Rezension: Robert Plant - Carry Fire„Ah“, dachte ich als ich Robert Plant gelesen habe, „das ist doch der Sänger von Led Zeppelin“. Kennst du ja von früher, als wir noch andächtig im Kreis der Kumpel Stairway to Heaven von einem Tonbandgerät das ein Freund von einem Freund besorgte, lauschten. Später besorgte ich mir aus Moskau eine „Best of“ LP und höre sie heute noch gerne. Das ist alles solange her, was kann da noch kommen außer Rückblick und juristischer Streit den Robert Plant hinter sich hat. Die Rockerrente gibt es nicht und man kann sich immer noch entwickeln, wie das neue Album zeigt. Fernab von schrillen Gitarrenriffs und hämmernder Pianos entdeckt der Sänger Robert Plant seine musikalischen Fähigkeiten neu.

Artwork: In Van-Dyck-Braun ist das Portrait eines gereiften Mannes zu sehen das von Rembrandt stammen könnte. Als Information ist Robert Plant und Carry Fire zu lesen. Die Innengestaltung ist ebenso schlicht. Auf braunem Hintergrund in leuchtendem Licht ist ein einfaches Schamanen-Tamburin abgebildet. Hinten lesen wir die Playlist, das wars.
Helfen kann mir der Einleger, der Schwarz-weiß Fotos der mitwirkenden Gäste zeigt. Außerdem sind alle Texte abgedruckt. Endlich folgt das Kleingedruckte und Danksagungen.

Tonqualität: Die LP ist immer noch mein Lieblingsmedium. Der Klang ist super und man hat was in der Hand zum Angreifen, anders als Mp3 und Streaming. Auch diese Platte hat eine sehr hohe Klangqualität, was auf hochwertige Materialien und Verarbeitung schließen läßt.

Musik: Die Scheibe ist sehr vielfältig aber dezent Instrumentiert. Er verbindet den alten Led Zeppelin Sound mit Blues und Soul und nimmt die Musik zurück um den Gesang hervor treten zu lassen.
Leichte Gitarren und Drums geben den Rhythmus vor. The May Queen wechselt zwischen Rhythmus und Melodiebögen. Es hat etwas von Folk Musik und entspricht somit dem Thema der Maifeiern.
Ähnlich klingt New World – nur wird hier viel mehr Hall und Echo eingesetzt, was das Lied mehr schweben lässt.
Season’s Songs ist sehr lyrisch und der langsame Gesang wird ab und zu durch mehrere Stimmen unterstützt.
Und nun zum letzten Song der A Seite: Fast marschartig dominieren Drums die Musik während Robert Plant seinen vollen Stimmumfang demonstrieren kann. Dance With You Tonight ist mir nur ein wenig zu düster.

Nun geht es auf die B Seite.
Deutlich schneller wird Carving Up The World Again. Hier kommt deutlich der versprochene Blues hervor auch wenn es zwischendrin mal anders klingt.
A Way With Words schleicht wie eine frühe Pink Floyd Nummer. Die Stimme und die eingestreuten instrumentalen Effekte von Piano, Tamburin und Streichern machen den Song so einzigartig.
Indisch orientalisch gibt sich Carry Fire, der Titelsong der grandiosen Platte. Seine Sicht auf die Welt und das Vertrauen besingt er sehr ausdrucksstark und teilweise auch mit dem Bollywood Timbre.

Jetzt ist die zweite Platte dran.
Gitarren und Trommeln sind energisch wie auch der Gesang. Mit Bones Of Saints stellt er Fragen nach Schuldigen, den Schuldigen an Leid und Krieg.
Keep It Hide ist schnell, modern mit zusammengeschnittenen Wiederholungen, kurzen, schrillen Gitarrenriffs, anderen verschiedenen Einlagen und sehr linearem Rhythmus durchgezogen.
Bluebirds Over The Mountain ist mehr auf Gesang angelegt. Die indisch angehauchten Klänge hatten wir schon. Hier ist Gipsysound spürbar durch Schellen und Trommeln. Der Gesang wird ab und zu von Musik freigestellt. So kommt die Sehnsucht aus dem Text besser zum tragen.
Sehr getragen und ruhig ist Heaven Sent. Alles ist gesagt, getan und doch nicht vollbracht. Mit Long Goodbyes verabschiedet sich Robert Plant (die zweite Seite der Platte ist leer, sehr schade).

Fazit: Es ist kein Led Zeppelin Rock-Album. Wohl kommt aber der Stil der Musik der alten Band zum tragen und die Texte sind teilweise mit der gleichen philosophischen Tiefe angelegt wie Stairway To Heaven. Wer die Stimme des Frontmanns einer der besten Bands der Rockgeschichte mag und etwas ruhigere Musik in Richtung Soul, Blues, Folk und etwas Independent mag, ist hier voll richtig.

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