Leichte Kost verbirgt sich hinter der Musik der schrägen Grunge-Rock meets Easy Listening Combo My Flea Circus aus Toronto sicherlich nicht. Doch allen die auch gerne mal einen Blick über den berüchtigten Tellerrand werfen, darf man die experimentellen Klänge der Kanadier durchaus ans Herz legen. „Flee Flaa Floo“ nennt sich der aktuelle Silberling der Band. Mindbreed.de sprach mit Frontfrau Nee Trauma über das Album und die Musik von My Flea Circus und deren Bedeutung an sich.



Pamela: Hey Nee, auch an Dich erstmal die wichtigste Frage direkt zuerst: Wie geht es Dir?



Nee: Es geht mir großartig! Vielen Dank!



Pamela: Was hast Du gemacht bevor wir mit diesem Interview begonnen haben?



Nee: Nun, es klingt vielleicht etwas sonderbar, aber ich habe gerade eine sehr inspirierende Stunde in der Küche verbracht und selber Make up hergestellt. Yeah Make up! Und dann habe ich mich damit geschminkt. Es sieht wirklich unglaublich aus. Vielleicht werde ich eine Kosmetikline zu unserem bisherigen Merchandise hinzufügen. Das wäre wild!



Pamela: Nee, zu Anfang möchte ich Dich bitten die Band My Flea Circus mal ein wenig mit eigenen Worten vorzustellen. Wie würdest Du jemandem der noch nie von euch gehört hat die Band, die Musik, das ganze Phänomen My Flea Circus erklären?



Nee: Nun für uns von My Flea Circus ist das Ganze einfach ein riesiger Spaß. Und das obwohl alle Menschen und deren Mütter denken, dass wir ziemlich unheimlich und sonderbar sind. Diese düstere Nuance fühlt sich für uns einfach ganz natürlich und normal an. Vielleicht haben wir einfach den Dreh raus, wie man schlechte Laune geniessen kann. Lass es mich so nennen, es hat mit selektiver Wahrnehmung und einem Quäntchen Vorstellungskraft. Du magst einen Tiger sehen, aber ich sehe eine große, flauschige Miezekatze.



Pamela: Wie seid ihr auf die Idee gekommen euch My Flea Circus zu nennen? Wie lautet die Botschaft, die sich hinter diesem lustigen Bandnamen verbirgt?



Nee: Offensichtlich sind Flöhe ja ziemlich süss. Der Trick bei Floh-Zirkussen ist ja, dass sie ziemlich populär sind, aber es immer ein großes Geheimnis bleibt, ob die Flöhe wirklich echt, oder aber doch nur eine Illusion sind. Und ich mag dieses Illusions-Konzept. My Flea Circus lehnt die Realität ab und erschafft sich eine ganz Eigene.



Pamela: Welche Musiker haben Deinen Musikstil beeinflusst?



Nee: Ich bin ziemlich stolz sagen zu können, dass ich diesbezüglich einzig und alleine die deutsche 80´s Trash-Metal Band Sodom schuldig sprechen kann.



Pamela: Letzten Monat habt ihr euer zweites Fullsize Album „Flee Flaa Floo“ veröffentlicht. Bist Du rund um zufrieden mit dem Ergebnis. Und wo siehst Du selbst die Unterschiede verglichen mit früheren Veröffentlichungen von My Flea Circus?



Nee: Die Produktionskosten für das Album waren wirklich niedrig, genau wie bei allen unserer bisherigen Veröffentlichungen. Aber diese ganze Low Budget Geschichte macht unseren persönlichen Style aus. Es juckt mich nicht, dass unsere Alben nicht so hochglanz poliert sind, wie die Veröffentlichungen aller anderen furztrockenen Rockbands.
Wir haben das Album mehrere male remixed bis wir komplett zufrieden waren. „Flee Flaa Floo“ hat wesentlich mehr Groove als unsere anderen Veröffentlichungen und ist auch im ganzen eingäniger geworden, aber trotzdem noch dreckig. Die einzelnen Songs wurden diesmal von echten Menschen und wahren Begebenheiten inspiriert. Ich habe sie nicht allein aus meinem großen Hut der Vorstellungskraft gezogen. Vielleicht wird es einigen nun einfacher fallen, sich mit uns und unserer Musik zu identifizieren.



Pamela: Wie lautet die konkrete Botschaft eurer Musik. Was sollen Menschen empfinden, wenn sie eure Musik hören?



Nee: Ich hoffe Sie fühlen eine nette, warme Energie tief in ihren Bäuchen und Lungen mit einem Hauch von Orangen- und Regenbogensprinkeln oben drauf. Vielleicht fühlen Sie sich durch unsere Musik aber auch veranlasst eine Kaufhaus umzupusten, oder aber alte Möbelstücke zu zerstören. Aber hoffentlich nichts allzu zerstörerisches und nichts worin Haustiere verwickelt sind. Wir lieben nämlich Tiere. Aber im Generellen denke ich nicht, dass unsere Musik derart veranlagt ist. Sie soll dich nicht dazu bewegen, dich selbst zu verändern. Mit unserer Musik kannst du dich einfach in deiner eigenen Welt wiegen und in ihr versinken. Einige meiner sonderbaren Freunde denken, dass die Songs voller böser Botschaften und irgendwie okkult sind. Das beunruhigt mich, ich hoffe nämlich, dass es nicht so ist. Ich bin kein Satanist, oder sowas in der Art. Ich hoffe am Ende fühlen sich die Menschen veranlasst ihre langweilige Realität zu verlassen und sich stattdessen eine viel bessere zu erschaffen. Alle anderen ozeanischen Meinungen sind subjektiv. Fische dir deine eigene heraus.



Pamela: Welche Ansprüche muss ein guter Song deiner Meinung nach erfüllen?



Nee: Er muss deine Stimmung befriedigen … oder heftiges Verlangen hervorrufen …. oder dich mit auf eine Reise nehmen, auf der du noch niemals zuvor warst.



Pamela: Welcher ist dein Lieblingssong auf dem Album? Und warum ist es genau dieser?



Nee: Ummmm, das ist eine wirklich gemeine Frage. Die anderen Lieder werden verletzt sein, aber ich mag „Blood in your Future“ am liebsten, weil ich diesen Song im Schlaf geschrieben habe und das war sehr therapeutisch für mich. Der Song hat zu dieser Zeit eine Menge Sinn für mich gemacht. Ryan liebt den Titel „Pow“, was eine Kurzform von Prisoner of War sein soll. Aber der Titel ist eigentlich ein „Break up“-Song und die schreibe ich nicht so gerne. Skip unser neuer Bassist liebt den Song „Roaches Have No King“. Dieses Lied handelt von einem gewissen Mädchen, das eine ganze Zeit von mir und meinem Freund besessen war.



Pamela: Nenne mir doch mal drei gute Gründe, warum die Leute euer Album unbedingt kaufen sollten.



Nee: Ok, hier sind die Gründe:
1. Es ist wie ein heißes Geheimnis. Und Du kannst dich gegenüber deinen Freunden überlegen fühlen, weil du es besitzt und sie nicht!
2. Es wird dich im wahrsten Sinne des Wortes auf eine Reise entführen und dein Leben verändern.
UND es wird dich umgehend zu etwas ganz besonderem machen, nur weil du es besitzt. Ernsthaft … Pam, Du fühlst Dich doch ein bisschen anders als vorher, oder etwa nicht??



Pamela: Eure Musik ist ziemlich exzentrisch – ich meine das jetzt auf eine positive Art und Weise. Aber ich kann mir vorstellen, dass es durchaus eine Menge Leute geben dürfte, die Schwierigkeiten haben sich mit eurem Stil anzufreunden. Wie geht ihr mit negativen Stimmen um? Verletzt es Dich, wenn jemand eine schlechte Kritik schreibt, oder ignorierst Du sowas einfach?



Nee: Unsere Musik ist wie ein wankelmütiges, anstrengendes Kind. Und sie ist sicherlich nicht leicht verdaulich. Ich bin geschmeichelt von jeder reinen und ernsthaften Reaktion und letztenendes ärgert mich überhaupt nichts. Eigentlich ist es sogar ein Kompliment, wenn meine Musik bei der breiten und langweiligen Masse keinen Anklang findet. Ich bin stolz darauf Musik für spezielle Menschen zu machen, die etwas ganz besonderes suchen, die nicht mit simplem Mittelmaß zufrieden zu stellen sind und mehr Tiefgang erwarten. Die Leute die meine Musik verstehen, die verstehen sie wirklich. Und ich bin sehr dankbar für diese Menschen, die mich dann wiederum inspirieren. Eine Zeit lang habe ich Menschen einzig und allein nach ihrem Musikgeschmack beurteilt und es damit wirklich übertrieben.
Jedenfalls wenn jemand meine Musik nicht mag, ist das vollkommen in Ordnung, aber ich würde wahrscheinlich nicht mit ihm auf einer Party abhängen, oder mit ihm in den Zoo gehen. Aber in dem Zusammenhang muss ich sagen, dass wir in der ganzen Zeit erst eine richtig böse Review bekommen haben und diese gehört eigentlich zu meinen allerliebsten.



Pamela: Eigentlich war es ja vorgesehen, dass My Flea Circus Big Boy bei ihrer Deutschlandtour im Januar hätte supporten sollen. Was ist dazwischen gekommen, das ihr schlussendlich doch nicht mit dabei wart?



Nee: Das ist ne lahme Geschichte. Mister Big Boy und ich haben unsere Freundschaft beendet und aus diesem Grund waren wir auf der Tour nicht länger willkommen. Wir wollten niemanden hängen lassen. Wir waren wirklich genauso deprimiert darüber.



Pamela: Gibt es denn schon Pläne für eine neue Deutschlandtour?



Nee: Ja! Ja! Und zwar schneller, als manch einer denken wird. Sobald die Termine bestätigt sind, werden wir sie bekannt gegeben!



Pamela: Wie sehen eure Pläne für die Zukunft generell aus?



Nee: Wir möchten der Zirkus sein, der wir sind und auf jeder noch so besch… oder glamourösen Bühne auf diesem Planeten spielen.



Pamela: Erzähl mir doch bitte mal was über eure Liveauftritte. Was darf ein Besucher eines eurer Konzerte von euch erwarten?



Nee: Ich bin mir nicht ganz sicher. Für gewöhnlich bin ich von irgendetwas oder irgendjemandem besessen. Aber irgendwie wird es spirituell. Früher war ich ziemlich launisch, hasste das Publikum, spuckte auf den Bassisten, war betrunken und erzählte irgendwelchen Mist.
Aber über diese Phase bin ich hinweg. Jetzt sind wir ein glücklicher, strahlender Zirkus und alle haben Spass.



Pamela: Was ist deiner Meinung nach das Verrückteste, das du je auf der Bühne veranstaltet hast?



Nee: Einst machte ich Ballontiere aus meiner Lunge direkt vor allen Leuten. Ok, das habe ich bislang noch nicht getan, aber manchmal spiele ich nur in meiner Unterwäsche auf der Bühne. Und ich falle oft von der Bühne runter und werde von den Monitoren verletzt.
Weiterhin bin ich sehr gemein zu unsere Bassisten. Deswegen hatten wir auch schon so viele verschiedene.
Ryan hingegen zieht sich nackt aus, wann immer er die Möglichkeit dazu hat. Fotoshootings sind deswegen immer ein echter Albtraum. In zwei Minuten ist der Kerl nackt und ich muss ihn dann immer bitten sich wieder anzuziehen.



Pamela: Wie muss man sich euer Tourleben vorstellen? Seid ihr typische Rockstars, die große Partys feiern und Hotelzimmer zerstören? Oder geht es nach den Shows eher besinnlich und harmonisch zu? Trinkt ihr brav euren Tee und geht früh zu Bett?



Nee: Natürlich trinken wir Tee und gehen früh zu Bett!!! Das müssen wir auch, weil wir unsere Oma mit auf Tour nehmen.
Nein wir sind ganz freundliche Rockstars. Wir hängen zusammen mit unseren Fans rum und betrinken uns mit ihnen. Oder wir füttern sie Backstage mit allerlei Essen und Süßkram. Ich bin entweder in guter Stimmung und „Everybodys Darling“, oder aber ich verschrecke alle mit meiner Laune. Mit mir ist das immer so 50:50. Und Ryan kuschelt mit allen – immer.



Pamela: Wenn Du die Jahre in denen Du nun schon Musik machst Revue passieren lässt, gibt es da rückblickend irgendetwas das Du aus heutiger Sicht ganz anders machen würdest?



Nee: Ja, ich hätte damals mit diesem Typ von Sony Sex haben sollen. Er hatte wirklich Interesse an unsere Band, aber ganz speziell an mir, aus bestimmten Gründen.



Pamela: Nee, Du hast so einen tollen Style und trägst superschöne Klamotten. Kannst Du uns nicht einen kleinen Tip geben, wo Du Deine Anziehsachen kaufst? Oder nähst Du sie vielleicht sogar selber?



Nee: Ich bin sehr geschmeichelt. Schön, dass Dir das aufgefallen ist. Eigentlich hasse ich shoppen, aber ich reise sehr viel und dann muss ich einfach immer irgendetwas kaufen, um es dann mit nach Hause zu nehmen. Deshalb bedeuten meine Anziehsachen für mich soetwas wie eine Sammlung aus verschiedenen Phasen des Lebens, Orten und entfernten Erinnerungen.
Ja und viele Sachen mache ich tatsächlich auch selbst. Ich kann nicht besonders gut nähen, aber das macht nichts. Es reicht, um die Teile zusammen zu halten.



Pamela: Ein Satz beginnt mit den Worten ” Musik ist…“. Wie beendest Du ihn?



Nee: „A cure for the pure“.



Pamela: Welche drei Adjektive würden Dich am besten beschreiben?



Nee: Impulsiv und chaotisch, aber sehr charmant!



Pamela: Wie lautet Deine persönliche Lebensphilosophie?



Nee: Sich selbst allen Unsinn erlauben und sich nicht von Kleinigkeiten unterkriegen lassen. Und natürlich danbar sein und auch anderen zu geben.



Pamela: Wir kommen zum Ende. Ich möchte mich ganz herzlich bedanken, dass Du Dir die Zeit genommen hast alle Fragen zu beantworten. Ich wünsche Dir viel Erfolg für Deine Zukunft und Deine musikalische Karriere. Die letzten Worte sollen Dir gehören. Irgendetwas was ich vergessen habe zu fragen und Du noch unbedingt los werden möchtest? Oder einfach Deine persönliche Nachricht an Deine deutschen Fans dort draussen…



Nee: Tolle Fragen, ich danke Dir! Ich möchte noch hinzufügen, dass ich diese leichte Besessenheit habe alles essen zu müssen, was deutsch ist, das trifft auch auf Deutsche selbst zu! Also, nehmt euch ein bisschen vor mir in Acht, das ist alles!

Werbung