Dass Punkbands im Allgemeinen ihr wahres Potential erst bei Liveauftritten offenbaren, ist im Grunde ein offenes Geheimnis. Umso größer waren, daraus folgend, die Erwartungen an meinen allerersten Besuch eines Sondaschule Konzerts, einer Band, über die man im Ruhrgebiet früher oder später unweigerlich stolpern muss und die mich auf CD gebannt schon maximal zu begeistern wusste.
Meine Wahl für diesen längst überfälligen Konzertbesuch, fiel auf den diesjährigen Sondaschule-Auftritt, auf dem Olgas-Rock-Festival in Oberhausen, welches von der Band zuletzt vor 4 Jahren heimgesucht worden war und eines kann ich schon direkt vorab verraten:
Als Headliner des diesjährigen Olgas-Rock-Festivals, konnten die Ska-Punker, rund um Frontman Costa Cannabis, meine hohen Erwartungen nicht einfach nur erfüllen, sondern noch um Weiten übertreffen!
Es ist kurz vor 22.00 Uhr als der Vorhang mit dem überdimensionalen Logo des aktuellen Silberlings „Lass es uns tun“ fällt und Sondaschule, wie immer perfekt gestylt, die Bühne entern. Der charismatische Sänger, mit dem klangvollen Namen, trägt heute komplett schwarz, natürlich einen Hut, und diesen speziellen, durchaus etwas narzisstischen Gürtel, dessen Schnalle der Schriftzug „Costa“ ziert. Letzterer wird an diesem Abend seinem Träger zwar des Öfteren Probleme bereiten, da er immer wieder eigenständig aufgehen wird, aber ob sich die Ära des eitlen Gürtels nun ihrem Ende entgegen neigt und wir Costa Cannabis künftig mit einem dezenteren Modell bewundern dürfen, darf angezweifelt werden.
Fakt hingegen ist, ob mit oder ohne Gürtelschnalle, Costa Cannabis hat sein Publikum von der ersten Sekunde an fest im Griff und schnell wird klar, hier werden heute keine Gefangenen gemacht!
Charisma, Dein Name ist Costa Cannabis!
Mit im Gepäck hat die Band, einen für diese Veranstaltung etwas ungewöhnlich anmutenden Backgroundchor, bestehend aus Damen und Herren, in der sogenannten zweiten Lebenshälfte. Die „German Silver Singers„, ebenfalls aus Oberhausen stammend, sind dem einen oder anderen vielleicht aus dem TV-Format „Supertalent“ bekannt und gehen in ihrer begleitenden Rolle voll und ganz auf.
Nach den ersten Songs verlassen die rüstigen Rentner die Bühne allerdings auch wieder – es ist ja schließlich auch schon spät – aber natürlich nicht ohne eine herzliche Verabschiedung. Der Ruhrpott-Mensch hat das Herz am rechten Fleck, einfach eine ganz süße Aktion, die sich aber nur als Auftakt einer ganzen Reihe liebevoller Details entpuppen soll, welche die Darbietung von Sondaschule an diesem Abend untermalen werden.
Doch von reiner Untermalung zu sprechen, wird dem Aufwand den die Sondaschüler auf dem Olgas-Rock-Festival betreiben, nicht annähernd gerecht. Hinsichtlich Animation und Spezialeffekten übertreffen sich Costa und co. im Verlaufe des Konzertes immer wieder und schaffen es dabei den schwierigen Spagat zwischen herausragender musikalischer Leistung und mitreißendem Entertainment, elegant zu meistern, ohne den Fan mit übertriebenem Bombast zu erschlagen.
So beschäftigen Sondaschule beispielsweise ihre Konzertbesucher, in dem sie die großen, grünen Gummisitzbälle, bekannt aus dem Video zu „Tanz“, ins Publikum werfen, parodieren einen Hip-Hop-Künstler mit Pandamaske, überraschen mit Pyroeffekten, gigantischen Glitzerkonfettikanonen und zaubern zu guter Letzt auch noch ein kleines, aber spektakuläres und selbstfinanziertes! Höhenfeuerwerk, aus dem Ärmel.
Dies alles gelingt, ohne den musikalische Fokus aus den Augen zu verlieren und dieser liegt an diesem Abend natürlich auf dem aktuellen Album der Band „Lass es uns tun„, doch auch Freunde von Sondaschule-Klassikern, wie „Pommesbude“, oder den lieblichen Countryklängen von„Tausche Alkoholsucht gegen Liebe“ werden selbstredend keinesfalls zu kurz kommen.
Insgesamt überzeugt die Band mit einem musikalischem Repertoire, an dessem Abwechslungsreichtum, sich manche Genrekollegen durchaus mal eine ordentliche Scheibe abschneiden könnten. Stimmungsvolle, leicht melancholische Stücke, wie das mit Akustikgitarre begleitete „Für immer nie nüchtern„, treffen dabei genauso ins Herz, wie klassische Pogo-Nummern.
Als ganz besonderes Schmankerl für viele Anwesende, offenbart sich die Darbietung von „Schlaflied„, nebst überaus bezaubernder Gastsängerin und das alleine schon deshalb, weil der Song, nach Aussage der Band, erst zum zweiten Mal, in ihrer nun mehr 14 Jahre währenden Karriere, live performt wurde.
Und egal welchem Album ein Titel zuzuordnen ist, das Publikum zeigt sich textsicher, feiert euphorisch und singt, während die Band auf der Bühne sich die Seele aus dem Leib rockt, jede einzelne Silbe mit.
Von der greifbaren Bühnenpräsenz dominiert zweifelsfrei Sänger Costa Cannabis das Geschehen, dies jedoch dicht gefolgt von dem quirligen Posaunisten Chris Chrawumm. Selten hat man Musiker gesehen, die mit einer solchen Energie und Lebensfreude, sowie ehrlichem Enthusiasmus über die Bühne wirbeln. Große Anerkennung muss man an dieser Stelle für die Kraft und das Talent aussprechen, wild zu springen und gleichzeitig noch genügend Atem zum sauberen singen, oder Posaune spielen, aufzubringen.
Dieser überzeugende Einsatz und die spürbar ehrliche Leidenschaft für ihre musikalische Mission – selbstverständlich auch aller übrigen Bandmitglieder, gepaart mit einer etwas eigenen Interpretation von Charme, schliesslich wünschen Sondaschule ihrem Publikum „Alles, nur nichts Gutes …„, machen den ganz besonderen Zauber dieser Ausnahmeband aus und es ist vollkommen unmöglich sich diesem zu entziehen. Auch wenn sich die Herren selbst nicht als „Weltverbesserer“ sehen, für etwas mehr als eine Stunde an diesem Abend sind sie es. Der Besuch eines Sondaschulkonzerts schweißt Fans unterschiedlicher Altersgruppen zu Verbündeten zusammen, ist maximal unterhaltsam und macht so viel Spaß, dass man zum Ende des Konzertes hin einfach nur vollkommen glücklich ist.
Wohl wissend, dass ein Auftritt dieser Band, fernab von jeglichem Brimborium, gleichermaßen zu überzeugen wüsste, wird man an diesem Abend, dem sondaschulschen Bühnenzauber sei Dank, mit dem wohligen Gefühl nach Hause gehen, Teil von etwas wirklich Besonderem gewesen zu sein.
Einen würdigeren Abschluss für ein Festivalwochenende hätte man sich wirklich nicht wünschen können – Danke, Sondaschule!
Costa Cannabis beschließt das Olgas-Rock-Festival und ein herausragendes Konzert, das ich mit gutem Gewissen, zu einem der besten Konzerte zählen darf, die ich jemals besucht habe, mit dem Versprechen in Bälde wieder in Oberhausen zu spielen. Eine Entscheidung, die ich nach dem heutigen Abend mehr als begrüße, denn das eindeutige Fazit nach meinem ersten Sondaschule-Konzert lautet kurz und knackig:
Einmal Sondaschule – immer Sondaschule!















