Fast 3 Jahre sind seit Twisted Thought Generator vergangen – eine für Velvet Acid Christ ungewöhnlich lange Schaffenspause. Über eine derartige Zeitspanne steigt neben der Erwartungshaltung an ein neues Album gewöhnlich auch der Zweifel seitens der Konsumenten.
Die vorab veröffentlichte Single Pretty Toy glänzte hauptsächlich mit dem Titel ANGELS IN BONDAGE des gleichnamigen US-amerikanischen Kollegen Ericksons. Die von Metropolis im Internet freigegebenen Demos waren aufgrund ihrer begrenzten Spieldauer wenig aussagekräftig. Anfang August im Jahre 2003 wurde das unter dem Arbeitstitel Utopia – Dystopia gefertigte Werk dann veröffentlicht. Hex Angel sehe ich entgegen Bryans Darstellung äußerlich wie inhaltlich als Nachfolger zu TTG, die Klänge sind aber erfreulicherweise wieder etwas weniger technoid.
Das Ganze ist technisch sauber produziert, hochwertige Qualität zumindest unter diesem Gesichtspunkt. Der wenig spektakuläre Opener „Haunted“ ist solider EBM im Stil von „Twisted Thought Generator“, vergleichbar mit dem auf der Single veröffentlichten „Introvert“, leidet aber unter einem zu monotonen Bass. Ähnliches gilt für das ursprünglich als Single vorgesehene „Collapsed“. Ungleich vielschichtiger nimmt sich „Pretty Toy“ aus, wenige aber gut platzierte Samples runden einen guten ersten Eindruck ab. Leider hört sich dieser Titel erschreckend schnell aus, wie es typisch ist für Down-Beat, dem es an Tiefe fehlt.
Das atmosphärisch dichte „Hypoxia“ schafft es nicht ganz, an VAC-Hochzeiten anzuknüpfen, wohl aber ist es hier einer der Höhepunkte. Wuchtige massive Klänge bestimmen „Misery“, ein Terrain, das der Exzentriker Erickson leider einfach nicht beherrscht. Erschreckend dilettantisches Gestampfe, welches dem Gesamteindruck des Albums nicht gerade zuträgt. Unglücklicherweise geht mit „Dead Tomorrow“ auch noch ein Versuch in Richtung Upper-Beat schief. Man fühlt sich an „Speedball OD“ erinnert, auch wenn hier nicht ganz so überzogen ans Werk gegangen wurde. Unter dem Einfluss diverser Medikamente mag das sehr wohl beeindruckend klingen, für Genuss in nüchternem Zustand ist es aber viel zu eindimensional.
Was „Mindphlux“ und „Hypersphere“ im Jahr 2000 waren, das findet nun mit East einen Nachfolger: Goa kann man mögen oder eben auch nicht. Gelungen ist „Convex“, moderner EBM des Jahres 2003, melodisch und tanzbar mit dem gewohnt exzellenten Vocoding.
Herausragender Titel des Albums ist für mich aber „Crawl“, welches sich tatsächlich mit den düsteren Klangwelten der „Calling of the Dead“ vergleichen lassen kann, wenn es sich auch deutlich leichtfüßiger als etwa ein Decay ausnimmt.
Die angeschlagene, gepeinigte Kreatur bahnt sich trotzig ihren Weg, solange ihr auch nur noch ein Atemzug über die Lippen geht. Das klassische VAC-Szenario eben, „echt“ und überzeugend. Zwischen die letztgenannten Titel ist das unsägliche „Eva“ eingeschoben, welches den Fluss des Albums an seiner besten Stelle jäh unterbricht; unerträglich seichtes Elektrogeblubber.
Abgeschlossen wird mit dem instrumentalen „Exit“, ein eigentlich recht rastloser Titel, der sich sehr gut als Intro gemacht hätte. Die nachfolgende Stille ist etwas unbefriedigend, einmal vorausgesetzt, man spielt seine CD in der vorgegebenen Konstellation ab.
Der wie für VAC-Produkte üblich sehr inhomogene Hex Angel lässt auf einen ausgebrannten Bryan Erickson schließen. Der Versuch, nach dem wenig erfolgreichen TTG mit der Brechstange an alte Zeiten anzuknüpfen, ist fehlgeschlagen, „Misery“ und „Dead Tommorow“ sind die traurigen Zeugen. Auf der anderen Seite zeigt „Crawl“, dass sich ein gereifter Velvet Acid Christ eigentlich nicht hinter seiner Vergangenheit zu verstecken bräuchte, wenngleich der Zenit nun schon um ein gutes Stück überschritten sein dürfte.
Autor: F.R.












