Anläßlich des Neuen Albums von MELOTRON „Sternenstaub“ war der Sänger Andy Krüger bereit, uns ein Interview zu geben.

Eniz: Seid gegrüßt.

Zunächst einmal möchte ich mich dafür bedanken, dass Ihr euch die Zeit genommen habt, ein Interview für unsere Leser zu geben. Euer neues Album „Sternenstaub“ erscheint ja am 6. Oktober. Wie lange habt Ihr daran getüftelt?

Andy Krüger: Im Guten und Ganzen waren es um die 6 Monate, vom Schreiben der Songs, den ersten Demoproduktionen bis hin zur Studioproduktion. Alles in allem ging es also relativ schnell. Wir hatten einen guten Lauf, wir haben ihn immer noch. ;-)

Eniz: Das ist nun Eurer insgesamt 16. Werk. Und Euch gibt´s ja schon seit 1995 als MELOTRON. Es ist natürlich nur eine rhetorische Frage, was Euch dazu bewegt, Musik zu machen. Wollt Ihr Eure Ansichten weiterverbreiten oder ist es der pure Spaß an der Musik?

Andy Krüger: Anfangs war es die reine Neugierde auf die Musik und die Bühne. Es hatte keinen ernsten Hintergrund.

Wir haben uns einfach ausprobiert, andere Songs vergewaltigt, naja das Übliche, wenn man 14 Jahre
alt ist. ;-) Später nach den ersten Erfolgen kam dann die Idee, Musik professionell zu machen, sprich
Platten zu produzieren und zu touren. Erst heute merken wir, auf welches Spiel wir uns da eingelassen
haben. Es ist zum Fulltime-Job mutiert. ;-) Aber das ist OK!

Das Bedürfnis unsere Ansichten zu verbreiten haben wir nicht vordergründig, aber als Künstler sollte man
ab und zu seine Meinung äußern. Schließlich haben wir die Chance dazu. Es darf halt nicht nach dem erhobenen Zeigefinger aussehen. ;-) Wir sind auch nur Menschen.

Eniz: 16 Veröffentlichungen… ganz schön fleißig. Diagnose: Workaholic?

Andy Krüger: Im Moment sieht es fast so aus. Als wir aus den USA zurückkamen, wir waren 4 Wochen am Stück unterwegs, ging es direkt ins Studio, um “Sternenstaub” fertig zu stellen. Jetzt geht es wieder für ein halbes Jahr auf Tournee und dann wieder ins Studio. Oh, ich merke gerade wir sind Workaholiker. ;-)

Nein sind wir nicht, andere Menschen arbeiten jeden Tag ganze 8 bis 10 Stunden, das ist schlimmer. ;-)

Eniz: Seit fast nun mehr 10 Jahren gibt´s es Euch. Wenn man bestimmte Electro-Formationen anschaut, die genauso schnell aus dem Erdenboden hervortauchen, ehe sie wieder verschwinden, seid Ihr schon alte Hasen in diesem Geschäft. Habt Ihr die Befürchtung, dass Ihr auch irgendwann still und leise vergessen werdet?

Andy Krüger: WIR ? Nein, niemals. ;-) Das geht schon gar nicht, weil wir sonst gar nicht wüssten, was wir tun sollen.

Unser Vorteil war, dass wir halt mit 15 Jahren angefangen haben, Musik zu machen. Und solange
das Spaß bringt und wir davon leben können, kann man mit uns rechnen. Es geht seit der ersten
Veröffentlichung bergauf. Es gibt also keinen Grund, aufzuhören. Im Gegenteil, wir fangen gerade
erst richtig an.

Eniz: Um die obere Frage noch mal aufzugreifen: Meint Ihr, dass sich die Electro-Szene verändert hat?

Andy Krüger: Sie verändert sich ständig, wie alles im Leben. Alles ist ein Prozess. Ob zum Guten oder Schlechten, das kann ich nicht sagen, aber verändern tut sie sich ständig. Dennoch bin ich froh, dass es immer noch alte Hasen gibt. Ich meine aber nicht uns. Wir sind weder Hasen noch alt.

Sie muss sich auch unbedingt weiterentwickeln. Stillstand bedeutet Tod.

Eniz: Wenn ja, was haltet Ihr von dem sogenannten „Weiberelectro“ a la VNV Nation? Meint Ihr, dass die Musik zunehmend „weichgespült“ wird und dass einschlägige Band, wie Nitzer Ebb z.B., die sehr aggressiven EBM gemacht haben – dass diese Zeit endgültig vorbei ist?

Andy Krüger: “Weiberelectro” ist OK, EBM ist OK, alles ist OK. Ich mag diese Eingrenzungen nicht. Bei Melotron gibt es von jedem etwas. Aber auf deine Frage bezogen, es ist halt immer der Geschmack der Leute. Irgendwann haben sie von allem genug und dann kommt wieder das, was schon mal war. So einfach ist das, wie in der Mode, wie im normalen Leben.

Nein, die Zeit harter elektronischer Musik ist nicht vorbei, es wird wieder dahin tendieren. Wann, weiß ich nicht. ;-)

Eniz: Eurer bekanntester Song ist ja „Dein Meister“, welcher 1998 erschienen ist (und der tatsächlich in manchen Clubs immer noch läuft, was ich persönlich wirklich toll finde). Ist es eigentlich schwer, sich von den Schatten der Vergangenheit zu lösen und außer diesem Hit auch die anderen Songs mit Clubhit-Charakter zu präsentieren, bzw. dass diese sich in die Loge einreihen?

Andy Krüger: Melotron haben damit “Kein Problem”. “Dein Meister” eignet sich einfach für den Club. Danach gab es aber auch noch den Song “Brüder”, der viel erfolgreicher war und am 8. September erscheint der nächste
Clubkracher von Melotron.

Andere Bands mögen sich damit schwer tun, aber man muss immer nach vorne schauen und sollte sich
nicht selbst kopieren. Wie gesagt, ein neuer Song wie “Dein Meister” wäre Stillstand für uns.

Eniz: Daneben hattet Ihr mit „Brüder“ (Gastgänger: Dennis Ostermann von ISC) 2001 einen recht ansehnlichen Tanzflächenfüller. Darf man in Zukunft mit weiteren Gastsängern rechnen? Auf „Sternenstaub“ habe ich jetzt beim Hören keinen entdecken können. Aber ich muss auch dazu sagen, dass „Brüder“ auch kein typischer Melotron-Song war. Ein Experiment also?

Andy Krüger: “Brüder” ist schon ein typischer Melotron-Song, nur durch die Stimme vom Ostermännchen wirkt er ganz anders. Das ist das Geheimnis. ;-) Auf “Sternenstaub” haben wir bewusst nicht mit Gastmusikern gearbeitet, genau weil viele das erwartet haben. Dennoch haben wir da immer wieder Lust drauf und
das nächste Album ist schon in der Planung, zumindest in unseren Köpfen.

Eniz: Es ist ja so, dass viele Leute nur diesen Song kennen und manchmal die anderen Songs nicht wahrnehmen (wollen). Belastet das einen? Oder nehmen Eure Fans auch anderes, neueres Material an?

Andy Krüger: Unsere Fans haben damit kein Problem. Ich gebe dir aber Recht, dass eine Band wie Melotron zum Anfang Startschwierigkeiten hatte. Das liegt vor allem daran, dass wir ausschließlich in Deutsch singen.

Das kannte man aus dem Elektropop nicht wirklich. Zum Glück ist diese Zeit vorbei und die Leute
sind Melotron viel aufgeschlossener gegenüber als in der Vergangenheit.

Eniz: Kommen wir zu Eurem neuen Album. Mir persönlich gefällt „Kein Morgen“ am besten. Ich mag vor allem die Zeile: „Keine Gnade, Kein zurück mehr. Soll die Welt doch untergehen“. Wollt Ihr wirklich, dass die Welt untergeht? Und meint Ihr, dass es sich eigentlich nicht mehr lohnt, auf dieser Welt zu existieren, wenn man den ganzen Terror in den Nachrichten sieht?

Andy Krüger: Nein! Mutti Erde soll mal noch ein bisschen machen. ;-) So schlimm meinen wir es gar nicht. Wir haben sogar richtig Spaß am Leben. Und es lohnt sich auf dieser Erde zu leben und für eine Sache zu kämpfen,
an die man glaubt. Die Kehrseite ist halt, dass dieser Glaube oft missbraucht wird, für ach so edle Taten,
sowohl auf der einen Seite als auch auf der anderen.

Der Song ist eigentlich mehr ein Partysong, nutz den Augenblick, es gibt kein Zurück mehr.

Eniz: Verglichen mit „Weltfrieden“ schon etwas paradox, oder?

Andy Krüger: “Weltfrieden” war mehr plakativ gemeint. Er ist nach wie vor eine Illusion, aber wir können daran arbeiten,
diese Illusion wahr zu machen. “Sternenstaub” setzt irgendwo da an, wo “Weltfrieden” auf hört, nämlich in den Sternen. ;-)

Eniz: Was bedeutet eigentlich „NGC 1005“, das 10. Lied auf dem Album, was neben dem Opener „Sternenstaub“ das zweite Instrumentalstück ist? Ich würde auf eine Bezeichnung eines Keyboards oder eines Synthies tippen.

Andy Krüger: Richtig müsste es NGC 1006 heißen. Das ist ein Druckfehler auf unserer Promo-CD. So werden Galaxien benannt. Sie werden nicht mit Namen versehen, sondern mit Nummern. Wir haben uns für diese Galaxie
entschieden, weil am 6.10. unser neues Album veröffentlicht wird. ;-)

Wir wollten diesem Stück aber auch einen galaktischen Namen geben, weil es sehr viel Atmosphäre besitzt. Das ist alles, also dieses Mal kein Synthie. ;-)

Eniz: Habt Ihr daran gedacht, mal wieder englisch zu singen? Wie zu „The Vermin“-Zeiten?

Andy Krüger: Ja, da denken wir ständig dran. Auch unsere amerikanische Plattenfirma fragt uns das. Aber wir sehen
keinen Grund dafür, englisch zu singen. Melotron sind ja auch darum erfolgreich, weil sie konsequent
in Deutsch singen. Wir wissen es nicht, aber ich denke es bleibt immer deutsch.

Mal eine Gegenfrage : Warum machen wir das Interview eigentlich in Deutsch und nicht in Englisch? ;-)

Eniz: Wenn ich ein Resumé ziehen soll, finde ich, dass Eure Songs schon was sehr Melancholisches haben. Ist das das Erfolgsrezept von MELOTRON? (Wenn nicht, werdet Ihr es mir sicher nicht verraten ;-)).

Andy Krüger: Ja, unsere Songs sind manchmal sehr melancholisch. Das ist aber nicht unser Erfolgsrezept, sondern einfach unsere Art, uns auszudrücken. Ich würde uns als “Himmel hoch jauchzend, zu Tode getrübt”
bezeichnen. Im Moment ist aber alles wunderbar.

Ein Erfolgsrezept gibt es bei uns tatsächlich. Im Ernst, aber sagen tue ich es nicht, aber so etwas gibt
es bei uns!

Eniz: Ihr habt in den letzten Jahren ja u.a. durch die USA, Kanada, Skandinavien und Osteuropa getourt. Und Eure neue Tour führt Euch auch u.a. nach Italien und Griechenland. Da Ihr nun allerdings nur in Deutsch singt – wie kommt Ihr im Ausland bei den Fans an?

Andy Krüger: Da haben wir es wieder. ;-) Es gibt keine Sprachbarriere, jedenfalls nicht im Fall von Melotron. Das
wird den Leuten oft erzählt, aber wir kommen unglaublich gut an. Es nimmt gerade im Ausland immer mehr zu. Die Tour führt uns auch nach Israel, Ungarn, Belgien, Polen und viele andere Länder.

Die meisten verstehen ja auch nicht so gut englisch, wie man meint. ;-)
Wir sind quasi Exoten für die Menschen dort. Deshalb kann es funktionieren.
Bei uns tut es das.

Eniz: Und wenn wir grad dabei sind: Was ist der Unterschied zwischen den deutschen Fans und den ausländischen? Und wo fühlt Ihr Euch eher wohl?

Andy Krüger: Das kann man nicht so in Grenzen fassen. Es gibt gute und schlechte Konzerte in allen Ländern.

Als wir jüngst aus den USA zurückkamen, haben wir uns sehr auf Deutschland gefreut.

Und im Moment brennen wir darauf, wieder hier zu spielen. Wir waren in diesem Jahr mehr im Ausland
unterwegs als in Deutschland.
Wir fühlen uns überall wohl, selbst wenn´s ein schlechtes Konzert war, geht das Leben und die Party danach weiter. ;-)

Eniz: Und die Frage zum Schluss: Wie habt Ihr Euch während der Jahrhunderthitze abgekühlt?

Andy Krüger: Haha, leider gar nicht, denn genau in dieser Hitze haben wir “Sternenstaub” fertiggestellt. ;-(
Und im Studio war es noch heißer. ;-)

Eniz: Ich bedanke mich für Eure Geduld und hoffe, dass das kleine Interview hier Euch Spaß gemacht hat. Euch bleibt das letzte Wort. Macht´s gut und weiterhin noch viel Erfolg.

Andy Krüger: Das letzte Wort: Leute, weitermachen, an das Gute glauben und nutzt den MOMENT. Das Leben ist wirklich kurz. ;-) (Das soll ja jetzt nicht heißen, dass ihr nur Party machen sollt und wilde Orgien feiert, nein, bleibt auf jeden Fall gesund).

Autor: Eniz

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