Die Göttinger Rock-Band „Boskop“, die jüngst mit ihrer ersten EP „Musik nervt!“ (mindbreed berichtete) am Start sind, haben in diesem Sommer so einige Pläne. Sänger Stefan Goebel und Gitarrist Oliver Fritzen standen uns Rede und Antwort.

Eniz: Euch gibt’s ja nun seit dem Sommer 2005. Habt am Local Heros Bandcontest teilgenommen und tretet gelegentlich in einigen Clubs auf, die sich auf das Regionalgebiet in und um Göttigen herum ausbreitet. Guano Apes haben es vor einigen Jahren ähnlich gemacht. Setzt ihr eure Ziele ähnlich hoch?

Oliver: Klar, auch wir wollen uns spätestens nach dem zweiten Majorlabel-Album heillos zerstreiten und auflösen. Steht schon so in der Agenda die im Probenraum an der Wand hängt!

Stefan: Naja, jeder träumt ja irgedwie vom großen Durchbruch, aber wir sehen das ganz entspannt. Wär schon was feines, wenn uns irgendwer auf seinem Label produzieren will, aber wir biedern uns da nicht unbedingt an. Die Apes sind da anders vorgegangen, die hatten schon ein fertig produziertes Album in der Schublade, als sie bei Local Heroes mitgemacht haben. Keine schlechte Taktik. Für uns gilt bis auf weiteres aber erstmal dasselbe wie für alle bissigen Hunde: Wir wollen doch nur spielen!

Eniz: Wie würdet ihr Eure Musik jemanden beschrieben, der den Namen „Boskop“ mit einer Apfelsorte in Verbindung bringt?

Oliver: Wir würden sagen dass wir Indiestromgitarrenpop machen, dass man sich darunter vorstellen könnte was man wolle, es aber besser wäre, zu einem unserer Konzerte zu kommen, und dass die Musik mit dem Bandnamen eigentlich rein gar nichts zu tun hat.

Stefan: Du ja hast recht, Boskop ist eine Apfelsorte!

Eniz: „Indiestromgitarrenpopband“, wie ihr Eure Musik selbst betitelt, klingt ja erstmal ziemlich weitgefächert… Wenn ich mir Eure Musik so anhöre kommen mir manchmal Assoziationen zu Revolverheld. Oder was würdet ihr sagen, wenn jemand – beispielsweise ein Autor eines Onlinemagazines – Euch fragen würde, was eure Vorbilder sind?

Oliver: Ich persönlich mag Revolverheld überhaupt nicht, kann die Assoziation aber gut nachvollziehen. Revolverheld machen Popmusik mit elektrischen Gitarren und eingängigen Songs, und sowas versuchen wir eben auch. Außerdem die deutschen Texte, die wir ja auch bei einigen Stücken haben.

Stefan: Gegen Revolverheld hab ich nix. Ich kenne si nur aus dem Radio und wenn die live ein paar mehr Eier haben, dann hab ich auch gegen den Vergleich nix.

Auf die Frage nach den Vorbildern, würde ich den Online-Redakteur erstmal fragen, ob irgendwer außer einer Jimi Hendrix Cover Band schonmal eine klare Antwort gegeben hat. Dann würde ich sagen, dass es zwar viele Leute gibt die ich super finde, aber ich mich noch nie gefragt hab, nach wem sich jetzt bitteschön unsere Mucke anhören soll. Wenn der Autor dann noch nicht zufrieden ist, würde ich um des lieben Friedens willen Dave Grohl, Maximo Park und die Beatsteaks nennen und hoffen, dass er es dabei belässt…

Eniz: Im Zuge von Silbermond, Juli usw spriessen die deutschsprachigen Band ja wie die Pilze aus dem Boden. Ihr hingegen vermischt es mit deutschen und englischen Texten. War das von Anfang an so geplant?

Oliver: Nein, geplant bestimmt nicht. Gestartet sind wir mit einer handvoll Songs auf Englisch, und irgendwann war da „Dreiminutenlicht“ , das uns eindeutig zu schade war, um es einer Festlegung zu opfern. Seitdem fahren wir zweigleisig, vor allem weil wir eigentlich keine Lust haben und auch keine Notwendigkeit sehen, uns für eins von beiden zu entscheiden.

Eniz: Würdet ihr sagen, dass Südniedersachsen ein guter Ort ist zum Musikmachen? Was für Reaktionen habt ihr vom Publikum erhalten?

Stefan: Prinzipiell ist erstmal jeder Ort ein guter Ort um Musik zu machen. Wenn Du die Musikszene meinst, dann hat Göttingen natürlich seine Vor- und Nachteile. Es gibt zwar recht viele Bands, aber nur wenige bespielbare Locations und die Proberäume sind auch recht rar gesäht. Vor allem wegen der vielen Studenten aber durchaus ne große Nachfrage nach Live-Mucke, was es gerade für Rookies wie uns recht einfach macht was auf die Beine zu stellen. Ich bin sehr zufrieden hier.

Oliver: Göttingen hat diese heimelige Nestwärme, die Provinzstädte in Insellage oft verbreiten. Man kennt sehr schnell jeden Laden, jede Auftrittsmöglichkeit und viele andere Musikerkollegen. Das erleichtert einem das Networking und gibt einem auch irgendwie ein gutes Gefühl. Ich jedenfalls hab diese Provinzialität auch nie als Manko empfunden.

Eniz: Ein bevorzugtes Musikinstrument was ihr benutzt ist das Megaphon. Ist die Stimme des Sängers nicht laut genug?

Oliver: Doch, das Megaphon sorgt aber für den Krawallfaktor. Damit man uns nicht für zu brav hält.

Stefan: Danke, Olli. Ich benutze das Ding ja auch nicht die ganze Zeit. Ich denke es ist ein ganz cooler Effekt, der sich außerdem als sowas wie ein Markenzeichen etabliert hat. Hat eben nicht jeder so ein schönes Megafon.

Eniz: Dafür, dass ihr Euch erst vor knapp zwei Jahren zusammengefunden habt, habt ihr bereits eine EP namens „Musik nervt!“ gemacht. War das ein schwieriger Prozess?

Oliver: Ja, ist es immer wenn vier Leute was zusammen machen was ihnen wichtig ist – Musik eben – und jeder zu allem eine Meinung hat. Die Songs sind so peu a peu über´s Jahr entstanden, deswegen verwischt sich dort der Eindruck von Entstehungsstress am ehesten. Irgendwann war die Zeit reif, es aufzunehmen, und das ist immer ein intensiver Prozess, weil die Studiozeit knapp und teuer ist, die Möglichkeiten begrenzt sind, man tagelang aufeinander hockt und man eben doch den Anspruch an sich hat, am Ende was Großes gemacht zu haben.

Stefan: Als wirklich stressig empfand ich eigentlich nur die ganze Mischerei, wo jeder was anderes hört und am ende keiner mehr weiß, wie es am Anfang geklungen hat. Es dauert, wenn sich vier Leute auf einen Mix einigen müssen. Da ist es wahrscheinlich doch einfacher, wenn man nen Produzenten hat. Das Aufnehmen selber war zwar auch anstrengend, hat aber trotzdem Spaß gemacht.

Eniz: Nennt mir zwei Gründe, warum ich die CD kaufen und ein Grund, warum ich auf ein Konzert von Euch gehen sollte…

Oliver: 1. weil 6 gar nicht mal so schlechte Songs drauf sind, 2. weil auf dem Cover unter anderem ein Megaphon drauf ist, und 3. weil es dort unsere CD zu kaufen gibt.

Stefan: Ich finde die Songs sind geradezu fantastisch bis genial und die Konzerte sind die einzig mögliche Steigerung!

Eniz: Ist es einfacher Texte auf deutsch oder englisch zu schreiben und warum eigentlich die Aufteilung in deutsch und englisch?

Oliver: Wie gesagt, das hat sich eher zufällig ergeben, und bei jedem neu entstehenden Song wird halt nach Stimmungslage entschieden was besser passt und im Gesamtbild stimmiger ist. Da steckt kein Masterplan hinter, wie „sich an die Welle erfolgreicher deutschsprachiger Acts dranzuhängen“. Wenn wir in solchen Kategorien denken würden, hätten wir uns schon lange für eins von beiden entschieden. Dieses „zielgruppenaffinsein“ und „seinen stil finden“ ist uns ziemlich wurscht.

Deutsche Texte sind eindringlicher, man erreicht damit eher jemanden. Es fällt aber auch sofort auf wenn sie nicht stimmig oder inhaltlich platt sind. Der Konsonantenreichtum – über den sich Ausländer gern lustig machen – liefert zum Beispiel geile Möglichkeiten, mit Rhythmus und Beat zu arbeiten. Es erfordert aber einen virtuoseren Umgang mit der Sprache. Auf Englisch ist es einfacher. Da genügt es wenn es gut klingt. Und auch das hat seinen Reiz.

Eniz: Ich habe gesehen, es gibt wieder bereits Live-Pläne… am 28.04.2007 spielt ihr im Jungen Theater im Rahmen des „Night of the Clubs“ Event. Seit ihr schon aufgeregt?

Oliver: Sind wir, wirklich. Und das ist keine Koketterie. Wir spielen auf der Hauptbühne, nach Beatplanet aus Berlin und Jamming*inc, einem Projekt von Ex-Jazzkantine-Musikern. Also lauter gebuchte Profis, und dazwischen wir. Da haben wir schon ordentlich Manschetten. Aber wir freuen uns natürlich auch wie blöd auch drauf!

Stefan: Das wird schon ne große Sache dort und mir flattert auch schon einiges. Ich bin gerade direkt vor einem Auftritt super nervös, erfahrungsgemäß gibt sich das dann aber nach den ersten zwei Songs. Es sind übrigens inzwischen noch zwei weitere Gigs ins Haus geflattert: am 20.4. in der Kulturfabrik Mühlhausen (Thüringen) und beim Musikschutzgebiet Festival Ende Juni in Homberg( Efze).

Eniz: Und wie fühlt es sich an, wenn man hautnah mitkriegt, wie mit jedem Auftritt mehr und mehr die Begeisterung der Fans wächst?

Stefan: Es ist schon nicht schlecht, wenn man mitbekommt, dass der Kram den man sich da ausgedacht hat gut ankommt. Wir haben natürlich erstmal vor Freunden und Bekannten gespielt die uns bedingungslos gehuldigt haben. Inzwischen sind wir in Göttingen schon halbwegs bekannt, da wird man dann durchaus schon mal kritischer begutachtet. Das geht wahrscheinlich jeder Band so. Jetzt geht’s erstmal darum, möglichst viele Konzerte zu spielen und den bescheidenen Ruhm auszubauen.

Eniz: Werdet ihr im April auch neue Songs vorstellen oder zunächst einmal die gewohnte Set-List spielen?

Oliver: Hängt davon ab ob wir bis dahin was neues am Start haben. Bislang haben wir die Tradition aufrecht erhalten, auf jedem Auftritt mindestens einen neuen Song zu spielen, und ich hoffe, dass wir den Takt beibehalten können.

Stefan: Wir stellen ja immer mal ein bißchen um, was die Setlist angeht. Ich bin aber auch sehr optimistisch, dass wir bis zur Night of the Clubs was neues auf der Pfanne haben.

Eniz: Wie kann man Eure EP beziehen?

Oliver: Natürlich verkaufen wir die Dinger auf unseren Konzerten. In Göttingen gibt’s „Musik nervt!“ beim Tonträgerfachhändler unseres Vertrauens, nämlich JPC am Wilhelmsplatz. Online über www.wir-sind-boskop.de.

Eniz: Das wars auch schon wieder. Ich wünsch Euch viel Erfolg beim nächsten Auftritt und bin schon gespannt, was als nächstes kommt.

Oliver: Da bedanken wir uns erst mal für die guten Fragen, und schicken Grüße raus an die Mindbreed-Macher und -Leser da draußen!

Autor: Eniz

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