Was macht der erfahrene Musikfan nach vier Tagen Copenhell am Sonntag danach?
Genau! Auf ein Konzert gehen. Dieses Mal doch etwas ruhiger.
Die Legende Neil Young hatte sich nämlich in Kopenhagen angekündigt.
Nachdem es zunächst Unklarheiten darüber gab, wann die Tore genau öffneten (16:30 Uhr laut Veranstalter), kamen die Fans dann endlich ab 17:00 Uhr auf das Gelände. Bereits zu diesem Zeitpunkt warteten Hunderte Menschen vor dem Einlass und strömten hinein. Viele von ihnen scheuten nicht den Aufpreis für den Inner-Circle-Bereich.
Für mich ging es noch nicht direkt auf das Gelände, da Fotograf:innen gesondert hereingelassen wurden. Auch hier gab es einige Besonderheiten.
Doch nun erst mal zur Musik: Den Anfang machte der Lokalmatador Peter Sommer. Peter verzauberte uns mit seiner ehrlichen Mischung aus Rock und Pop, gewürzt mit intelligenten und oft selbstironischen Texten. Dabei unterstützte ihn eine tolle und sehr entspannte Band (siehe Bilder).
Bereits als einen der ersten Songs spielte er „Rødt kort“ (Rote Karte). Dieser beatlastige Track besingt frech, dass man rausfliegt, wenn man sich nicht genug anpasst und sich beschwert.
Darauf folgte „Tigger“ (Der Bettler). Hier besingt er schaurig-traurig das Leben eines Obdachlosen. In seinen Ansagen betonte er, dass er direkt um die Ecke wohnt und sich daher als Gastgeber für den Hauptact sehe.
Gegen Ende folgte dann sein größter Hit:
„Elskede At Drømme, Drømmer Om At Elske“ (Ich liebte zu träumen, ich träume zu lieben).
Dieser Indiepop-Kracher geht direkt ins Ohr – und in die Beine.
Nach knapp einer Stunde war das Vorprogramm dann vorbei. Dadurch hatte ich endlich die Möglichkeit, das Ambiente zu genießen. Es war wirklich eine tolle Umgebung für ein Konzert auf Amager: Über mir kreisten die Möwen, um mich herum Wiese und der Strand ganz in der Nähe. Echt idyllisch – wenn man bedenkt, dass man sich direkt neben einem Flughafen und nur ein paar Kilometer vom Zentrum Kopenhagens entfernt befindet.
Dann hieß es erst mal wieder warten. Für uns Fotograf:innen gab es sehr strenge Auflagen. Nach einem weiteren Briefing und nochmaliger Planänderung hieß es:
Okay, ihr dürft aus dem Publikum Bilder machen.
Aber: Nicht direkt vor der Bühne, und statt wie ursprünglich geplant zwei Lieder lang – jetzt zehn Minuten.
Also schob ich mich in voller Montur durch die schon recht unruhige Menge. Ich versuchte mit all meinem Charme, nach vorne zu kommen – mit eher durchwachsenem Erfolg. Egal, ein Spot war gefunden und ich freundete mich mit den umstehenden Gästen an. Dann weiter warten, warten, warten. Anstatt wie angekündigt um 19:30 Uhr kam der Meister schließlich gegen 20:00 Uhr auf die Bühne.
Zum Beginn des Konzerts – im Rahmen der Love Earth Tour – gab es die Akustikversion von „Comes a Time“. In diesem ruhigen, uralten Klassiker kam bereits seine berühmte Umhänge-Mundharmonika zum Einsatz.
Darauf folgte „Be the Rain“.
In diesem Fossil der Rockgeschichte wiederholt er immer wieder: „Save the planet for another day“. Dabei kam ein an seinem sehr speziellen Mikrofonständer montiertes Megafon zum Einsatz – der Musiknerd hatte mehrere Mikrofone zusammengebastelt.
Tja – ein uralter Song, aber aktueller denn je. Neil Young hat dieses Lied über Generationen von Politiker:innen und Fans hinweg gesungen – und gibt nicht auf.
Etwas später folgte dann der Megahit:
„Hey Hey, My My (Into the Black)“.
„Rock’n’Roll can never die.“ Ganz genau! Auch hier beweist er: Alter ist nur eine Zahl (er ist 79).
Bei dem darauffolgenden „The Needle and the Damage Done“ ging es um die dunklen Seiten des Drogenkonsums.
Und danach – ja, dann kam endlich „Harvest Moon“. Dieses Lied plätscherte ganz ruhig vor sich hin.
Später folgte mein absoluter Lieblingshit: „Like a Hurricane“.
Hier geht es um eine leidenschaftliche Liebe. Er singt: „Du bist wie ein Hurrikan, ich will dich lieben, aber werde weggeweht.“
Dann gab es eine kurze Pause, und als Zugabe:
„Down by the River“ sowie „Rockin‘ in the Free World“.
Hier hieß es dann ein letztes Mal: Vollgas!
Beim letzten Song wandte er sich ganz seiner jungen Band The Chrome Hearts zu. Dann ließen sie es noch einmal eine Viertelstunde lang krachen. Die verzerrte Gitarre war wirklich genial – und in meinem Kopf verschwand endlich das Klingeln vom Slipknot-Konzert des Vorabends.
Fazit:
Neil Young ist einfach ein lebendes Fossil – und das meine ich im positiven Sinne.
Er hat bereits zu Zeiten von Präsident Nixon seine Meinung mit der Gitarre in der Hand geäußert – und ist seither nicht leiser geworden. Die wilden 70er spiegelten sich auch im Publikum wider. Man fühlte sich stellenweise wie bei der entspannten Stimmung von Woodstock. Insgesamt war das Publikum jedoch bunt gemischt.
Mit dem Sound war ich leider nicht zufrieden – egal, wo man stand, der Gesang war schwer zu hören. Am besten war der Klang am Ende des Platzes, wo man sogar Faltstühle leihen konnte.
Insgesamt jedoch ein großartiges Konzert mit einem Künstler, den man aus der Welt des Rocks nicht mehr wegdenken kann.
Danke, Neil – und dein Herz aus Gold.












