautsprechern dringen. Dass es sich hier um eine musikalische (Weiter-)Verarbeitung der Geschehnisse von Amstetten handelt, liegt auf der Hand. Musikalisch top, ist die Umsetzung jedoch gewöhnungsbedürftig und hinterlässt auch aufgrund der relativen Aktualität der Geschehnisse einen seltsamen Beigeschmack.


Pussy entpuppt sich schon beim ersten Anhören als Ohrwurm, neben einer eingängigen Melodie glänzt das Stück durch herrlich skurrile Texte – man kann sich vorstellen, dass die Band beim Schreiben der Texte viel Spaß gehabt hat. Hier kann man vor allem auf die Umsetzung des Stücks bei der kommenden Tour gespannt sein.


Liebe ist für alle da, der Titeltrack, steht erst an neunter Stelle auf dem Album, muss sich jedoch hinter dem Rest in keiner Weise verstecken. Etwas überraschend knallen einem brachiale Riffs und ziemlich schräge Sounds entgegen, und so bleibt der ganze Track: Rau, unförmig, aber typisch Rammstein. Ein Song, der nicht gefallen sondern akzeptiert werden muss.


Wer in den vergangenen Monaten öfter auf der Rammstein Webseite vorbeischaute, wird den Drumpart von Christoph Schneider bereits aus einem dort veröffentlichten Video kennen. Mehr bewegt sich eher im ruhigeren Segment des Albums, kann aber gerade dadurch gefallen, dass Tills Sprechgesang perfekt mit den sanften Klängen harmoniert. Im Refrain gibt es dann erstmal kräftig auf die Ohren, so dass ein schöner Kontrast entsteht. Der Abschluss des Stücks wirkt beinahe pathetisch und leitet wunderbar auf das letzte Stück über.


Roter Sand, nein, hiermit ist nicht die bekannte Elektroformation gemeint. Roter Sand ist das balladeske Finale des Albums, und ein würdiges zudem.



Mit „Liebe ist für alle da“ haben Rammstein ein Album geschaffen, wie man es sich wünscht: Voller energiereicher Songs, die für Konzertorgien prädestiniert sind und problemlos dafür sorgen können, dass man Kopfhörer tragend und lauthals singend durch die Straßen läuft. Alle, die Karten für die schnell ausverkaufte Tour erhaschen konnten, können sich jetzt auf die Liveumsetzung dieser Stücke freuen, und bis dahin „Liebe ist für alle da“ immer und immer wieder schön laut in den heimischen vier Wänden hören. Die Nachbarn werden einem für die geniale Zwangsbeschallung danken!

Nachtrag vom 07.11.2009: Aufgrund der inzwischen ausgesprochenen Indizierung des Albums „Liebe ist für alle da“ in der Originalfassung, bezieht sich dieser redaktionelle Beitrag auf die Neuauflage des Albums.

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