Anlässlich des Erscheinens des neuen Obsidian Voice-Albums „Taste of Night“ holten wir Obsidia ins Interview, um sie zu ihrem Werk zu befragen…

Eniz: Hallo Obsidia, und danke vorneweg, dass Du dir Zeit genommen hast dieses Interview zu führen. Du hast ja ein neues Album mit dem Titel „Taste of Night“ gemacht. Erzähl doch mal, wie es war und wie Du von der ersten Demo CD „Black Wine“ nun auf eine Audiopressung gekommen bist.

Obsidia: „Black Wine“ wurde im August 2001 als Demo CD-R veröffentlicht und da bin ich natürlich noch gar nicht auf die Idee gekommen eine Pressung zu machen, denn ich hatte nicht die geringste Ahnung wie das Album überhaupt ankommen wird. Als dann die Resonanz so erfreulich war, habe ich zum ersten mal überlegt das ganze nun etwas professioneller aufzuziehen. Und ich habe mir auch gewünscht den treuen Obsidian Voice Hörern diesmal etwas technisch ausgereifteres zu servieren.

Eniz: Wie lange arbeitest Du normalerweise an deinen Songs? Entstehen sie aus deinem Gefühl heraus oder feilst Du solange daran herum, bis sie perfekt sind? Manche Künstler sind ja nie zufrieden mit dem Endresultat, sodaß sie die Songs immer wieder verändern und am Ende was völlig anderes herauskommt, als ursprünglich geplant.

Obsidia: Bis dato hatte ich die Grundidee eines jeden Songs Monate bevor er je aufgenommen wurde, im Kopf. Wie die dort genau entstehen kann ich dir gar nicht sagen. Bei „Black Wine“ war es noch ausnahmslos so dass ich erst nur Lyrics hatte und anschliessend an der musikalischen Umsetzung arbeitete, aber auch das geschah still und leise in meinem Inneren. Bei „taste of night“ ist es nun schon wieder anders, da sind teilweise die Melodien mit den Lyrics gleichzeitig entstanden. Und ja, zunächst mal ist da in der Tat ein Gefühl, eine starke Stimmung, die ich dann aber gegebenenfalls noch „künstlich“ verstärken muss. Es wäre gelogen wenn ich sagte jeder Song sei reiner Ausdruck von Gefühl und ich liesse es nur noch „fliessen“. Zuerst ist da Gefühl, und dann muss der Verstand es ordnen. Es müssen Entscheidungen getroffen werden wie das Endresultat klingen soll. Das ist dann eigentlich der Beginn der Arbeit. Das heisst auch dass ich mich manchmal, Monate nach dem ich zum Beispiel Lyrics aufschrieb die eine Stimmung von mir wiedergeben, nochmal in diese Gefühlswelt hineinversetzen muss. Das ist nicht immer einfach und ich fürchte auch dass ich in solchen Phasen ungeniessbar bin. Ich kann dir zustimmen, dass ich auch so gut wie nie zufrieden mit dem Endresultat bin aber ich weiss eigentlich immer was am Ende herauskommen soll und ehe das nicht so ist, kommt der Song auch auf keine CD.

Eniz: Ich habe recherchiert und in einem älteren Interview zu „Black Wine“ Zeiten gelesen, dass Du diese in mehr oder weniger Eigenregie gemacht hast. Bist Du jetzt mittlerweile unter Vertrag?

Obsidia: Das „mehr oder weniger“ kannst du getrost weglassen. :) Es war Eigenregie und das ist heute auch noch so. „taste of night“ ist ohne Vertrag erschienen.

Eniz: Kommen wir zu dem neuen Album. Zunächst einmal kann ich mich kaum erinnern, wann ich zuletzt solch traurige Lieder gehört habe (Mein Lieblingslied darauf ist übrigens „Requiem“ und „Schatten der Vergangenheit“ ). Es scheint, als würde jedes Lied hinausschreien wollen, wieviel Leid in Ihnen steckt. Aber beim Anhören fühlt man sich auch geborgen und beheimatet…

Obsidia: Das hast du sehr scharf beobachtet! Das sind für mich auch die zwei zentralen Aspekte von Obsidian Voice. Ich sehe mit dem mikroskopischen Blick die Traurigkeiten des Alltags an und spreche sie aus, besonders da wo sie schmerzen – aber auf der anderen Seite soll meine Musik die Unruhe darin wegwischen und ein Gefühl der Ruhe und des Trostes verströmen.

Ich möchte dass man sich noch in einem Song wie „Requiem“, in dem einem das Liebste ganz und gar entgleitet, geborgen fühlen kann. Nicht um über das Leiden hinwegzutäuschen oder es zu bagatellisieren, sondern um diese Spannung aufzulösen, für einen Moment, wohlwissend dass es nur ein Moment ist. Es ist ja so, dass man in seine Konflikte und Nöte sowieso immer zurückkehren muss. Die Frage ist nur ob man sich von Zeit zu Zeit das Loslassen erlaubt.

Eniz: Ein Soundtrack für die Seele. Verarbeitest Du damit eigene (Lebens)-Erfahrungen?

Obsidia: Ja, eigentlich immer. Es gibt keinen Song der nicht irgendetwas aus meinem Leben erzählte. Du weisst ja, im Grunde redet man immer über sich selbst, egal was man sagt. Ich schreibe aber grundsätzlich nur Lyrics auf, mit denen ich etwas verbinde was ich selbst empfunden habe weil ich sonst auch keine Lust habe sie zu singen. Und wenn ich etwas aufgeschrieben habe was mich persönlich beschäftigte, dann geht mir manchmal später auf, wieviele andere Menschen sich darin wiederfinden könnten. Und das ist mir auch wichtig, denn als Hörer will man sich ja in der Musik wiederfinden und nicht nur dem egomanen Geschwätz eines Künstlers lauschen.

Eniz: Wem gilt das Requiem?

Obsidia: Jemandem der es bitter nötig hat. Es gibt Leute die sind noch keine fünfundzwanzig und innerlich schon tot.

Eniz: „Schatten der Vergangenheit“ hat – meiner Meinung nach – viel von Tori Amos. Das liegt natürlich nahe, da Ihr zwei ja sehr klavierlastige Lieder macht und man schnell Vergleiche zieht. Aber Tori Amos ist da etwas „heller“ (also, un-dark-er). Man kann zwar Tori Amos und Vanessa Carlton (die macht ja auch Klaviermusik – nur etwas poppiger) vergleichen, allerdings nicht Vanessa Carlton mit Obsidian Voice.

Was sind so deine Vorbilder bzw. von welchen Künstlern hast Du dich inspirieren lassen? Beziehungsweise welche Künstler schätzt Du hoch ein?

Obsidia: Also erst mal muss ich sagen dass ich Tori Amos sehr sehr dark finde. Eigentlich kenne ich gar keine Song die trauriger wären als ihre. Und ich liebe ihre Musik sehr. Allerdings kann ich viele ihrer Songs nicht immer hören, weil sie in mir sehr viel Unruhe hinterlassen und ich befinde mich seit einigen Jahren in einer Phase in der ich mir von Musik wünsche, beruhigend zu wirken.

Eine Künstlerin deren Musik ich aus diesem Grund sehr oft höre, ist Loreena McKennit. Ich kann nicht sagen dass ich bewusst einem Künstler nacheifere, aber unbewusst passiert das sicher schon. In meiner Freizeit höre ich auch viel Barockmusik, vorwiegend die zu Unrecht unterschätzten Händel-Opern oder Pastorale. Die sakrale Musik ist also auch ein grosser Einfluss in meiner Musik. Und einer den ich auch pflegen möchte.

Eniz: Bei „Schneezart“ singt eine gewisse Chiara Luna mit. Wer ist das und in wie weit ist sie an der Entstehung deiner neuen CD beteiligt? Oder war es eine Gastmusikerin?

Obsidia: Chiara Luna ist meine Schwester. Und sie singt nicht mit sondern sie hat das Klavierarrangement für „Schneezart“ geschrieben und das Klavier für diesen Song eingespielt. Die Stimmen die du auf den Alben hörst sind immer meine. Wenn man mal von der von Boheme absieht.

Ich habe meine Schwester schon bei „Black Wine“ darum gebeten zwei Songs einzuspielen, und auf dem aktuellen Album wollte ich sie auch wenigstens für einen Song dabei haben, weil ich es als Bereicherung empfinde. Sie versteht auch meine Wünsche sehr schnell weil sie mich halt kennt. So ist es für sie weitaus leichter als für einen beliebigen Gastmusiker, das umzusetzen was mir vorschwebt.

Ich finde sie hat „Schneezart“ genau die musikalische Note verliehen, die die Lyrics brauchten.

Eniz: Und wenn wir gleich mal dabei sind: „Embrace Me“ unterscheidet sich doch sehr maßgeblich von den anderen Liedern, schon alleine durch die dunkle männliche Stimme (Boheme Farouk Martini) und der Gitarre im Hintergrund. Kannst Du dir in Zukunft vorstellen in Zukunft für die kommenden Alben auch mehrere Arrangements einzusetzen wie z.b. Chöre oder andere Instrumente? Oder wie bei „Embrace Me“ eine Zweitstimme, als Duett sozusagen?

Obsidia: Ja, der Song mit Boheme unterscheidet sich in der Tat sehr von den anderen, und das nicht nur wegen der Stimme und Instrumentierung, sondern auch stilistisch. Und das wäre natürlich ein Risiko, wüsste ich nicht dass Boheme und ich musikalisch einfach sehr harmonieren. Insofern war es eine grosse Freude den Song „Embrace me“ mit ihm einzuspielen. Ich möchte in Zukunft auch weiterhin Gastauftritte auf meinen CD’s haben und ich bin auch anderen Instrumenten nicht abgeneigt. Allerdings soll der Charakter der Musik erhalten bleiben und das bedeutet auch für die Zukunft vorwiegend Klavier und Stimme. Ich möchte gerne, dass meine Musik immer authentisch und intim bleibt und ihren Livecharakter nicht verliert. Es wird bei Obsidian Voice nicht aus zehntausend Spuren zusammengeschnitten und es wird auch nicht durch Effekthascherei etwas vorgetäuscht was gar nicht da ist. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Deswegen werde ich Gastauftritte immer nur sehr wohlüberlegt und ohne bombastischen Rahmen einbringen.

Eniz: Deine Musik betitelst Du selbst als „Piano Dark Wave“. Ich finde, das paßt ganz gut dazu, wenn man die Musik die Du machst, kategorisieren müsste. Kannst Du Dir vorstellen, auch andere Musik zu machen?

Obsidia: Im Moment nicht. Natürlich könnte ich das wenn ich wollte. Ich habe auch schon in einer Band gesungen deren Musik man als Gothic Rock kategorisieren könnte. Glücklich bin ich damit aber nicht geworden. Es ist einfach so dass ich zur Zeit meinem Drang Musik zu machen, am besten mit dem Projekt Obsidian Voice gerecht werde. Wir werden sehen, wie lange das so bleibt.

Eniz: Wenn Du mal keine Songs für Obsidian Voice machst, spielst Du dann zuhause im stillen Kämmerlein (wenn wirklich niemand zuhört oder zuguckt) auch andere Lieder nach? Z.b. eine Piano Dark Wave Version von den Backstreet-Boys? Nur so aus Spaß? ;-) (= sorry, die Frage konnte ich mir einfach nicht verkneifen).

Obsidia: Du bist ja lustig – glaubst du ich habe die Dark Wave Polizei bei mir im Wohnzimmer stehen, die mich abführt sobald ich eine Dur-Tonleiter spiele? :)

Ja sicher spiele ich auch andere Sachen am Klavier, beispielweise ganz sentimentale Balladen von Elton John oder den Cranberries oder auch die Gassenhauer von Elvis. Ich tobe mich da aus, je nach Stimmung. Da ich ja eigentlich aus der klassischen Schule stamme, spiele ich aber auch gerne Bach. Und der sieht das mit Elton John sicher viel enger als die Dark Wave Polizei.

Eniz: Spielst Du außer Piano noch andere Instrumente?

Obsidia: Ja, ich spiele noch Kirchenorgel und eine Weile habe ich mal Querflöte gespielt. Allerdings bin ich eher eine Freundin der Tasten. Die Kirchenorgel ist für mich die Königin der Instrumente. Leider muss man ja meistens Behelfsarrangements mit mehr oder weniger freundlichen Pfarrern treffen wenn man mal ein paar Stunden ungestört spielen will. Das ist aber auch der einzige Nachteil, ansonsten hat dieses Instrument mir nur Freude zu bieten.

Eniz: Deine Stimme klingt sehr professionell. Hast Du um deine Stimme zu verfeiern bzw. sie auszubauen Gesangsunterricht genommen? Oder wurde sie dir in die Wiege gelegt?

Obsidia: Vielen Dank für das Kompliment. Ich hatte keinen Gesangsunterricht. Ob mir die Stimme in die Wiege gelegt wurde weiss ich ehrlich gar nicht. Bis ich mit Obsidian Voice anfing war mir nicht so recht klar ob ich überhaupt singen kann. Da ich aber ungern Songs abgebe und andere Leute singen lasse, habe ich das selbst in Angriff genommen. Und heute bin ich sehr froh darüber.

Eniz: Kommen wir ein wenig zu deiner Person: Auf deiner Homepage erfährt man so gut wie gar nichts zu deiner Person. Hüllst Du Dich auch privat und deinen Menschen gegenüber als undurchsichtig? Und wenn ja, ist das so eine Art von Maske, die dich schützt? Manche Menschen haben ja die Angewohnheit die Schwächen Ihrer Mitmenschen aufzuspüren und genau in diese Kerbe einzuschlagen, um für sich einen größtmöglichen Vorteil zu gewinnen.

Obsidia: Oh ja, manche Menschen haben diese Angewohnheit, und ich habe sie sicher nicht weniger als andere. Ich weiss nicht ob ich auf Menschen besonders undurchsichtig wirke. Sicher habe ich meine introvertierten Phasen, aber meist bin ich eigentlich ein offener Mensch mit wenig Berührungsangst, wobei ich dahinter natürlich meiner Lust am Beobachten und Analysieren nachgehe.

Was ich des öfteren feststelle ist dass ich polarisiere. Offenbar muss man mich lieben oder hassen, dazwischen ist nicht so viel. Das liegt wohl vor allem daran, dass ich nicht so viel von konventionellen Verhaltensmustern oder auch Denkmustern halte und das auch ausspreche. Sogesehen muss ich also deine Frage ob ich mich privat in Schweigen hülle, verneinen. Dass ich zu meiner Person wenig auf der Homepage äussere, hat aber weder den Grund dass ich zu Legendenbildung anstiften möchte noch dass ich mich für langweilig halte. Ich verstecke mich auch nicht. Mir erschliesst sich nur nicht so ganz warum ich Kinderfotos, Lieblingsfilme oder meine Schuhgrösse auf die Homepage stellen sollte. Ich habe einfach, weil es mir in dem Moment ganz natürlich schien, das in den Vordergrund gestellt was wichtig war: die Musik. Wer etwas über mich erfahren möchte, kann das ja gerne tun, so wie du gerade. Alle anderen haben bereits mit meiner Musik etwas sehr persönliches von mir.

Eniz: Rudy R. von Wumpscut z.B. macht das auch so wie Du. Es ist nicht viel über Ihn bekannt und das macht ihn grad so interessant. Geht das bei Dir in diese Richtung?

Obsidia: Ich weiss nicht warum Rudy es macht, darüber kann ich dir also nichts sagen. Vielleicht tut er es um sich interessant zu machen, vielleicht weil er so ein langweiliges Leben führt dass es ihm peinlich ist das zu sagen. Vielleicht ist es ihm aber auch einfach egal. Wenn Menschen das als interessant empfinden, dann doch nur weil sie sich nach Geheimnissen sehnen und danach, Dinge so zu interpretieren wie es ihnen gefällt. Ich lasse ihnen auch gern diesen Raum und dieses Geheimnis aber ich setze es nicht bewusst als Mittel der Vermarktung ein.

Eniz: Ich muss ehrlich zugeben, daß ich nicht wußte, was ein Obsidian ist. Und fragte daher eine Bekannte danach, die mir sagte, es wäre ein Mineralgestein, was sich aus einer schnell verfestigten Lava bildet. Schwarz, undurchsichtig bis schwach durchscheinend. Bezugnehmend auf die oben gestellte Frage, trifft das ja beinahe auf Dich zu.

Was hast Du für einen Bezug zu einem Obsidian?

Obsidia: Ich habe den Obsidian auch gerne als Motiv eingebunden, eben weil er diese Eigenschaften wie undurchsichtig, schwarz und geheimnisvoll hat. Allerdings habe ich das weniger auf meine Person als auf meine Musik bezogen. Der Obsidian hat eine lange Geschichte. Er wurde schon in den frühen Kulten z.B. der Maya als Vermittler zwischen dieser Welt und der Welt der Götter gesehen. Es gibt magische Obsidianspiegel durch die man das Jenseits sehen können soll und die Isländer nennen die Obsidiane immer noch die Steine in denen die Elfen wohnen. Dieser Stein halt kulturübergreifend viele Menschen fasziniert und dieses Faszinosum wollte ich mit der Musik in Verbindung bringen. Musik ist im Grunde ja auch Vermittler zwischen den Welten.

Eniz: Man sagt einem Obsidian auch nach, dass er von Esoterikern dem Skorpion und dem Schützen zugeordnet ist und kalte Hände und Füße durch verbesserte Durchblutung erwärmen soll. Er wirkt angeblich belebend bei Traumata und Ängsten.

Obsidia: Das ist ein weiterer Grund warum ich den Obsidian mit meiner Musik verband. Der Obsidian ist eines der wichtigsten Gesteine der Angstregulierung. Ich habe eben schon mal erwähnt dass meine Musik einen beruhigenden, tröstlichen Aspekt haben soll. Ich mache also auch Musik wider die Angst. Angst ist ein zentrales Thema, nicht erst heute und nicht nur in meinen Songs sondern auch im Leben der Menschen von heute. Und ich weiss wie verstörend Angst ist und wie sehr sie das Leben beschneidet, und deswegen wünsche ich mir dass meine Musik einen darüber hinwegtröstet, für eine Weile wenigstens.

Eniz: Auf deiner Homepage sieht man auch Figuren, die dem eines Horoskopes ähneln.

Bist Du esoterisch veranlagt? Wenn ja, wie lebst Du das aus?

Obsidia: Die Figuren die du auf meiner Homepage siehst, stammen nicht aus einem Horoskop, sondern aus christlichen Kirchen. Es ist unglaublich wie sich die Monstren die die Menschheit seit jeher beschäftigen, ins christliche Zeitalter hinübergerettet haben. Man muss nur einen Blick in ein Bestiarium werfen um einen Eindruck davon zu bekommen wieviele phantastische Gestalten dem menschlichen Geist entspringen, und wieviele es geschafft haben uns bis heute erhalten zu bleiben.

Ich habe diese Figuren auf meine Website allerdings nicht als esoterisches Statement eingebunden, sondern um anzudeuten dass Musik Grenzen öffnen kann. Gerade die des Vorstellungsvermögens.

Und ob ich esoterisch bin ist wirklich eine schwierige Frage. Ich habe im Grunde zwei Seelen in meiner Brust. Die eine die rational und analytisch ist und die in jeder identitätsstiftenden Anschauung nichts anderes sieht als den Versuch sich die Sinnlosigkeit schönzureden, und die andere die schon viele wunderliche Dinge erlebt hat und sie nicht zu klassifizieren weiss. Ich bin da auch nicht der Meinung dass man sich entscheiden muss. Sinniger ist es wohl die Spannung zwischen diesen beiden Polen auszuhalten und einfach anzunehmen. Man muss ja auch nicht für alles eine Antwort haben.

Eniz: Du hast sicher die „Deutschland sucht den Superstar“ Welle mitbekommen, wie reihenweise Menschen in hysterische Weinkrämpfe verfallen, weil ein paar Seelen aus einem Dorf in Wallhalla durch den großen Fleischwolf des Marketings und Trendsettings gedreht wurden und die Person an sich daran nicht selten zerbricht. Zudem kommen und gehen diese Spezies der One-Hit-Wonder. In einem Jahr weiß niemand mehr, wer das war.

Ist deiner Meinung nach sowas aussagekräftig über das Talent eines Künstlers? Ob er jetzt „Superstar“ ist oder nicht? Oder ist es gar eine einzige Massenverblendung in deinen Augen?

Obsidia: Das hast du ja schön gesagt. Höre ich da so etwas wie latente Abneigung gegen das RTL-S.O.S.-Künstlerdorf? :)

Ich finde die Sendung hat mit Sicherheit Aussagen über vieles gemacht, nicht nur darüber welche Kriterien für ein paar Hits heute entscheidend sind. Dass der Titel des „Superstars“ an sich gar nichts aussagt sehen wir ja heute an Alexander, der im Grunde der eigentliche Verlierer der Show ist.

Ich denke aber auch dass man in einer solchen Show unterscheiden muss, zwischen der Arbeit die die Kandidaten investieren und der Institution Superstarindustrie an sich. Denn wenn sich jemand über den „faden Alex“, den „bekloppten Daniel“ oder die „arrogante Juliette“ auslässt, geht man selbst der Industrie für einen Moment auf den Leim und vergisst, dass es sich hier um Individuen handelt. Um Individuen, die sehr hart gearbeitet haben, die sich haben anschreien und vorführen lassen, nur weil sie einen Traum realisieren wollten, der auf anderem Wege heute kaum noch zu realisieren ist. Ich bevorzuge also zu sagen dass die Castingshows an sich unmöglich sind, und dass hier mit sehr jungen formbaren Menschen Dinge geschehen, die sie selbst noch gar nicht absehen können. Ich bin auch überzeugt davon dass wir dieser Sendung bis ans Ende ihrer Tage nur musikalischen Schrott verdanken werden. Aber ich weigere mich, den Teilnehmern, also den Individuen in dieser Maschinerie, ihre Würde abzusprechen oder ihnen zu unterstellen sie hätten nichts geleistet. Denn das haben sie. Und im übrigen hat Juliette sehr viel geleistet als sie Nein zu Dieter Bohlen sagte. Heute kann man zu allem nein sagen weil es einen nichts kostet. Nein zur Atomkraft, Nein zum Irakkrieg, Nein zum Pelz. Aber wer sagt schon Nein zu Dieter? Meine Hochachtung also für dieses Nein und eine grandiose Stimme.

Eniz: Wenn man so wie Du klassische Musik machst, fragt man sich, was Du wohl sonst so für Musik hörst. Eher klassisches oder auch was flotteres-tanzbares? Oder gar überhaupt nichts aus der Gothic/Elektro Ecke? (Wenn Du jetzt Daniel Küblböck sagst, stürze ich mich aus dem Kellerfenster ;-))

Obsidia: Ich fühle mich musikalisch in der schwarzen Szene zuhause. Und das seit vielen Jahren, wobei ich immer noch den Klassikern anhänge, wie zum Beispiel Dead can dance, Fields of the Nephilim, Nick Cave oder Sisters of Mercy. Und ich habe eine grosse Vorliebe für Qntal, Estampie und Stoa. Flott tanzbar und Elektro darf es auch sein! Ich bin seit achtzehn Jahren eingeschworener Depeche Mode Fan. Und den Rudy hör ich eigentlich auch ganz gerne. Wenn ich die Ohren zumache und nicht auf die Lyrics achte, die sind nämlich oberpeinlich. Ansonsten mag ich auch Velvet Acid Christ sehr gerne, aber ich möchte ihm nicht im Dunkeln begegnen.

Eniz: Wie sehen deine Pläne für die Zukunft aus? Und vor allem: Kann man Dich irgendwann live erleben?

Obsidia: Neue Songs sind schon im Kopf – ich freue mich also schon jetzt darauf, eine neue CD aufzunehmen. Ich habe auch mit Boheme schon darüber nachgedacht ob wir unsere musikalische Zusammenarbeit nicht vertiefen sollten.

Liveauftritte sind derzeit nicht geplant aber auf lange Sicht ist es ein verlockender Gedanke.

Eniz: Ich bedanke mich für das Interview und wünsche Dir viel Erfolg mit deinem neuen Album und für deinen weiteren Lebensweg.

Obsidia: Ich danke dir vielmals für dieses Interview und grüsse alle Leser von X-Ploited!

Autor: Eniz

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