Die Tage werden wieder kürzer und der Herbst stellt sich ein. Das bedeutet auch, dass viele Labels Best Of Alben erstellen oder alte Aufnahmen neu remastern, um uns tolle Weihnachtsgeschenke zu bescheren. Auch Led Zeppelin haben tief in ihren Archiven gekramt und die Mitschnitte von 1969-1971 von den BBC Radio Konzerten auf drei CDs (wahlweise auch Vinyl) gepresst.
Der erfahrene Led Zeppelin Fan unter fragt sich jetzt: „Hä, das hab ich doch schon seit 1997 im Regal stehen?!“ – Nicht ganz. Die aktuelle Edition wurde nämlich um eine dritte CD mit acht unveröffentlichten Aufnahmen erweitert. Und jetzt, wo das geklärt ist, geht’s los!
Tonqualität: Die Songs wurden damals für das Radio eingespielt und sind natürlich nicht ganz in Studioqualität: Der Höreindruck bewegt sich zwischen Studio und Konzertmitschnitt, was eine interessante Erfahrung ist. Gesang und Instrumente kommen sauber rüber und von meiner Seite gibt es bei den ersten beiden CDs nichts zu beanstanden. (Weitere Infos über CD3 weiter unten)
Artwork: Auf dem Cover des Digipacks sind vier Porträts der Bandmitglieder zu sehen und das gleiche Motiv als Negativ auf der Rückseite. Wenn man es aufklappt, gibt es weitere Fotografien der Bandmitglieder und ein nettes Booklet. Hier gibt es ein paar Infos zum Aufnahmeprozess und die Credits der einzelnen Songs.
Musik: Ich habe die einzelnen Led Zeppelin Songs in bereits mehreren Rezensionen beschrieben und daher werde ich weniger auf die Songs als vielmehr die Art der Performance eingehen, die auf dieser besonderen Compilation zu hören sind.
CD 1
Die erste CD startet gemächlich, zäh und beinahe langweilig mit „You Shook Me“. Dieser Titel ist schon echt anstrengend zu hören und auch bei „I Can‘t Quit You Baby“ weiß man noch nicht, ob man dieses Album hassen oder lieben soll. Wenn man sich etwas mehr auf das Lied einlässt, kann man sich aber völlig in der Gitarrenperformance von Jimmy Page verlieren. Nachdem ich mich dann auch so langsam auf das Led Zep Erlebnis eingelassen habe, geht es dann endlich mit einem legendären Rock Klassiker weiter. „Communication Breakdown“ kracht so richtig los. Stampfend trägt mich das Schlagzeugspiel von John Bonham, während sich Robert Plant die Seele aus dem Leib kreischt. Einfach nur geil diese Performance des Songs. Das darauffolgende „Dazed And Confused“ entspricht dann für meine Ohren eher der „normalen“ Studioversion. Mein Lieblingsstück auf der CD ist „Whole Lotta Love“. Natürlich ist das Stück in so ziemlich jeder Aufzeichnung ein Kracher, doch hier gibt es eine herrlich verzerrte Gitarre die immer wieder ein unbeschreiblich verzogenes Geräusch an den richtigen Stellen macht. Perfekt. Dazu kommt noch nach einer Minute ein ruhiger Teil in dem sich Gitarre und Schlagzeug einen kleinen Wettstreit bieten.
CD 2
Die zweite CD geht nach einer kurzen Ansage direkt mit „Immigrant Song“ los. Hier kracht es ab den ersten Takten und nach knapp zwei Minuten feuert Jimmy Page einfach mal ein Wahnsinnsgitarrensolo ab. Dazu ist der Gesang durch Robert Plants Off-beat Gesang einfach nur genial. Nicht zu vergessen John Paul Jones mega fettes Bassgitarrengeballer im Hintergrund. Nach diesem Song braucht man wirklich erstmal eine Verschnaufpause. Doch die wird einem nicht vergönnt: Mit „Heartbreaker“ geht es direkt weiter – knackig, bluesrockig, alles andere als langweilig und das auch noch als fünf Minuten Mammutversion. Ruhiger und romantischer wird es dann erst mit „Since I‘ve Been Loving You“. Hier wechseln sich ausgefeiltes Gitarrenspiel und verrauchter Gesang ab und ergeben eine feurige Gesamtmischung. Höhepunkt der CD ist für mich „Stairway To Heaven“. Dieses Lied ist für mich eines der wichtigsten Stücke der Rockgeschichte. Diese Version ist durch den etwas „schillernden“ Klang der Hammond Orgel besonders spannend. Von diesem Lied kann man einfach noch so viele verschiedene Versionen hören und trotzdem löst es immer wieder die gleichen Gefühle aus (die ihr für euch selbst erkunden müsst). Gegen Ende gibt es dann noch ein „Whole Lotta Love“ Maxi Medley bei dem man sich ganz fallen lassen kann.
Lustig ist übrigens immer wieder das dezente Klatschen der Fans zwischen den Songs, was eher an ein Theater erinnert als ein Rockkonzert.
CD 3
Auf der kompletten CD fällt die Tonqualität deutlich ab. Es scheint sich also wirklich um Aufnahmen tief aus dem Archivkeller zu handeln. Hier kommen noch mal zwei Versionen von „Communication Breakdown“, die es beide in sich haben. Dreckig, bluesrockig und einfach nur fett kommen sie daher. Für mich am spannendsten ist hier die Version von „Dazed And Confused“. Hier scheint man mit der Band wirklich auf einen Drogentrip zu gehen.
Fazit: The Complete BBC Sessions von Led Zeppelin ist ein wichtiges und spannendes Stück Zeitgeschichte. Nicht nur auf den Fotos posen die Bandmitglieder selbstsicher. Man hört auch bei jedem Takt, dass die Band zu dieser Zeit vor Selbstbewusstsein nur so strotzte. Sie haben schließlich nicht nur den Rock der Zeit sondern eine ganze Generation geprägt. Es ist schwierig zu sagen, ob sich jeder diese Sammlung ins Regal stellen sollte. Das Best Of Album Mothership Earth von Led Zeppelin sollte in keinem Regal fehlen. Diese Compilation ist dann eher etwas für Feinschmecker.