Donnerstag der 28.07. war einer heißesten Tage im dänischen Sommer – Gegen Nachmittag zeigte das Thermometer mehr als 30 Grad an und deswegen entschieden wir uns den Abend langsam angehen zu lassen. Die Anreise ging vorbei an netten Polizisten und daneben dicht an dicht geparkten Fahrrädern, die auf den letzten hundert Metern den Straßengraben säumten. Endlich wieder Tinderbox Festival!
Auf die Idee in Ruhe relativ spät anzureisen kamen anscheinend auch einige andere tausend Besucher und so verbrachten wir die erste halbe Stunde leider erst ein mal mit Warten am Check-In. Ich bekam langsam Hummeln in den Hintern, weil ich doch endlich fotografieren wollte, doch dazu später.

Zuerst ging es jedoch eine Tour am Merchandise Stand vorbei, bei dem es von Basecaps bis T-Shirts alles gab. Für mich gab es als wichtiges Souvenir ein Depeche Mode T-Shirt.
Dann kamen wir endlich auf den heiligen Hauptplatz des Tinderbox Festivals. Uns gegenüber das stolze Riesenrad und rechts und links die gigantischen Bühnen mit großer Lautsprecheranlage und noch beeindruckenderen Videoleinwänden.

Als erste Band begrüßten uns die Prophets Of Rage. Die Superband aus Mitglieder von Rage Against The Machine, Cypress Hill und Public Enemy ließ es von den ersten Takten an krachen. Obwohl auf den Videoleinwänden gebeten wurde keinen Moshpit zu starten, stieg bereits nach den ersten Minuten eine meterhohe Staubwolke am Bühnengraben empor. Nicht nur das Publikum hatte seinen Spaß, auch wir Fotografen hatten unsere wahre Freude mit Tom Morello und Co. Denn die Jungs aus den USA posierten was das Zeug hielt. Doch nicht nur optisch hielt mich Tom Morello in Bann. Der Gitarrist von Rage Against The Machine überzeugte nicht nur durch seine politischen Botschaften auf einem Zettel an seiner Gitarre sondern auch weil er wirklich ein Gitarrengott des Alternative Metal und Crossoverrock ist. So spielte er unter anderem einfach mal ein Solo auf dem Stecker seiner Gitarre und ließ die Finger nur so über die Saiten fliegen. Das Publikum bedankte sich mit noch mehr Action und Stauborkan.
Die Hits der Superband waren schon ganz fett, so gab es unter anderem den Titel Prophets Of Rage. Doch richtig ab ging es dann als Lieder der einzelnen Bands des Jungs angestimmt wurden.
So gab es unter anderem von Cypress Hill klassischen Hip Hop mit Insane In The Mad Brain. PLUS Rage Against The Machines – Guerilla Radio und als Rausschmeißer das bekannte Killing In The Name.
Was für ein Konzert auf dem Tom wirklich durch sein ausgefeiltes und verrücktes Gitarrenspiel a lá Jimmi Hendrix bestach.

In Ruhe begaben wir uns dann zur Schwesterbühne auf der Iggy Pop sein bestes geben sollte. Nach einem musikalischen Intro vom Band kam der Meister endlich heraus. Seine Haut war braun gebrannt und zäh wie das Leder eines Schulranzen, die Stimme tief und der Rücken schon deutlich zur Seite gekrümmt. Doch keinen Grund Leise zu seien oder für die Rockerrente. Er legte sofort mit Vollgas los. Für uns Fotografen gab es zwar nur zwei anstatt der üblichen drei Songs, doch der Meister „flitze“, wie immer mit freiem Oberkörper an uns vorbei und präsentierte dem Publikum nicht nur seinen Gesang sondern auch seinen von der Zeit gestalteten Körper. Titel 3 und 4 waren dann natürlich die bekannten Hits The Passenger und Lust For Live. Die Fans hingen förmlich an seinen Lippen und ohne Pause sprang er fast 1,5 Stunden auf und vor der Bühne herum. Zum Schluss gab es dann Real Wild Child. Wirklich grandios ein lebendes Fossil des Rock ein mal live zu sehen. Ein echtes Wunder wie fit der 71-jährige, trotz seinem mindesten früher doch sehr exzessiven Lebenstils, noch ist.

Bereits während der letzten halben Stunden des Konzerts machten sie die meisten Festival Besucher auf den Rückweg zur anderen großen Bühne, denn dort sollte bald Depeche Mode auftreten. Wir ließen uns etwas mehr Zeit und ergatterten gemütlich einen recht bequemen Spot vor dem Wellenbrecher im Publikum. Ich hatte die Kamera bereits weggepackt, denn es gab nur Fotopässe für einige auserwählte Fotografen. Die Fans tranken noch in Ruhe Bier/Schnäppse, unterhielten sich gemütlich und begrüßten ihre Freunde bevor dann endlich die großen Videoleinwände die marschierenden Stiefel des Intros zur aktuellen Global Spirit Tour zeigten. Dann lieferten Dave Gahan und seine Kumpanen einen Hit nach dem anderem. Kracher wie Strip, A Question Of Lust und Personal Jesus durften dabei nicht fehlen. Neben Livebildern von der Bühne gab es auch immer wieder kunstvoll produzierte Kurzfilme auf dem Hauptmonitor zu den Songs. Z.B. zu Walking In My Shows wurde die Konzertvorbereitung einer Dragqueen gezeigt während sich Dave in bekannter Manier auf der Bühne räkelte und sich immer wieder mit seinem Mikrofonständer vergnügte. Doch auch Martin Gore, der Gitarrist der Band, der ja eher als scheu bekannt ist, hatte immer wieder seine großen Momente mit Gesang und Gitarrensoli. Besonders überrascht war ich vom dem perfekten Sound der Band, der auch ohne Schallschutz in den Ohren, wie von CD klang und keine Spur zu laut war. Nach knapp 80 Minuten legten die Band dann 5 Minuten Pause ein, bevor sie dann noch ein mal auf die Bühne kamen. Zum krönenden Abschluss gab es den 80-Jahre Klassiker I Just Can´t Get Enough bei dem das Publikum noch lange weiter die Melodie des Refrains sang, auch als sich die Band bereits verbeugt und verabschiedet hatte.
Gegen Mitternacht traten wir dann, wie viele andere tausend Gäste den geordneten Rückzug an. Die vierspurige Straße verwandelte sich in einen friedlichen Lindwurm aus Menschen und Fährrädern, die in Glücksmomenten schwelgend, dem heimischen Bett entgegensteuerten.

Besonders zu erwähnen ist natürlich noch die Elektrobühne Magic Box. Dieser feste Bestandteil des Festivals ist im Bereich des Freibands aufgebaut und präsentierte auch in diesem Jahr internationale Künstler, wie z.B. Kato.
Doch nicht nur bei Musik und Sound wird hier alles gegeben, auch das Bühnendesign wird jedes Jahr überarbeitet. In diesem Jahr glich die Konstruktion einem Märchenschloss, wie aus einem Hans-Christian-Andersen-Märchen.

Wir landeten dann alsbald im Bettchen und mit etwas Klingeln in den Ohren freuten wir uns noch die ganze Nacht beim Eröffnungstag des Tinderbox 2018 dabei gewesen zu sein. (Aufgrund von anderen Terminen blieb es nur bei diesem einen Tag.)

 

Text: Nathalie Schümchen

Fotos: Stephan Wüstenhagen

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