Ich reiste bereits am Abend des 14.06. zum Copenhell Festival 2022, um am Onkel Dannys Plads mein Armband abzuholen. Dort war schon eine lustige Party vor der Party im Gange und eine Schlange von mehreren hundert Leuten, die die gleiche Idee gehabt hatten wie ich. Letztendlich bekam ich aber mein Armband und beendete den Abend mit Essen in der Stadt und der Suche nach meiner Unterkunft.
Da das Festival direkt in der Kopenhagener Innenstadt ist, konnte ich bei Freunden übernachten und mit dem Fahrrad hin und her fahren. Also alles sehr entspannt. Für Metaller, die eine etwas härtere Festivalerfahrung bevorzugen, gab es in diesem Jahr auch ein großes Campingareal.

Mittwoch – 15.06.2022

Das Wetter meinte es die ganze Woche wirklich gut mit uns und der erste Tag begann entspannt am Nachmittag mit Suidical Tendencies.
Die Skater-Jungs gaben ab der ersten Minute Gas und mein persönlicher Höhepunkt des Konzerts war War Inside My Head. Natürlich wurde die neue Freiheit nach Covid-19 von den Fans mit Moshpit, Crowdsurfing und wildem Gespringe gefeiert. Eine schräge Geschichte erzählte der Frontmann: Auf dem Flug kam das Bandgepäck abhanden und so sollten die Gitarren zwei Tage nach dem Konzert ankommen. Zum Glück konnten sie das nötige Equipment von ihren Freunden von Metallica borgen. Metal heißt eben auch zusammenhalten.

Direkt darauf folgten auf der etwas kleineren Nebenbühne Ugly Kid Joe. Auch diese Band lässt sich unter Skaterpunk einordnen und obwohl schon etwas in die Jahre gekommen waren sie kein bisschen leise. Natürlich kam ihre Mega-Hit-Ballade Cats in The Cradle aber auch deutlich schneller und härtere Hits, wie z.B. Neighbor. Und ja, das Publikum dankte es der Band mit einem gehörigen Circle pit, der den feinen Staub vor der Bühne zu einem kleinen Orkan aufsteigen ließ. Ein absolut grandioses Konzert.
Darauf folgte die dänische Band Dizzy Mizz Lizzy. Die Band um Tim Christensen präsentierte etwas entspannteren Rock. Gerade bei den neueren Stücken war es mir schon fast zu ruhig, aber gegen Ende folgten dann doch endlich ein paar alte Klassiker, bei denen die Band ordentlich Gas gab. Hits wie Silverflame und Love Is A Loser‘s Game durften dabei natürlich nicht fehlen. Insgesamt war das Konzert auch super, um sich etwas von den letzten beiden Bands zu erholen, Bier weg zu bringen, Getränke zu besorgen und etwas an den vielen verschiedenen Ständen zu essen.
Dann gaben Glory Hammer auf der etwas kleineren Bühne Gas. Eine der ersten Stücke war natürlich Glory Hammer und auch hier war die Stimmung genial. Allerdings waren hier nicht so viele Menschen wie auf den letzten Konzerten – das umfasste auch mich. Denn jetzt hieß es, einen guten Platz für Metallica zu sichern.

Für die Band wurde bereits am Nachmittag der legendäre Snakepit aufgebaut. Also ein Steg, der u-förmig nach vorne wegführte. Bereits ab Nachmittag durften dort ausgewählte Gäste Platz nehmen, während wir anderen uns auf der anderen Seite befanden. In den kommenden Minuten sollte sich der Platz schnell füllen und auch hinter dem Wellenbrecher und der kompletten Wiese nahmen die Zuschauer Platz.
Sobald die Band auf die Bühne kam, gab es nur noch Amok. Wellen aus Crowdsurfern streiften mir über den Kopf und Druckwellen aus Menschen bewegten sich in alle Richtungen. Ich stand in der zweiten Reihe nur wenige Zentimeter weg von meinen Idolen. Und ja, es hat sich einfach geil angefühlt, Musik und diese Mischung aus Emotionen, die ich so lange vermisst habe, wieder mit allen Sinnen zu spüren. Das Gefühl von Angst, zerquetscht zu werden, gleichzeitig handgemachte Musik zu hören und ein Gefühl von Zusammenhalt, bei dem alle aufeinander aufpassen. Das war und ist einfach echt. Durch die Action im Publikum ging natürlich zwischendurch die Musik ein bisschen an mir vorbei. Die größten Kracher waren für mich One, Enter Sandman und Master of Puppets. Neuere Stücke wie St. Anger wurden natürlich auch gespielt.
Insgesamt war es für mich ein grandioses Konzert, eben nicht nur der Musik wegen, sondern auch aufgrund des Gefühls sich so lebendig wie selten zu fühlen.
Nach der Zugabe ging dann das Licht an und fast alle traten den geordneten Rückzug an. Dieser war, weil es der erste Abend war, noch etwas chaotisch. Auf einer riesigen Wiese (Fahrradparkplatz) musste ich erst einmal mein treues Ross finden, was sich als nicht ganz einfach entpuppte. Als es gefunden war, ging es dann trotzdem erstmal zu Fuß parallel mit Bussen und Taxis weg vom Gelände und dann irgendwann endlich weiter auf zwei Rädern zur Unterkunft.

Donnerstag – 16.06.2022

Auch der zweite Tag sollte es sich in sich haben. Zunächst ging es mit der dänischen Künstlerin Myrkur erstmal ruhig los. Bekannt wurde sie durch eine Mischung aus Folk und Metal, wobei ihr Set und Lineup heute nur aus sehr entspannten Stücken bestand. Zu hören gab es viele schöne Songs, die die nordische Sagenwelt widerspiegelten.
Direkt danach ging es auf der Nebenbühne dann aber direkt ordentlich ab. Korn legten ab den ersten Takten mit Vollgas los. So drückte der brutale Bass direkt in den Magen und motivierte das Publikum zum Moshpit bis zur totalen Erschöpfung. Natürlich durften alte Klassiker wie z.B. Freak On The Leash nicht fehlen und sowohl Band als auch Publikum ließen während des ganzen Konzerts kein Zeichen von Müdigkeit aufkommen. Leider war das Konzert bereits nach einer Stunde zu Ende; bei der Energie hätte die Band locker eine Headliner Position füllen können. Ich hoffe, die Band noch auf vielen Festivals wieder zu sehen.

Als nächstes guckte ich mir Opeth an. Die schweren Progressive Metaller hauten auch ab den ersten Songs voll rein, doch ich brauchte nach ein paar Liedern eine Pause, um mich für den Rest des Abends zu stärken. Also schlenderte ich über das weitläufige Gelände vorbei an einer großen Einkaufsmeile, einer gemütlichen Schiffswerft, einem Trockendock und versteckten Buden im Grünen. Dabei stellte ich fest, dass im Vergleich zu meinem letzten Besuch 2014 das Gelände deutlich gewachsen und schöner geworden ist, was aber auch längere Fußwege bedeutet.

Am frühen Abend folgten die Metalgötter von Judas Priest. 50 Jahre Bühnenerfahrung gehen natürlich an niemandem spurlos vorüber, aber mit eingebauten kleinen Pausen um die Kräfte zu schonen, konnten Robert Halford und seine Band dennoch die Stimmung problemlos aufrecht erhalten. Zwischendurch ausruhen stand für das Publikum nicht zur Debatte, ab den ersten Liedern brodelte der Moshpit wie ein mexikanisches Chili und Crowdsurfer sausten mir über die Köpfe. Das Ganze fand dann seinen Höhepunkt bei dem grandiosen Abschluss mit Painkiller und natürlich Breaking The Law. Wirklich genial, die Jungs noch einmal sehen zu können.

Wir bleiben bei den Schwergewichten mit 50 Jahren Erfahrung – nach Judas Priest blieb ich direkt vor der Bühne stehen, um mir auch einen perfekten Platz für Kiss zu sichern. Nach etwas mehr als zwei Stunden hieß es dann auch: “You wanted the best, you got the best – KISS, the hottest band in the world!” Dieses Mal sollte es tatsächlich, im Rahmen der End Of The Road Tour, das alleralleraller letzte Konzert auf dänischem Grund sein. Angeblich sollte dies nämlich die letzte Tour sein; wir werden sehen. Die Jungs schwebten auf kleinen Plattformen hinein und es gab alle Hits und inklusive typischen Extras der einzelnen Bandmitglieder. So schoss der Spaceman mit Raketen aus der Gitarre Ufos ab, Gene Simmons präsentierte immer wieder seine lange Zunge, spuckte Feuer und schwebte über das Publikum. Das gesamte Spektakel gestaltete sich bei dem Konzert so extrem, dass der Nebel uns mitunter völlig die Sicht versperrte und wir nicht mal mehr den Nebenmann sehen konnten. Frontmann Ace ließ es sich aber auch nicht nehmen, mit dem klassischen Horseshoe übers Publikum zu gleiten. Musikalisch gab es natürlich alle Kracher, unter anderem I Was Made For Loving You, Deuce, neuere Stücke wie Psycho Circus und das ruhige Beth als Zugabe. Was den Jungs echt hoch anrechnen muss ist, dass sie sich wirklich keine sichtbare Pause gönnte. Vor ein paar Jahren, als ich sie in Hamburg auf Tour gesehen habe, musste sich jeder der Band immer mal hinsetzen, was trinken usw. Hier war von Anfang bis zum grandiosen Ende keine Pause. Zum Schluss zerschmetterte Ace dann die obligatorische Gitarre auf dem Boden und zum Abschied gab es minutenlang weiß-roten-Konfettiregen. Was für ein grandioser Abschied. Die Band hat es geschafft, ohne sich stets neu erfinden zu müssen mehrere Generationen zu begeistern und auch ein unglaublicher Abschluss für diesen zweiten Festivaltag.
Ich für meinen Teil war glücklich und platt. Am zweiten Abend klappte der Heimweg dank mehr Helfer und besserer Organisation auch noch bequemer und schneller.

Freitag – 17.06.2022

Ich kam zu den letzten Klängen von Alestorm auf den Platz. Die Partyband sorgte für eine Menge Stimmung, was das Publikum mit Freudensprüngen im Pit zum Ausdruck brachte. Vor allem der Frontmann Christopher Bowes mit seinem Umschnallkeyboard gab so richtig Gas, aberauch der Rest der Band und die aufblasbare Quietschente peitschten die Stimmung des Piratenmetalkonzerts ordentlich an.

Danach sorgten Agnostic Front auf der etwas kleiner Pandæmonium-Bühne für einen Orkan aus Staub. Bereits ab den ersten Songs gab es endlose Circle Pits. Auch wenn das von weiter weg hart aussah, wurde allen, die mal das Gleichgewicht verloren und hinfielen, sofort aufgeholfen. Trotz über 40 Jahren auf der Bühne war die Band kein wenig leise und zum grandiosen Abschluss gab es das Ramones Cover Blitzkrieg Bop.

Danach brauchte ich, wie viele Besuchende, erst einmal wieder etwas Pause und suchte mir, während Bæst auf einer der Hauptbühnen Vollgas gab, etwas zu Essen. Der Pit war völlig überfüllt und die Masse tobte ohne Ende zu den brutalen Klängen der Band. Zwischendurch meinte der Sänger aus Spaß, dass die Musik teilweise so duster sei, dass sogar er Angst bekam, aber es schien ganz so als spielten sie trotzdem gerne.

Thunder Mother spielten dann wieder auf der kleineren Pandæmonium-Bühne. Von den vier Mädels aus Schweden habe ich bisher nur aus dem Netz gehört und war recht begeistert. Wie es der Zufall so wollte, bekamen sie wegen Änderungen im Booking eine spätere Spielzeit. Dadurch gab es für mich die Chance, sie live zu sehen und ich war hellauf begeistert. Es gab feinen Old School Metal auf die Ohren gepaart mit einer frechen und handgemachten Bühnenshow. Sie brachten alle ihre Mitsinghits wie Dog From Hell, The Road Is Ours und natürlich gegen Ende das geniale Driving With Style. Für mich eines der besten Konzerte des ganzen Festivals. Einfach handgemachter Rock.

Den Abschluss des Tages bildeten dann D-A-D. Die dänischen Lokalmatadore hatten sich dieses Mal etwas ganz Besonderes ausgedacht. Zum ersten Mal gab es eine Setlist By Request des Publikums. Die ersten Titel waren Isn’t That Wild, Rim Of Hell und Evil Twin. Alles alte Kamellen die ich ehrlich gesagt gar nicht kannte, aber der völlig überfüllte Platz inkl. Hang (der zu diesem Zeitpunkt mehr einer Tribüne glich) war total verzückt.

Samstag – 18.06.2022

Der letzte Tag brach an und den Anfang machte für mich Raven Age: Auf der etwas kleiner Pandæmonium-Bühne ging es gehörig ab. Die Band um George Harris (Iron Maidens Mitglied Steve Harris Sohn) präsentierte feinsten klassischen Rock gewürzt mit ordentlichen Tempoelementen. Einfach ordentlich drauf und Vollgas.

Danach folgten auf der Hauptbühne die Hellacopters. Die schwedische Band kannte ich bisher nur vom Hörensagen. Auch hier gab es guten klassischen Rock. Leider hatte die Band immer wieder technische Probleme, vor allem mit dem Bassverstärker, weswegen das Konzert mehrfach pausiert werden musste. Das Publikum blieb bei der knallenden Sonne allerdings sehr entspannt.

Einer der absoluten Höhepunkte war dann die ukrainische Band Jinjer. Der Ansager wies darauf hin, was gerade im Heimatland der Band los ist, aber dass wir uns auf dem Festival versammelt haben, um die Sorgen der Außenwelt zu vergessen und alles einmal auf Pause zu setzen.
Die Band um die charismatische Powerfrontfrau Tatiana Shmailyuk legten ab den ersten Takten mit voller Inbrunst los. Das Publikum dankte es mit endlosen Circlepits und einer Lawine aus Crowdsurfern. Für mich wurde es dann auch im Pit zu hitzig sodass ich den Rest des Konzerts von der Seite genoss.

Darauf folgte auf der Hauptbühne das Schwergewicht Mastodon. Hier gab es instrumentallastigen, behäbigen progressive Rock, bei dem es nichtsdestotrotz ordentlich abging. Die ersten zwei bis drei Reihen, in denen ich stand, wurden immer wieder hin und hergeschoben und beinahe in den Riesenstrudel des Circlepits mitgerissen. Auch hier gab es Crowdsurfer ohne Ende, wobei diese immer wieder direkt hinter uns hochgereicht wurden und dann schnell danach vor dem Zaun ankamen.

Auf derselben Bühne spielten später auch Headliner Iron Maiden, sodass ich beschloss, gleich vorne stehen zu bleiben. Die lange Wartezeit war echt hart aber das Warten hatte sich gelohnt. Iron Maiden enttäuschten nicht, wobei ich erst mal die ersten drei bis vier neueren Lieder inkl. Senjutsu, Stratego und The Writing On The Wall vom neuen Album überstehen musste. Die Stimmung war gigantisch, aber auch brutal. Niemand in den ersten Reihen wollte vom hart erkämpften Platz weichen und von hinten wurde ordentlich geschoben und von oben Crowdsurfer durchgereicht. Die vor allem jüngeren Gäste um mich herum erlebten alle Emotionen von Freudentränen, Angst vor der gepackten Menschenmenge und der Trauer, dass das Festival bald vorbei sein würde. Zwischendurch wurde es für mich auch immer mal etwas brenzlich, doch dank Freunden, die ich auf dem Festival kennengelernt hatte, wurde ich immer mal davor gerettet, zu fallen. Gegen Mitte des Konzerts kamen dann endlich meine Lieblingssongs wie Blood Brothers und Sign Of The Cross. Es folgten dann zwei Zugaben wobei das Konzert mit Aces High abgeschlossen wurde, für das ein riesiger Jagdflieger über der Bühne schwebte. Nach diesem Song ging das Licht nicht gleich an und alle waren unsicher, ob da noch was käme oder nicht. Nein, leider nein, die Veranstalter machten zum Schluss noch mal eine Ansage, bevor das klassische Maiden Abschlusslied Always Look On The Bright Side Of Life kam.

Ich war völlig kaputt und als ich verdient den Heimweg antrat stimmte der Sänger von King Diamond zum Konzert mit seinem Bandprojekt Mercyful Fate an.

Fazit: Nach so einer langen Pause war das Copenhell Festival 2022 ein herrlicher Vollgasstart zurück zu alten Festivaltagen. Und was soll ich sagen, ich glaube nicht dass ich jemals noch ein mal ein solches Lineup auf einem Festival erleben darf – Grandios!

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