Von der nordischen Mythologie in das Königreich Five hin zum Berserker – wer sich am 27.01.2024 in die Turbinenhalle Oberhausen wagte, der bekam eine ordentliche Portion Metal um die Ohren. Die Finnen von Beast in Black führten heute die Co-Headliner Tour mit Gloryhammer an und beide haben niemand geringeres als die Brothers of Metal als Support dabei. Und damit treffen drei Bands aufeinander, die jede für sich Fanmassen mit sich und in Bewegung bringen. Kein Wunder also, dass die Turbinenhalle brechend voll und das Konzert ausverkauft war.

Der Nachteil daran: wer nicht viel zu früh kam, stand unweigerlich im Stau. Denn am heutigen Abend kamen die Fans eben nicht nur für den Co- oder den Headliner. Dieses Mal zog bereits der Support an. Wer mit dem Auto anreiste (was in Zeiten von Bahnstreiks für viele die einzige sichere Anreisemethode war) musste bereits lange vor der Einlasszeit um 18:00 Uhr mit einem langen Stau vor der Parkplatz-Einfahrt rechnen. Hatte man es dann doch rechtzeitig geschafft, durfte man sich in die lange Schlange vor dem Tor der Turbinenhalle 1 einreihen. Viel Zeit blieb nicht, denn Beginn der Show war bereits um 18:45 Uhr.

 

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Der Einlauf der Brothers of Metal war Headliner-würdig. Kaum hatte das erste der acht  Bandmitglieder einen Fuß auf die Bühne gesetzt, bebte die Turbinenhalle im Jubel der Fans. Und hörte damit nicht mehr auf. Die Schweden nahmen die Halle voll in Beschlag. Und vor allem die Bühne. Durch die bereits gestellten Aufbauten der folgenden beiden Bands blieb den Brothers of Metal weniger als die Hälfte des Platzes. Und viel weniger hätte es auch nicht sein dürfen. Denn nicht nur wird es an sich schon recht kuschlig bei der Anzahl an Menschen auf der Bühne. Wenn die sich dann auch noch so intensiv bewegen wie die Schweden, ist es schon verwunderlich, dass es zu keinen Unfällen kommt. Zumindest hier nicht. Nach einem kleinen Unfall bei einer vorherigen Show kam Bassist Emil Wärmedal nämlich mit Gips-Bein auf die Bühne und verbrachte das Set sitzend. Der Show tat dies keinen Abbruch, alle anderen waren ständig in Bewegung und banden auch Emil stetig mit ein. Im Vordergrund stand dabei neben Erzähler und Sänger Mats Nilsson vor allem Sängerin Ylva Eriksson. Nicht nur optisch (bei alle herrschte nackte Haut im Bühnenoutfit aus Fellen und Kriegsbemalung vor), sondern vor allem gesanglich. Kräftig, zart, mitreißend – schon nach kurzer Zeit hingen alle an Ylvas Lippen. Aber nicht nur auf der Bühne wurde gesungen: immer wieder stellte das Publikum unter Beweis, wie textsicher es war. Und zeigte damit das gesamte Set über, dass hier keine unbekannte Band den Support gab. Die Brothers of Metal haben durchweg überzeugt. Und wer sie bisher noch nicht kannte, wurde im etwa 40-minütigen Set direkt zum Fan.

Fotos von Brothers of Metal in Oberhausen

Die Umbaupause enthüllte eine hinter dem Banner der Brothers of Metal versteckte Burg, die Gloryhammer für uns mitgebrachte hatte. Zurück zum Konzert begrüßt wurden die Fans um 19:45 Uhr aber nicht von der Band selbst, sondern von niemand geringerem als David Hasselhoff zu den Klängen von „Looking for Freedom“. Also nicht direkt von ihm selbst. Nur von seinem Pappaufsteller in Lebensgröße. Aber der reichte aus, um die durch die Brothers of Metal bereits erzeugte Stimmung schnell wieder aufleben und ansteigen zu lassen, als der Reihe nach Ben Turk (Schlagzeug), Michael Barber (Keyboard), Paul Templing (Gitarre), James Cartwright (Bass) und schließlich Sänger Sozos Michael die Bühne betraten. Das war übrigens bis zum Ende des Sets das einzige Mal, dass man Drummer Ben sehen konnte. Er war komplett hinter seinem auf einem Podest stehenden Schlagzeug versteckt und aus dem Publikum heraus leider nicht zu erkennen. Umso präsenter war Sozos aka Angus McFive. Eines Prinzen würdig stand er im Mittelpunkt der Show, während sein Gefolge ihn tatkräftig unterstütze. Sowohl das auf der Bühne, als auch das davor. Die Anzahl an Papp-, Plastik- und Luftballon-Schwertern, an Einhörnern in verschiedenen Formen und Ausführungen zeigte deutlich, dass für viele Fans gerade der Headliner auf der Bühne stand. Und Angus wusste dies vorzüglich zu nutzen und das Publikum jederzeit einzubinden. Dabei gab er auch Einblicke in das manchmal recht schwere Leben eines Prinzen, wenn er sich mal wieder nicht zwischen Ausspannen und Party entscheiden kann, wies auf seine unglaublichen Fähigkeiten als Krieger hin und besiegte nebenbei den Goblin, der ihm seinen Hammer brachte. Gesanglich konnte man dem Auftritt ambivalent gegenüberstehen. Höhen und Tiefen, langgezogene Töne und die Refrains meisterte Angus einwandfrei. In den Strophen erschien seine Stimme aber ab und an etwas dünn. Allerdings könnte dies auch einfach an der Abmischung gelegen haben. Nicht nur während der Songs wurde eine Show abgeliefert. Gloryhammer sind nicht einfach nur eine Band, sondern eine eigene Geschichte, eine eigene Welt, die stets aufrecht erhalten wird. Und Geschichten erzählen können alle Bandmitglieder, was sie in verschiedenen Einleitungen zu den Songs grandios wie immer unter Beweis stellten. Aber auch das Publikum lieferte ab: seien es die immer wieder aufflammenden „Hoots“-Rufe und das tatkräftige Mitsingen oder der nicht enden wollende Circle Pit in der Mitte der Halle. Der Spaß und die Begeisterung nahmen kein Ende. Zumindest fast. Denn bei der Krönung des „Hootsman“ James Cartwright durch Keyboarder „Zargothrax“ Michael Barber kehrte kurz eine der Situation angemessene huldigende Stille ein. Also in Form von „Hoots“-Rufen. Wie auch sonst soll man König „Hootsman“ huldigen? So nahm aber auch schließlich dieser 70-minütige Auftritt sein Ende. Die Burg wurde abgebaut, das Königreich Five verlassen und alles wurde für den eigentlichen Headliner des Abends gerichtet.

Fotos von Gloryhammer in Oberhausen

Der Abriss der Burg enthüllte den Blick auf den gigantischen Löwenschädel, den Beast in Black dabei hatten. Obenauf thronte das Schlagzeug, das pünktlich um 21:30 Uhr von Atte Palokangas in Beschlag genommen wurde. Erfreulicherweise hatte man dieses Mal einen hervorragenden Blick auf den Drummer. Es folgten die jubelnd begrüßten Gitarristen Kasperi Heikkinen und Anton Kabanen sowie Bassist Mate Molner, bevor Sänger Yannis Papadopoulus die Bühne in Beschlag nahm und mit „Blade Runner“ das Spektakel eröffnete. Im Vergleich zu Gloryhammer wirkte die Show etwas distanzierter, da Jannis mit Ansagen sparte. Zudem waren die teils stark durch-choreographierten Bewegungen der drei Mannen an den Saiteninstrumenten nicht nach jedermanns Geschmack und auch das Einzelposing wirkte etwas überzogen und zu dick aufgetragen. Andererseits war unübersehbar, dass alle schlichtweg Spass hatten. Drummer Atte hatte ein Dauerstrahlen im Gesicht, Kasperi schien jeden einzelnen Moment außerordentlich zu genießen, Jannis schaffte es immer wieder mit kleinen Bewegungen das Publikum anzuheizen und das Publikum selbst war ebenfalls jeden Moment dabei. Hatte man nach Brothers of Metal, deren Show eine einzige riesige Party schien, noch das Gefühl, dass die Partylaune bei den Fans bei Gloryhammer und Beast in Black nicht so stark ausgeprägt war, so wurde man jedesmal wieder eines besseren belehrt. Auch beim Headliner wurde intensiv mitgesungen, gejubelt und wild gefeiert. Ob nun mit „Beast in Black“ Sprechchören (beim entsprechenden Song und auch mal so zwischendurch), mit Textsicherheit bei Songs wie „Blind and Frozen“ oder bei der Aufforderung, sich einen Song zu wünschen (was allerdings etwas hinfällig war, da mit „Die by the Blade“ eh ein Song von der Setlist gespielt wurde): die Fans waren jederzeit voll dabei. Umso überraschter waren alle, als nach „One night in Tokyo“ der obligatorische Dank an alle Beteiligten der Tour kam, zudem der Hinweis, dass Beast in Black ja schon bald wieder in die Gegend kämen (nämlich zu Hämatoms Maskenball in Gelsenkirchen) und mit „End of the World“ zwar nicht direkt das Ende der Welt, aber doch das der Show eingeleitet wurde. Kaum war der Song zu Ende, wurde das Abschlussbild gemacht und die Show war nach knapp 70 Minuten vorbei.

Fotos von Beast in Black in Oberhausen

Bei vielen Konzerten fragt man sich ja, was diese Sitte noch soll mit dem von der Bühne runter gehen, auf Zugabe-Rufe warten, wieder auf die Bühne und letzte Songs spielen. Heute hat man gesehen, wozu das gut ist. Denn dann wird man vom tatsächlichen Ende des Konzerts nicht ganz so hart überrascht.

Aber es war ein faszinierender Abend. Gefühlt standen drei Headliner nacheinander auf der Bühne. Im Nachhinein lässt sich kaum sagen, welche Band die Nase vorne hatte in der Beliebheitsskala. Was aber auch an dem faszinierenden Publikum lag, das jede einzelne Band gefeiert hat. Der nicht enden wollende Circle Pit war ein beeindruckendes Beispiel für die Ausdauer der Metalheads. Faszinierend war auch die zeitweise schier unglaubliche Anzahl an Crowdsurfer, die von der Security aufgefangen werde musste. Nicht nur einmal starteten die Crowdsurfer aus einem Nest heraus: kaum war einer vorne angekommen, wurde der nächste los geschickt. Zumindest nahm man Rücksicht darauf, dass auch ein Security-Mensch nur zwei Arme hat. Faszinierend war auch eine Eigenheit der Turbinenhalle, die einfach nur noch unverständlich ist: der Becher-Müll. Kaum einen Schritt konnte man tun, ohne auf einen am Boden liegenden Plastikbecher zu treten. Ein bisschen trübt dies den ansonsten überaus positiven Eindruck dieser Power-Metal-Schlacht.

 

Bericht und Fotos: Nina Hermes

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