2022 kam die Nachricht vor denen es jeden Fan graut, der eine Lieblingsband hat: Fettes Brot kündigten ihre letzte Tour und im Anschluss die letzten Konzert in Hamburg an. Daraus entstanden ist Brotstock als Film aber auch als Doppel-CD und Dreifach-Vinyl. Das letzte Live-Album erschien dann Ende November und startet mit dem Erfolgshit „Jein“. Ein Song über den Zwiespalt, den wirklich jeder kennt und an ganz alltäglichen Beispielen dargestellt wird. Auf die Band bin ich aber eher durch „Nordisch By Nature“, ebenfalls auf diesem Live-Release enthalten, gestoßen. Das war in den 1990ern, was mich ebenfalls zum Fan macht – in gewisser Weise – und entsprechend traurig durch die Nachricht aber auch beim Hören der Platte bin ich geworden.
„Jein“ ist wahrscheinlich, in der allgemeinen Rezeption, der ernstere Song. Aber Fettes Brot können auch politisch, so wie Hip Hop auch gedacht ist. Eine demokratische Kunstform, die Kritik ausübt. Punk in anderer Dareichungsform – sowohl lyrisch als auch musikalisch. Mit „Schwule Mädchen“ brachte das Trio einen Track über Homophobie und Frauenfeindlichkeit in die Charts. „An Tagen wie diesen“ thematisiert das fehlende Mitgefühl anlässlich von emotionalen, harten News-Meldungen über Anschläge, Fremdenfeindlichkeit, Massenflucht und „Emanuela“ ist ein Partysong über eine Partydroge: Lass die Finger weg vom e, Manuela.
Trotz der Ernsthaftigkeit hat die Gruppe aber auch den Ruf einer Partyband und das nicht ohne Grund. Das hört man auch sehr gut auf dem Sound-Erzeugnis, dass ich nun schon einige Male durchgehört habe, ohne es leidgehört zu haben. 25 Stücke mit über 2 Stunden Spielzeit. Hier reihen sich Hit an Hit, aber auch Altes an Neues. Spaß, Ernst, Persönliches – all das wird hier vereint. „An Tagen wie diesen“ hat mich auf dem Live-Album in einer Depressionsphase mehrmals zum Weinen gebracht. Und auch, dass es die Fetten Brote nun nicht mehr gibt. Immerhin auch Teil meiner Sozialisation. Gute Reise an die Brote. Tolles Erzeugnis und schöner Abschied.
