Jethro Tull Ministrel Ist denn schon Weihnachten? Das fragte ich mich als ich die 40th Anniversary: La Grande Édition von Jethro Tulls Ministrel In The Gallery ausgepackt habe. Ein Buch mit 2 CDs und 2 DVDs und 80 Seiten erwartete mich da. Was ich vom üppigen Inhalt halte, könnt ihr nun hier lesen.

Artwork: Die Deluxe Edition kommt in einer buchartigen Aufmachung. Auf dem Cover des „Buches“ gibt es ein mittleralterliches Motiv in Form einer Schwarz/weiß-Zeichnung und auf der Rückseite eine Inhaltsübersicht. Im 80-seitigen Booklet gibt es eine Menge Bandfotos, Archivbilder und Hintergrundinformationen zum Album, sowie der damit verbundenen Tour.

Tonqualität: Die CD 1 im neuen Stereo Remix ist von der Tonqualität her schon sehr beeindruckend. Fast durchgehend klingt das Album wie neu eingespielt. Nur ab und an hört man mal ein leises Knistern oder einen schwachen Ton heraus. Man muss sich allerdings schon sehr anstrengen, um dem Album sein Alter anzuhören.
DVD 1 bietet Ministrel In The Gallery im 5.1 Surround und Stereo Remix von Steven Wilson. Zusätzlich gibt es aber auch den 1975er Stereo und Quad Mix. Hier bleibt kein Auge eines Audiophilen Trocken. Alle Spuren sind extrem gut und besonders die neuen Abmischungen machen einfach Spaß.
Die CD 2 von der Liveaufnahme ist auch absolut top. Das gilt auch für die DVD 2, bei der es auch den Stereo und zwei verschiedene 5.1 Abmischungen gibt.

Musik: Die CD 1 beginnt mit „Ministrel In The Gallery“. Hier folgt nach einer kurze Ansprache direkt der markante Gesang von Ian Andersen gemischt mit dem genialen Querflötenspiel von wem?. Das Stück hört sich mit der Akustikgitarre wie ein mittelalterliches Musikstück an. Nach knapp zwei Minuten ist es dann aber mit der Ruhe vorbei, denn da wird die E-Gitarre angeworfen. Da gibt es dann Hendrix-artige Gitarrenriffs während auch der Rhythmus des Schlagzeugs immer komplexer wird. Beim zweiten Titel „Cold Wind To Valhalla“ wird dann mal richtig aufs Gaspedal gedrückt. Der Rhythmus ist schnell und doch genauso komplex wie beim ersten Titel. Dazu rückt das Querflötenspiel noch deutlicher in den Vordergrund. „Black Satin Dancer“ ist dann eine langsame Liebesballade. Hier gibt es dazu musikalisch eine wundervolle Mischung aus Piano, Streichern und dem wundervollen Gesang des Frontmanns. Beim mehrmaligen Hören fällt zusätzlich der ausgefeilte Basslauf und die E-Gitarre auf, die sich zeitweise einen kleinen Wettkampf liefern. Beinahe wie ein Schmetterling taucht dann noch zusätzlich das Querflötenspiel auf. Beim Querflötenspiel sollte der musikalische Feinschmecker unter euch auch ein mal genau auf die Atemgeräusche hören – denn im Gegensatz zu vielen Einspielungen klassischer Musik werden die Atemgeräusche nicht herausgeschnitten oder unterdrückt. Viel mehr setzt Ian Andersen als Stilmittel ein, welches sicher sich teilweise wie ein sehnsüchtiges Schluchzen anhört. Das Lied ist wirklich ein geniales Meisterwerk. „Requiem“ ist eine sehr klassisch angehauchte Ballade. Die spanische Gitarre säuselt sich zusammen mit den Streichern sanft ins Ohr des Hörers und lässt viel Platz zum Träumen. Weiterhin reiht sich ein fantastisches Lied an das nächste, um aber die Rezension nicht unendlich lang werden zu lassen, springe ich direkt zu Titel 18. Der Abschlusstitel der ersten CD ist eine meiner Liebelingsrocknummern aller Zeiten. „Aqualung“ – dieses Lied ist einfach episch. Es beinhaltet wahnsinnige Tempowechsel, E-Gitarre, Streicher, Querflöte und den etwas jammernden bzw. krächzenden Gesang von Ian Andersen. Bei dieser BBC Version gibt es stellenweise neben wahnsinnigen Gitarrenriffs auch klassischen Klavierakkorden als dominante Elemente. Nach knapp 4 Minuten prescht aber die E-Gitarre von Martin Barre einfach mal im Alleingang durch. Die 8-Minuten-Mammutversion sollte man wirklich in ordentlicher Lautstärke genießen und sich schon mal im Voraus bei den Nachbarn entschuldigen.

DVD 1 Hier bekommt der Hörer eine überwältige Auswahl an Abmischungen bzw. Abspielmöglichkeiten. Dabei sind besonders die 5.1 Abmischungen der Songs zu erwähnen. Während ich die DVD so laufen lasse, bekomme ich wirklich das Gefühl, mitten im Konzertsaal zu sitzen. Nur selten habe ich eine so gute 5.1 Abmischung eines Albums gehört. Da kommen wirklich nur einzelne Titel von Depeche Mode und Dream Theater heran. Das Klangerlebnis ist wirklich unglaublich und ich habe die DVD wirklich erst nach einigen Stunden wieder aus dem Player nehmen wollen.

CD 2 Hier gibt es die Tonaufnahme vom Live Konzert der Ministrel In The Gallery Tour vom 5. Juli 1975 in Paris. Die Rezension des Audio Materials kommt hier bei der DVD.

DVD 2 beinhaltet das Konzert vom 5. Juli in 3 verschiedenen Audioabmischungen. Die 5.1 DTS Variante ist wirklich beeindruckend. Leider gibt es hier fast kein Konzertvideomaterial, stattdessen ist das Ganze mit Fotos des Konzerts hinterlegt. Natürlich dürfen auf der bei dieser Aufnahme „Ministrel In The Gallery“, „Aqualung“ und „Locomotive Breath“ nicht fehlen. Es lohnt sich wirklich, das Konzert von Anfang bis Ende zu hören. Besonders bei „Aqualung“ hört man die Variationsbreite der Band heraus. Gerade bei dieser Liveaufnahme ist der Song nicht ganz so rockig hart, sondern beinahe entspannt mit Klavierbegleitung.
Wenn man doch etwas vom kompletten Konzertfeeling spüren möchte, dann gibt es noch die Promo Ton- und Videoaufnahme von Ministrel In The Gallery vom 6. Juli 1975. Musikalisch wird das Lied vom immer und immer wieder Hören einfach nur besser. Als Leckerbissen könnt ihr Ian Andersen in seinem rattenscharfen Strumpfhosenoutfit sehen!

Fazit: Nach fast 40 Jahren gibt es für Jethro Tull Fans die Special Edition vom Album Ministrel In The Gallery. Auf zwei CDs und DVDs gibt es sowohl das Studio Album und ein Konzert der Tour. Für mich sind besonders die verschiedenen Abmischungen genial. So kann man das komplette Material auch einmal in der neuen 5.1 Abmischung geniessen. Musikalisch waren Jethro Tull mit Ian Andersen an der Spitze schon immer ihrer Zeit voraus. Besonders die Mischung aus dem Progressiven Rock und seinem fast klassischen Querflötenspiel macht den Sound der Band aus. Die CD ist wirklich jedem Rockfan ans Herz zu legen – hier könnt ihr ein Stück Rockgeschichte hautnah spüren.

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