Jeder hat schon von HIV+ gehört, aber sicher nicht in dem hier angesprochenen Sinne. HIV (Harsh Industrial Virus) klassifiziert das Genre, in dem sich Pedro Penas y Robles mit seiner neuesten Veröffentlichung „Rotten beat manifesto“ bewegt…
Das bisherige Betätigungsfeld des Kopfes von „HIV+“ war eher Südeuropa. In dieser Zeit entstanden bereits drei Alben, denen sich nun auf „Black Flame Records“ das aktuelle und ein weiteres Album anschließen werden. Doch was bietet der gebürtige Spanier dem Hörer?
Der ausgeschriebene Bandname lässt genug Vermutungen aufkommen, die unbedingt einer Untermauerung bedürfen, weil sich derzeit einige Projekte mit der Behauptung brüsten, Industrial zu machen, obwohl dies für viele nicht nachvollziehbar ist.
Hauptsächlich basiert die Musik von „HIV+“ auf flächendeckenden Collagen aus dumpfen Brumm-, den im Industrial so üblichen Knarrzgeräuschen und sehr leichten und sparsam dosierten hellen Tönen, die sich zu einer Art Industrial formen, die bisher noch nicht so geläufig ist. Relativ ruhig, trotz der teils krachenden Einlagen, kommt der größte Teil der Tracks daher, fast schon ins Depressive steigert sich die Musik und zieht daraus ihre Faszination. Eher selten sind Samples und gepresste und gehauchte Texte eingearbeitet. Die Tonlage des Gesamtwerks ist sehr tief, und so entsteht ein hypnotischer Sound, der den Hörer zwar nicht so sehr fesselt, dass er nicht mehr aufhören kann, aber dennoch immer wieder zu der Scheibe greift.
So, wie die Musik in einem Stück einmal begann, wird sie sich auch nahezu den Rest des Stückes fortsetzen, also könnte man die Stücke für sich allein als recht eintönig bezeichnen. Sie bilden aber die perfekte Grundlage für ein Entfliehen aus dem Alltag. Da gehören die Augen geschlossen, die Lautstärke höher gedreht, der Körper in einen leicht tranceartigen Zustand versetzt und schon kann die knapp einstündige Entspannung beginnen. Während düstere Sounds auf den Hörer paradoxerweise beruhigend einhämmern, wird der Stress des hektischen Umfeldes zur Nebensache. Hier liegt die unverkennbare Stärke dieses Werkes.
Pedro schafft es, aus dieser Mischung von Industrialelementen, tiefen und zeitlich sehr lang anhaltenden und dominanten Bässen eine eher schleppende als wirklich antreibende Melodie zu formen, was aber keinesfalls weniger faszinierend ist.
Dabei bleiben natürlich auch gewisse Experimente nicht aus, die zwar sehr der Vielfalt dieses Schaffens zuträglich sind, aber dennoch einige sehr wenige überladene Sequenzen hinterlassen. Der Informationsfluss oder die Dosis des Gehörten wird in diesem Moment zu viel, aber Pedro gelingt der Wechsel zu anderen Elementen genau in dem Augenblick, bevor eine bestimmte Sequenz zu nerven beginnt.
Fans des düsteren und nicht so sehr auf Tempo bedachten Industrials sei diese Scheibe wärmstens empfohlen. Allen anderen empfehle ich auf jeden Fall ein Reinhören, es könnte einige geben, denen diese Musik gefällt. So seltsam das Motto „Industrial zur Entspannung“ auch sein mag, hier findet es seine Berechtigung. Dies ist das Szenegegenstück zur kommerziellen Panflötenmusik.
Titel:
1.Introduce the virus
2.Testament
3.Illegal Tanz (Extended Club-X by Bak XIII)
4.Broken childhood (Original)
5.Feedback 1968
6.Abyss-illbient
7.Taliban´ s law (Mix by Babylone Chaos)
8.Ultima terra
9.Feedback 1968 (Muckrackers & Shizuka RMX)
10.Havoc 2027 (Elektro dark Mix by Bak XIII)
11.Doors of perception (Deep Version by Flint Glass)
12.Body Electric (Tribute to Nitzer Ebb)
Autor: Michael