In Gelsenkirchen angekommen sah es zunächst nicht danach aus, als könne man an diesem Wochenende Schirme und Regenjacken an diesem Tag beiseite legen. Der Himmel grau und Wolken verhangen war es kalt und ungemütlich.

Doch schien der Himmel den Besuchern des diesjährigen Blackfield Festivals gnädig zu sein, denn schon während des Auftrittes von Jesus on Extasy konnten die vielen „Sonne macht albern“ und „Regen macht nass“ Schirme langsam zugemacht werden, auch wenn die Wolken vorerst noch grau und diesig über dem Gelsenkirchener Amphitheater hingen.

Gegen 12:45 betraten Jesus on Extasy die Bühne. Für die 2005 in Essen gegründete Band sicher eine Art Heimspiel und so fanden sich trotz der recht frühen Uhrzeit viele Fans vor der Bühne ein. Gespielt wurde eine Mischung aus alten Songs wie „Assasinate Me“, „Neochrome“ und „Church of Extasy“, aber auch Songs ihres dritten Albums „No Gods“, das im August dieses Jahres erscheinen wird.
Obwohl sich der Sound beim Soundcheck noch so gut angehört hatte, klang dieser während des Auftrittes alles andere als gut, und war viel zu laut, so dass man selbst auf den obersten Rängen sitzend sein eigenes Wort nicht mehr verstehen konnte.

Nach der Umbaupause strömten vermehrt Besucher mit Schweißerbrille und Mundschutz nach unten vor die Bühne. Aber auch auf den Rängen tanzten sie zu der Musik von Aesthetic Perfection. Aber auch Besucher ohne Schweißerbrillen und Mundschutz ließen es sich nicht nehmen zu tanzen, was bei dem starken, tanzbaren Beat wohl auch kein Wunder war. Obwohl es in Gelsenkirchen alles andere als warm war, legte der Schlagzeuger bereits während des zweiten Liedes sein Shirt ab. Einigen (weiblichen) Fans schien dies sehr zu gefallen.

Elektronisch ging es danach auch mit Girls under Glass weiter. Die 1986 gegründete Band live zu sehen ist zuweilen schwierig, da sie nur sehr wenige Liveauftritte geben. Seit Beginn der Bandgeschichte haben sie ihren Musikstil kontinuierlich ausgebaut. Zu Beginn eine Gothic-Rock-Band haben sich im Laufe der Jahre immer mehr Einflüsse aus anderen Musikrichtungen, wie der Elektronik oder dem Metal untergemischt, so dass man sie heutzutage nicht mehr so einfach in eine Schublade stecken kann. Diese musikalische Vielfalt wurde schon recht zu Beginn sichtbar, als sie ihren Auftritt mit einem Cover von Madonnas „Frozen“ eröffneten. Sie spielten aber auch Songs wie „Ohne Dich“ oder „Never Go“, aus ihrer eigenen Musikgeschichte. Obwohl die Musik auch bei Girls under Glass ziemlich übersteuert war, war dies für die meisten Fans dennoch hörenswert.

Die darauf folgende Band muss man in der Szene kaum mehr einem vorstellen: Zeromancer. Nach ihrer Gründung im Jahr 1999 haben sie sich schnell zu einer festen Institution im elektronischen Rock. Wie bei Zeromancer üblich lieferten sie auch auf dem Blackfield eine gute Performance auf der Bühne ab. Im Gepäck hatten sie neben älteren Songs auch zahlreiche Lieder ihres aktuellen Albums „The Death of Romance“, welches im Mai diesen Jahres erschien. Ob bei „Clone your Lover“ oder „Need you like a Drug”, still stehen konnte bei dieser Musik kaum jemand und so wurde ausgiebig getanzt.

Um 16:40 Uhr war es Zeit für Diorama, die ähnlich wie Zeromancer, in der Szene keine Unbekannten mehr sind. Etwas melancholischer als die Bands zuvor wusste die Formation rund um Sänger Torben Wendt das Publikum vor der Bühne und auf den Rängen zu überzeugen. Auf der Bühne fegte der Sänger von einer Ecke in die nächste und gab so richtig Vollgas. So wusste er damit und mit Songs, wie „Synthezise Me“ das Publikum zu fesseln.

Sehr laute, schräge und hohe Töne, so in etwa lässt sich der Auftritt von Vive la Fete zusammenfassen, einer Band, die ich bis Dato nur von der Platte kannte. Dank der an diesem Tag sowieso schon sehr schlechten Akustik war dieser Auftritt alles andere als ein Hörgenuss. Total übersteuert bekam man von den ohnehin schon sehr hohen Tönen Vive la Fetes auch mit Oropax noch Ohrenschmerzen und auch optisch machte der Auftritt wenig her. Sah die Sängerin auf offiziellen Bandfotos doch recht gut gekleidet aus, musste es sich auf der Bühne zweifelsfrei um eine Verwechslung handeln. Gekleidet in einen BH, der unter einem hautfarbenden Body durchschimmerte war dieser Anblick alles andere als ästhetisch.

Der Anblick der nächsten Band war da schon angenehmer: die fünf androgynen Männer von Deathstars waren, wie üblich gekleidet in Uniformen. Zu den Uniformen kommt noch eine Menge Schminke ins Gesicht – fertig ist das Bühnenoutfit der Schweden. Mit ihren trashigen Texten und den schrägen Songansagen verstanden sie es, vor allem das weibliche Publikum zu begeistern. Als während der Show einer der Deathstars sein Oberteil auszog, sah man einmal so richtig den Unterschied zwischen dem weiß-geschminkten Gesicht und dem restlichen Körper (vielleicht hätte man den auch schminken sollen :)). Auf der Blackfield-Playlist stand neben New Dead Nation und Mark of a Gun auch Songs wie Cyanide.

Nach Deathstars gaben sich auch die Schweden Covernant die Ehre und spielten für ihre Fans. Im Gepäck hatten sie, neben alten Songs, wie Call the Ships to Port und Invisible & Silence auch Stücke ihres neuen Albums „Modern Run“, an dem sie momentan noch arbeiten. Die Stimmung war schnell am kochen. Obwohl es, gerade zu Beginn des Auftritts, einige kleinere technische Probleme beim Keyboarder gab, war dieser Auftritt doch mehr als nur sehenswert, sondern auch hörenswert.

Headliner dieses Abends waren Front 242, ein Urgestein der Szene, EBM der alten Schule. Die 1982 in Belgien gegründete Band gaben anderthalb Stunden eine gute Performance ab. Gespielt wurde eine gute Mischung aus 28 Jahren Bandgeschichte.

Sonntag schien endlich einmal die Sonne vom fast wolkenlosen Himmel. Die Regenschirme, die man noch am Samstag benötigt hatte, wichen nun wesentlich feineren Sonnenschirmchen der weiblichen Besucher.

Kaum angekommen, gab es allerdings schon ein erster kleiner Wehrmutstropfen. Die für 12:50 Uhr angekündigte Band Sava hatte leider aus Krankheitsgründen absagen müssen. Dafür war jedoch kurzfristig die Wittener Band Traumtänzer angereist um Sava würdig zu vertreten. Ohne Zweifel muss man sagen, dass diese, 2008 gegründete Band Talent hat und man kann nur hoffen, dass man sie demnächst wieder sehen und hören wird.

Mit „Wir sind die Band, die nicht auf den Plakaten stand“ begrüßten Tyske Ludder das Publikum. Von der Musikrichtung her lassen sie sich zum EBM zählen und klingen heute schon fast mehr nach Oldschool, als zu Beginn. Auch wenn viele ihrer Songs eher monoton klingen, wie „Wir fahren mit dem Panzer“, so ließen sich die Fans auf dem Blackfield doch mitreißen und stampften ordentlich zur Musik.

Um halb fünf kam eine weitere schwedische Band auf die Bühne: S.P.O.C.K. Wie der Name schon vermuten lässt, kam nun eine abgedrehte Mischung aus Science Fiction und Elektro. Dass Sänger Android aber nicht nur Spacepop kann, bewies er in der Umbauphase. Da stellte er sich auf die Bühne und prüfte die Mikros mit einer italienischen Arie auf ihre Funktionsfähigkeit. Wenig später konnte es auch schon losgehen. S.P.O.C.K., wie üblich in Weltraumoutfit eroberten die Bühne und legten sofort so richtig los. Android bemerkte, dass es in der ganzen Bandgeschichte kein einziges Konzert gab, dass je so früh am Tag stattfand, was ihn allerdings nicht davon abhielt Bier zu trinken. Mit jeder Menge guter Laune und einer guten Mischung an Musik eroberten S.P.O.C.K. schnell das Publikum. Und bei Songs wie Astro Girl, Alien Attack oder Electric konnten viele Besucher gut mitsingen. Spock and Roll at ist Best.

Dass der Sonntag des Blackfields nicht ganz so erfolgreich und reibungslos ablief, bewies auch der Auftritt von Sono, die eigentlich ab 15:30 Uhr spielen sollten. Doch haben sie einen Tag zuvor ein Konzert in Berlin gegeben und standen bei Magdeburg im Stau und so ging es nach der Umbaupause mit Saltatio Mortis weiter.

Auch wenn die gute Stimmung, die bei S.P.O.C.K. aufgekommen ist durch diese Nachricht ein wenig gedämpft wurde, so konnte der Auftritt von Saltatio Mortis diese doch wieder erheitern. Wie üblich bei Saltatio Mortis wurde auch bei dem Auftritt in Gelsenkirchen das Publikum wieder aktiv in den Auftritt integriert. So wurde sich im Publikum an den Händen gefasst, beim Song „Lauter als erlaubt“ eine Gasse gebildet, sodass Sänger Alea der Bescheidene mit einer Saltatio Mortis Fahne einmal hindurch laufen konnte und wieder zurück oder zu einem späteren Zeitpunkt laut „Wir“ aus der linken Hälfte des Publikums gerufen und aus der rechten „Sind“. Ein toller Auftritt, der seines gleichen sucht.

Wenig später folgte der Auftritt von Shadows In The Dark, oder kurz: [:SITD:], für die der Auftritt in Gelsenkirchen wohl ein Heimspiel gewesen sein mag. Trotz des Ausfalles von Sono schafften es die Organisatoren schnell um zu planen, sodass einige Auftritte ein wenig vorverlegt wurden, andere ein wenig verlängert wurden und keine Lücken innerhalb des Programmes entstanden.

Im Anschluss spielten Oomph!, die sowohl in der Szene, als auch in der breiten Bevölkerung schon lange keine Unbekannten mehr sind. Der Platz vor der Bühne stand mittlerweile dichtgedrängt und auch die Ränge waren mehr als nur gut gefüllt. Wenn das nicht noch ein Grund mehr für Dero und seine Mannen war, jetzt erst recht richtig Gas zu geben?

In ihrem Gepäck hatten sie neben zahlreichen Songs ihres aktuellen Albums Truth Or Dare auch viele bekannte ältere Songs, wie Gott ist ein Popstar, Sex hat keine Macht oder das fast schon obligatorische Augen auf.

Kaum eine Band spaltet die Meinungen so sehr wie die nun folgende: Subway to Sally. Doch Subway to Sally wären nicht Subway to Sally hätten sie nicht auch für diesen Auftritt eine riesengroße Pyro-Kiste mitgebracht und so flogen die ersten Funken schon fast zu Beginn, beim Song Feuerland. Während dieses Songs stand Eric Fish mehrfach zwischen einer Feuerwand in seinem Rücken und zahlreichen Feuersäulen vor ihm, wohl zum Lied doch recht passend. Aber auch während der weiteren Show durften Pyro-Effekte nicht fehlen, die gut von der Lichtshow unterstützt wurden. Gespielt wurden auch Klassiker wie Kleid aus Rosen oder Henkersbraut. Krönender Abschluss des Auftritts war, wie nicht anders zu erwarten Julia und die Räuber, dessen Refrain auch noch einige Minuten nach Beendigung des Auftritts von einigen Fans gesungen wurde.

Headliner des Sonntags war Unheilig, eine Band, die in diesem Sommer wohl so gut wie auf keinem Festival fehlt. Wie schon vor einigen Wochen auf der Großen Freiheitstour stand auch auf dem Blackfield wieder ein großer Schiffsrumpf auf der Bühne. Ein Intro erschallt: „Herzlich Willkommen auf der Großen Freiheit. Wir bitten alle die Plätze einzunehmen, es geht in wenigen Minuten los.“ Danach folgten einige Strophen des bekannten Liedes Reeperbahn bei Nacht, bevor es mit Auf großer Fahrt so richtig losgehen konnte. War bei den vorherigen Bands die Bühne doch eher spartanisch aufgebaut (beispielsweise bei S.P.O.C.K. zwei Keyboard und ein Mikro), so hatte der Graf wieder eine große Leinwand im Gepäck, auf der zahlreiche Textpassagen der Songs flimmerten. So hatten auch weniger Textsichere Fans die Möglichkeit mitzusingen. Gespielt wurden zuerst einige Songs des aktuellen Albums, bei denen auch „Geboren um zu Leben“ nicht fehlen durfte, wenig später wurden die aktuellen Songs aber auch mit älteren, wie Astronaut gemischt, so dass eine gute Mischung aus fast 10 Jahren Bandgeschichte gespielt wurde.

Fazit: Zum dritten mal in Folge konnte das Blackfield Festival in Gelsenkirchen, trotz kleinerer Zwischenfälle am Sonntag, absolut überzeugen. Gut 20 Bands sorgten für ein abwechslungsreiches Musikvergügen, welches durch das Wohlwollen eines gnädigen Wettergottes perfekt abgerundet wurde. Wir freuen uns schon jetzt auf die vierte Ausgabe dieses sympathischen Festivals im Herzen des Ruhrgebietes.

Autor: Diana Dittrich

Fotos:Simon Hönscheid


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