„Never meet your idols“ hört man immer wieder von allen Seiten. Als Fotograf bedeutet das für mich, dass ich eben nicht meine Musikidole treffen sollte. Ich denke aber, auch Fotograf:innen, die ich bewundere, zählen zu dieser Kategorie. Das sollte sich diesen Sommer zufällig ändern – da habe ich nämlich Søren auf dem Fotofestival in Kopenhagen getroffen und einen netten Plausch mit ihm gehabt.

Nach ein paar Wochen konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und habe ihn nach ein paar Büchern gefragt, um sie euch näherzubringen.

Bereits seit 1989 reist er viel und fotografiert Musik. Das mündete in einer phantastischen Werkschau – und nun auch in diesem Buch.

Das Cover des auf mattem, goldenen Papier gedruckten Buches ziert R.E.M.-Sänger Michael Stipe. Ein wirklich tolles Bild, das eine Mischung aus Intimität, Verletzlichkeit, aber auch Stolz zeigt. Grandios!

Vorab-Info: Der komplette Text ist auf Englisch. Nach einem kurzen Lebenslauf des Künstlers geht es ruhig weiter mit einer Einführung über Søren und den Beginn seiner Fotografenkarriere. Danach folgt ein Vorwort vom Meister selbst, das mit einem wundervollen Zitat von Charles Baudelaire abschließt (mehr will ich aber nicht spoilern).

Das Buch ist in zehn verschiedene Kapitel aufgeteilt. Im ersten Kapitel Photographers Posed geht es wortwörtlich darum, dass er 45 Fotograf:innen aus 14 Ländern porträtiert hat. Dafür hat er sogar deren eigenes Equipment verwendet – unglaublich spannend! Eines der beeindruckendsten Bilder dieser Serie ist auf Seite 19: Anton Corbijn im Vega in Kopenhagen. Anton ist natürlich auch Konzertfotograf – daher ist mir der Name ein Begriff. Ich durfte den Meister einmal persönlich bei einer Ausstellung in Odense treffen. Wer ein wenig im Netz stöbert, wird merken, dass er unter anderem Hausfotograf von Depeche Mode war.

Im nächsten Kapitel Portraits One geht es unter anderem um Künstler:innen, aber auch Designer:innen und CEOs sind dabei. Hier macht Jack White den Anfang – ein Porträt, das unterschiedliche Gefühle in mir auslöst: Stärke? Mut? Etwas Angst zu versagen? Eine Doppelseite erhält später Björk, mit einem Bild, bei dem Rot komplett dominiert.

Illuminations ist eine Porträtserie von jungen Menschen, die einen Elternteil verloren haben. Hierbei verwendet Søren verlängerte Belichtungszeiten, wodurch die Bilder etwas verwaschen sind. Ich kann es nicht richtig erklären, aber er schafft es gleichzeitig, dass die Bilder plastisch erscheinen – als ob sie aus dem Buch heraustreten.

Etwas später folgt dann das Kapitel Souls. Hier fotografiert er Menschen, die meditieren – um damit ihre Seele abzulichten. Klingt sehr spirituell, wurde aber zu einer wunderschönen Bilderserie.

Ein persönliches Highlight ist für mich das Porträt des dänischen Rappers L.O.C. (Seite 149). Der Künstler, der unter anderem durch seine teilweise harten Texte bekannt ist, scheint hier beinahe zu träumen. Soweit ich es erkennen kann, verwendet Søren ein Objektiv mit extrem geringer Tiefenschärfe – dadurch ist nur das Gesicht scharf gestellt, während der Rest des Körpers in den Hintergrund verschwimmt. Sehr genial gemacht!

In der Fotoserie Surface (zu der es auch ein separates Buch gibt) geht es um seine Reise, Street Artists zu fotografieren. Die Bilder sind oft sehr gestellt, und der besondere Reiz ist, dass ein Teil der Künstler:innen nicht erkannt werden möchte – da ihre Arbeit oft illegal ist.

Ganz am Ende gibt es noch einen Lebenslauf als tabellarische Übersicht.

Fazit: Wow! Einfach eine krasse Werkschau – eines der besten Porträtfotografen, die ich bisher gesehen habe. Das Buch ist ein ordentlicher Brocken, und man bekommt wirklich eine Menge Bilder geboten. Inhaltlich geht es zwar zu einem großen Teil um Musiker:innen, aber Søren zeigt auch, dass er mehr kann, als nur große Stars zu fotografieren, um uns zu beeindrucken.
Für mich ist das Buch eine klare Kaufempfehlung für alle, die Musik und/oder Fotografie lieben.

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