Chris „The Lord“ Harms ist längst kein unbeschriebenes Blatt mehr in der düster-bunten Welt der alternativen Musikszene. Der ehemalige Sänger von Philiae, stand bereits mit Big Boy auf der Bühne und ist aktuell bekannt als Gitarrist der Glam-Rock Formation The Pleasures, sowie als Stimme von UnterArt.

Doch als ob das alles nicht genug wäre, meldet sich Multitalent Lord nun mit seinem neusten und gleichnamigen Musikprojekt zu Wort. Wie es zur Gründung von Lord kam, was uns mit dem Debutalbum „Not From This World“ erwarten wird, sowie die gute Nachricht, dass die Band bereits Anfang Januar im Vorprogramm von Big Boy erstmalig live auf der Bühne stehen wird, verriet der Musiker in einem exklusiven Interview.

Pamela: Hallo Lord. Die wichtigste Frage an Dich lautet natürlich auch erst einmal: Wie
geht es Dir?

Lord: Oh, das wurde ich glaube ich noch nie in einem Interview gefragt.
Normalerweise übergehe ich so eine Frage, weil das heutzutage ja nichts anderes
heisst als „Hallo“, in diesem Fall aber ja offensichtlich nicht. Also mir geht es
gut, auch wenn ich heute früh gerade sehr müde bin.

Pamela: Du scheinst ein viel beschäftigter Mensch zu sein. Bis vor vier Jahren warst Du
der Sänger von Philiae, eine zeitlang hast Du Big Boy als Gitarrist unterstützt und
aktuell kennt man Dich als Stimme von UnterArt, sowie als Gitarrist der Glamrockband
The Pleasures. Wie und warum kam es dann jetzt noch zur Gründung Deines neuen
Projektes Lord?

Lord: Ich musste einfach mal wieder was so ganz eigenes machen. Genau genommen ist
das nicht mein erstes Album dieser Art, ich habe unter dem Projektnamen Vagueness
bereits 2004 und 2005 ein Album gemacht, aber diesmal steckt eine ganz andere
Ernsthaftigkeit, Überzeugung und Ambition dahinter, ich denke so etwas bezeichnet
man als pures Herzblut.

Pamela: Lord war ja zunächst als Soloprojekt angedacht gewesen, wie und wo hast Du
schliesslich die geeigneten Mitstreiter gefunden?

Lord: Das war ein schleichender Prozess. Ich suchte zunächst einfach nur eine
Liveband. Am Anfang hat mich die Idee fasziniert, eine reine Mädchenband um mich
herumzustellen, weil das ein toller Kontrast ist. Allerdings war es mir dann sehr
schnell doch viel wichtiger Menschen um mich zu haben, die ich schätze und lange
kenne. Ich habe also nicht irgendwie gecastet oder so ähnlich, das sind alles
Freunde von mir. Class kenne ich von Just Music, wo ich immer meine Gitarren kaufe,
Sebsta tätowiert mich seit vielen Jahren, Any war viel als Crew-Mitglied bei The
Pleasures mit auf Tour, und Sensai kennt man ja.

Pamela: Euer Debutalbum wird den Titel „Not From This World“ tragen. Welche Bedeutung hat
dieser Titel für Dich persönlich?

Lord: Das ist der Titel des ersten Songs den ich geschrieben habe, der ungeplante
Startschuss für diese Band. Es beschreibt den Moment, sich von Jetzt auf Gleich so
unsterblich zu verlieben, das man das Gefühl hat, das Gegenüber sei nicht von dieser
Welt. Totale Ohnmacht und Erblindung, angstfreie Aufgabe. Kann ich nur jedem
empfehlen ;-)

Pamela: Sind die Arbeiten am Album denn inzwischen abgeschlossen? Wenn ja, wie lange
haben die Aufnahmen insgesamt gedauert und wie sind diese verlaufen?

Lord: Noch nicht ganz. Ich muss immer noch viele Songs einsingen, Sensai bastelt
noch an ein paar zusätzlichen Gitarren Add-ons und heute Abend fahre ich nochmal ins
Studio zu Corvin, der auf ein paar Songs auf dem Album Klavier spielt. Er hat da an
dem Album Outro-Song „Sooner Or Later“ noch irgendwas herumarrangiert und ich bin
schon sehr gespannt.

Pamela: Auf Deiner MySpace Präsenz hat man bereits die Möglichkeit in zwei Songs
reinzuhören. Beide haben einen spürbar düsteren und auch leicht melancholischen
Touch. Bietet Lord Dir die Möglichkeit die Songs zu schreiben, die Du in der Form
bei Deinen anderen Bands so nicht unterbringen konntest?

Lord: Das ist der Punkt. Aber nicht nur nicht unterbringen konnte, sondern
insbesondere nicht unterbringen wollte, damit die Bands das bleiben was sie sind und
wofür sie stehen.

Pamela: Sind diese beiden Songs und ihre Grundstimmung repräsentativ für das komplette
Album, oder werden uns da noch Überraschungen erwarten?

Lord: Der Grundtenor ist etwas härter. Die beiden Demos sind eher die
leicht verdauliche Kost. Erwarte keinen Black-Metal, aber ich habe zu viele Jahre
Nine Inch Nails und Rammstein gehört als das ich mich mit Baller-Riffs zurückhalten
könnte.

Pamela: Was kannst Du uns sonst noch an dieser Stelle über das Album verraten. Welche
inhaltlichen Aspekte wird es beleuchten und die vielleicht wichtigste Frage: Wann
wird es voraussichtlich veröffentlicht werden?

Lord: Ich habe es tatsächlich geschafft 13 Lovesongs im weitesten Sinne auf ein
Album zu schmeißen. Das entspricht einem Anteil von 100%… Ich weiss nicht wann
wir es releasen können. Ich hoffe bevor es wieder warm wird. Ich will auch nicht
mehr warten!

Pamela: Die Musik klingt nicht nur düster atmosphärisch, sondern auch sehr emotional. Da
liegt der Verdacht nahe, dass viele persönliche Erfahrungen und Erlebnisse mit ins
Songwriting eingeflossen sind. Wie war es in Deinem Fall?

Lord: Ja, ausschließlich. Ich drücke mich zwar gerne metaphorisch oder in Bildern
aus, verpacke alles in fiktiven Storys, aber das ist textlich alles ein absoluter
Abdruck meiner Gefühlswelt. Musikalisch habe ich nicht alles alleine gemacht,
besonders Sebsta hat eine Menge komponiert.

Pamela: Gibt es einen Song auf dem Album, der Dir besonders am Herzen liegt? Wenn ja,
welcher und warum?

Lord: Ja, jeden Tag ein anderer. Wurde ich neulich schon mal gefragt. Ich glaube
heute ist es „Sooner Or Later“, weil ich mich gerade bereits gedanklich mit den
Aufnahmen heute Abend auseinandersetze. Es gibt Songs die mir besonders nahe sind,
aber das ist schwer zu beschreiben. Ich denke mit etwas Abstand werde ich da sehr
eindeutige Meinungen entwickelt haben. Vielleicht fragst Du mich dann einfach noch
mal?

Pamela: Welche Anforderungen stellst Du persönlich an einen guten Song?

Lord: Er muss eine Emotion greifbar transportieren, welche auch immer. Das ist alles
was zählt.

Pamela: Wenn Du neue Songs komponierst, benötigst Du da eine bestimmte Stimmung und
Atmosphäre, oder gehörst Du zu den Musikern, denen die Ideen sozusagen im Schlaf
zugeflogen kommen?

Lord: Letzteres, teilweise sogar wortwörtlich. Die Songs sind einfach da und ich geh
ins Studio und bastel ein Demo, so als würde man „Knockin´ On Heaven´s Door“
einspielen, den man einfach in meiner Generation als Gitarrist genauso einfach im
Kopf hat.

Pamela: Welches Feedback hast Du von den Kollegen Deiner anderen Bands bezüglich Deines
neuen Projektes erhalten? Finden die gut was Du machst, oder haben die nicht auch
ein wenig Angst, dass Du kurz über lang vielleicht sogar aussteigen könntest, um
Dich komplett auf Lord zu konzentrieren?

Lord: Musikalisch finden die das gut, mehr oder weniger, steht ja nicht jeder auf
dieses Geheule ;-) Und klar stehen sie hinter mir, und ich auch hinter Ihnen, sowie
hinter jeglicher Musik die ich mache, und so lange das so ist, braucht niemand Angst
zu haben. Ich denke nicht dass sich das so bald ändern wird.

Pamela: Verglichen mit der Musik und auch Deinem Auftreten bei den Pleasures stellt Lord
ja nun einen Gegensatz dar, der eigentlich krasser gar nicht sein könnte. Denkst Du
dass Du mit Lord dasselbe Publikum ansprechen kannst, wie mit den Pleasures? Oder
anders gefragt: Könnte es nicht sein, dass Deine bestehende Fanbase, die in Dir den
etwas schrägen und stets bunten Gitarristen sieht, von Deinem neuen ernsten, ja fast
seriösem Image ein wenig verschreckt wird?

Lord: Ich finde den Unterschied nicht so krass. Ein krasser Unterschied wäre wenn
ich eine Death Metal und eine RnB-Band hätte. Neben meinem schrägen Dasein als bunte
Diva habe ich auch bei den Pleasures stets eine dunklere Seite vertreten, die die
meisten Fans auch kennen, optisch sowie musikalisch. Ich denke, der Großteil wird
nicht verschreckt sein, aber in Einzelfällen wird das sicherlich passieren. Damit
muss ich Leben, man kann es nicht allen Recht machen, und das werde ich auch nicht
versuchen.

Pamela: Welches Bild entspricht denn eher dem privaten Lord? Der schräge Vogel a ´la The
Pleasures, oder doch eher der nachdenkliche Mensch mit Hang zum Sentimentalen?

Lord: Irgendwie beides, aber im Grunde genommen eher letzteres.

Pamela: Wie bist Du eigentlich auf die Idee gekommen Dich Lord zu nennen? Klar, die Band
heisst Lord, weil Du „The Lord“ bist. Aber wie bist Du auf diesen Namen für Dich
selbst gekommen?

Lord: Das war meine Ex-Freundin. Ich hatte damals den komischen Spitznamen Vivian,
aber das ist eine andere Geschichte. Das war mir eine Ecke zu albern, und ich meinte
zu ihr, ich hätte gerne irgendetwas davor stehen für The Pleasures, was irgendwie zu
mir passt. Sie erwähnte dann „Lord“, und damit war es passiert.

Pamela: Gab es ein persönliches Schlüsselerlebnis, dass Dich dazu bewegt hat Musiker zu
werden? Oder wie bist Du sonst auf die Idee gekommen Musiker zu werden?

Lord: Mehrere. Zwei entscheidende. Mein erstes Konzert auf dem Schoß meiner Mutter,
ich war 3 Jahre alt. Zwei Jahre später fing ich an, auf eigenen Wunsch Cello zu
lernen. Und später meine ersten Konzerte von Die Ärzte. Da habe ich gespürt, ich
muss auf die Bühne!

Pamela: Nicht nur dieses Interview neigt sich dem Ende zu, sondern auch das Jahr 2008.
Was war 2008 Deine schönste Erfahrung als Musiker und Privat?

Lord: Die UK-Tour mit The Pleasures war so ein Highlight. Persönlich definitiv meine
Reise nach Las Vegas und die einmalige Erfahrung eines „Wedding-Drive-Thru“.

Pamela: Gab es in diesem Jahr auch negative Ereignisse?

Lord: Ja. Aber das war so ätzend, dass ich noch nicht mal mehr drüber nachdenken will und das Thema „ehemaliger The Pleasures-Drummer“ einfach lieber ignoriere.

Pamela: Dann noch ein vorsichtiger Blick in die Zukunft. Was dürfen wir für das kommende
Jahr von Dir erwarten? Welche konkreten Pläne gibt es da? Und wann wird es
voraussichtlich die ersten Livetermine von Lord geben?

Lord: Das Album rausbringen, mit dem nächsten Lord-Album anfangen…und ganz wichtig am 15. und 16. Januar stehen Lord zum ersten mal live auf der Bühne, als Vorband von Big Boy, in Kiel und Schwerin!!

Pamela: Ich bedanke mich ganz herzlich für dieses Interview und wünsche Dir viel Erfolg –
natürlich mit allen Deinen Bands.

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Pamela Stahl
Pamela Stahl ist ehemalige Mitarbeiterin von Mindbreed.