Und wieder kommt hier Jemand aus dem Nichts. Das Phänomen des
plötzlichen Auftauchens durften wir schon einmal beobachten, und zwar
bei Down Below (mindbreed berichtete).
Der Name Big Boy lässt nicht unbedingt
vermuten, dass es sich hier um eine Glam-Rock oder Gothic-Rock-Band
handelt, nicht einmal an einfachen Rock. Aber genau DAS ist Big Boy und
noch viel mehr!
Wer bei dem bekannten Freunde- und Musikonline-Portal MySpace nach Big
Boy sucht, wird diverse Latino- und Hip Hop-Künstler antreffen, und
irgendwo dazwischen versteckt sich DER Big Boy.
Big Boy erinnert ein bisschen an eine kleine Diva, doch seine Stimme ist
alles Andere als mädchenhaft sanft. Das Album „Hail The Big Boy“ hat
etwas selbstverliebtes, aber dadurch auch etwas Provokantes. Hier wird
auf verschiedenste Stilmittel zurückgegriffen und nach einem etwas
komischen Anfang wird das Album doch noch ein interessanter Silberling,
in den man einmal reingehört haben muss. Anhand einiger Beispiele merkt
man, welche Abwechslung dieses Werk bietet.
„La Legion“ könnte, musikalisch betrachtet, der Soundtrack von
„Gladiator“ sein. Engelstrompeten und Teufelspauken kommen hier bestens
zur Geltung. Dieser Track hat etwas Gewaltiges an sich, als ob es ein
großes Meisterwerk ankündigen würde. Das einzige, was meiner Meinung
nach nicht zu diesem Sound passt, ist die französische Sprache und der
Dudelsackeinsatz am Schluss. Also durfte es wohl doch nur als kurzes
Intro für das Album dienen.
Nun geht der Marschtakt des Intros zu „Hail The Big Boy“ über.
Schlagzeug und elektronische Effekte setzen ein und Big Boy wechselt zur
englischen Sprache. Der Gesang wirkt jetzt provokanter. Schroffe
Gitarren begleiten das Ganze. Im Refrain beginnen poppige Melodien und
Big Boy singt eine Lobhymne für sich. In wie weit das selbstironisch
gemeint ist, kann man nur vermuten. Aber der Track hat eine gute
Melodie, die sofort ins Ohr geht und sich in den Verstand fest beißt.
Es folgt „Get Over It“, dessen Anfang mich an so genannte
„Hawaii-Rock-Bands“ erinnert. Flotte Melodie, mit ein paar Rock´n
Roll-Elementen vermischt, sorgen für Tanzlaune. Der Refrain wechselt von
diesem Strandtouch zu einer Funky-Glamrock Nummer. Zwischendurch sind
auch wieder ein paar Industrial-Samples herauszuhören, die sich dennoch
dezent im Hintergrund halten. Was sich für einen Moment zu widersprechen
scheint, passt in diesem Fall perfekt zusammen, ohne den Hörer zu
vergraulen.
„One Good Reason“ fährt auf einer etwas härteren Schiene. Es fängt mit
einem dumpfen, langsam Takt an und die Gitarren drängen sich wieder mehr
in den Vordergrund. Der Gesang von Big Boy wirkt jetzt eindringlich,
obwohl der Refrain wieder von einer gängigen Melodie beherrscht wird.
Ein sehr ruhig, leises Klavierspiel eröffnet die Ballade „Let The Dead
Bury Their Own Dead“. Man hört neben dem sanften Klavierspiel die
Geräusche eines Beatmungsgerätes, dessen Pumpe ununterbrochen tätig
ist. Das zieht sich durch das ganze Lied, in Symbiose mit den
überraschend ruhigen Worten von Big Boy. Er flüstert dem Hörer die
traurige Geschichte ins Ohr. Dieser Song wirkt sehr authentisch.
Ein Peitschenknall – nun geht die Party los! „Gestasi Baby“ erinnert
ganz stark an Marilyn Manson während seiner „Mechanical Animal“- Phase.
Besonders die Mischung aus Glam-Rock und Elektronik, sowie die Art des
Gesangs, lässt diese Vermutung aufkommen. Obwohl der Track
englischsprachig ist, fordert Big Boy mitten im Lied auf: „Sprich mit
mir!“, eine Art Break mitten im Lied, denn sonst funktioniert „Gestasi
Baby“ geradlinig, ohne irgendwelche Wendungen oder Überraschungen.
Anschließend konfrontiert Big Boy den Hörer mit „Catastrophe“. In diesem
Lied sind die Melodien grundverschieden. Am Anfang herrscht ein
rhythmischer Takt vor, der verspielt wirkt und mich persönlich ein klein
wenig an R´n´B erinnert. Der einsetzende Refrain ist ein reines
Rockstück und wirkt ziemlich bodenständig.
Eine musikalische Explosion kündigt „Fake it“ an. Mit diesem Song zieht
Big Boy alle Klischees im Rock-Lifestyle wie Sex, Drugs und Rock´n Roll
durch den Kakao. Das Stück ist von der musikalisch-technischen Seite her
eher ein typisches Werk von Big Boy. Er versuchte zwar mit klassischen
Rock-Elementen, wie das Sweepen beim Gitarrenspiel, die Ironie des
Textes hervorzuheben, was ihm aber nicht ganz überzeugend gelungen ist.
Vielleicht hätte in dem Fall ein minutenlanges Gitarrensolo
humoristischer gewirkt.
Während „Sin-Sational“ und „Just Like We (Choosen To Be)“ rein
musikalisch betrachtet, eine Art Wiederholung in diesem Album
darstellen, wird mit „Give Up“ ein Abschluss gebildet, mit dem der
Interpret sich bei den Fans bedankt, und sich aber auch den wahren Big
Boy-Hassern widmet. Diese Ballade ist ebenfalls wie „Let The Dead Bury
Their Own Dead“ sehr ruhig, doch hier werden die Worte von einer Geige
und sanften Gitarren begleitet.
Fazit: Auch wenn man beim ersten Hören eher denn Eindruck hat, dass Big
Boy eine musikalische Eintagsfliege ist, die sich nicht in der großen
Branche halten kann, muss man ihm doch ein Lob aussprechen. Langweilig
wird einem beim Zuhören bestimmt nicht und wenn er mit etwas mehr Mut
experimentiert, kann er sich als Künstler steigern und beweisen.
Autor: Norma












