Fast wie eine große Geburtstagsparty von und für den Grafen wirkte das erste Unheilig and Friends-Konzert, das aufgrund der großen Nachfrage noch in die funkelnigelnagelneue Ausstellungshalle Expo XXI in Köln verlegt wurde. Geboten wurde ein umfangreiches Programm, das schon beinahe die Ausmaße eines kleinen Festivals angenommen hatte. Mit dabei waren neben Unheilig auch die namhaften Szenebands Staubkind und Eisbrecher als Vorbands und lockten kräftig weitere Besucher.
Nach offiziellen Angaben dürften auf dem restlos ausverkauften Konzert wohl um die 4.000 Besucher gewesen sein, welche die Halle gut füllten. Die Halle selbst kann man sich in etwa wie einen riesengroßen Hangar vorstellen. Im hinteren Bereich gab es einige Essens- und Getränkestände nebst Merchandise von den auftretenden Bands sowie einem lokal ansässigen Szeneladen. Eine kleine Lounge vor der Halle und ein Raucherbalkon luden außerdem zum Flanieren ein, solange das Programm noch nicht in voller Fahrt war. Für Unmut sorgte lediglich dass man nur mit Plastikchips Essen und Trinken kaufen durfte und vor allem die katastrophal schlecht organisierte Garderobenbesetzung der Halle, die für viel Verwirrung und Wartezeiten zwischen 20 und 30 Minuten sorgte.
Bevor es losging stand aber noch ein sehr ominöses „Warm Up“ auf dem Programm. Wer aber dachte es würde sich hier um eine einfache Disco aus der Dose handeln hatte sich getäuscht. Wahrscheinlich im Rahmen des neuen „familienfreundlichen“ Rahmenprogrammes, dass der Graf und Co. für ihre Jubiläumskonzerte im nächsten Jahr anbieten wollen, wurde ein Komiker auf die Bühne gesetzt.
Leider kam der nicht wirklich gut beim Publikum an, nicht einmal als er mit einem Stoffhasen in Bauchrednermanier Unheiliglieder anstimmte. Der Schuss ging nach hinten los und die meisten Besucher dürften froh gewesen sein, dass es noch genügend Möglichkeiten in der Expo XXI gab um sich anderwaltig zu beschäftigen bis der Pausenclown von der Bühne verschwand.
Schließlich betraten Staubkind die Bühne um als erste Vorband (von zweien) das Publikum für den Grafen vorzukochen. Die Band, die 2003 gegründet wurde, spielt Gothic Rock, wie man ihn kennt: Ein wenig Gitarrengerocke kombiniert mit ein wenig Klaviergeklimper und den üblichen Texten für diese Richtung. Summa Summarum sticht die Musik der Band also kaum aus der Masse anderer Gothic Rockbands heraus. Die musikalische Qualität ist live zwar nicht schlecht, weist aber auch sonst keine großen Besonderheiten auf. Ab und an schaffte die Band es durch ihre Spielweise ein wenig Schwung in die Sache zu bringen und das Publikum zum Mitklatschen zu motivieren, aber auf die Dauer ging diese Power dann doch immer wieder verloren. Das, was Staubkind wirklich schlecht gemacht hat, war an diesem Abend also weniger die Musik sondern viel mehr die miese Moderation, die an unpassenden und brav aufgesagten Standardsprüchen nicht sparte. Und noch eine dringende Notiz an alle Vorbands:
Die Leute finden euch auch dann nicht besser wenn ihr jeden zweiten Song als den „letzten Song für heute Abend“ ankündigt und dann trotzdem noch weiterspielt!
Was gibt es schlimmeres als durchschnittliche Vorbands, die scheinbar nie damit aufhören wollen ihre mittelmäßige Musik zu spielen? Wenn das Publikum möchte, dass weitergespielt wird, dann sagt es das schon, also keine Angst.
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Die zweite Vorband war gottseidank alles andere als Durchschnitt:
Mit Eisbrecher kam eine richtige Rocknummer ins Spiel, auch wenn die Setlist dieses Mal bewusst etwas ruhiger gehalten worden war. Die Münchener Formation begeistert seit nun mehr beinahe sechs Jahren mit clubtauglichem Industrial Metal, der eine überzeugend-kernige Note besitzt. Und nun kommt auch das Publikum so langsam in Schwung. Auch Frontmann Alexx ist auf der Bühne überrascht, als während des Liedes „Herzdieb“ auf einmal Teile des Publikums Wunderkerzen anzünden und hin- und herschwenken. Besonders im vorderen Bereich der Menge tummelt sich zu diesem Zeitpunkt auch das Gros der Eisbrecherfans, die hier ihre Band vollends feiern. Die Highlights des Auftrittes sind ganz klar „Schwarze Witwe“ und „Vergissmeinnicht“, die beide mit einem großen Applaus aufgenommen werden. Letzteres wird von der Band in leicht aktualisierter Weise gespielt, in der die Drums ein wenig dynamischer arbeiten als in der Studioversion. Zwischen den Songs plaudert Alexx in gewohnt lässig-gefälliger Weise über dies und das. Wie schon die Vorgänger von Staubkind bedankt sich die Band ausführlich beim Grafen für die Einladung zum Konzert. Nachdem „Zeichen der Venus“ verklungen ist fordert das Publikum erstaunlich lautstark eine Zugabe. Geliefert werden „This is Deutsch“ und der Klassiker „Miststück“, der noch aus Megaherz-Zeiten stammt und zum Schluss noch einmal ordentlich abräumt – natürlich mitsamt der zitierten Passage aus Clawfingers Song „Nigger“. So verlässt die Band unter dem großen Jubel der Fans und vereinzelten weiteren Zugaberufen die Bühne und gibt den Weg frei für den eigentlichen Hauptakteur des Abends. Eisbrecher wird sich wohl den ein oder anderen Fan erspielt haben.
Setliste Eisbrecher
Kann denn Liebe Sünde sein
Angst
Antikörper
Herzdieb
Leider
Vergissmeinnicht
Schwarze Witwe
Heilig
Zeichen der Venus
—- Zugabe —-
This is Deutsch
Miststück
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Nach einer langen Umbaupause ertönt schließlich ein Gong in der Halle: Vorhang auf, es ist soweit. Unheilig tritt auf!
Selbstverständlich ist das Publikum sofort im Bann des Grafen gefangen. Nach fast 10 Jahren im Geschäft hat die Band sich vom gezielten Neue Deutsche Härte-Act weiterentwickelt und ist heute vor allem für tiefgehende und gefühlvolle Rockballaden bekannt. Böse Zungen würden von einer Art „Dunkelschlager“ sprechen. Faktisch steht die Band aber nach wie vor ein wenig im Schatten der NDH, auch wenn die Töne nicht immer so hart sind. Das Beeindruckende am Grafen ist nach wie vor die Perfektion mit der er die Menge selbst nach stundenlangen Konzerten in der Hand zu halten scheint.
Zu ruhigen Liedern holen die Besucher sogar mittlerweile ganz von selbst ihre mitgebrachten Wunderkerzen und Knicklichter heraus und lassen sich vom Grafen dirigieren und häufig singt die Masse wie eine Einheit lauthals die Texte mit, wodurch sich ein ganz besonderes Konzerterlebnis einstellt, das mit Rockkonzerten einfach nicht zu vergleichen ist. Gerade bei den ganz ruhigen Stücken wie z.B. „Der Astronaut“ oder „An Deiner Seite“ ist das Konzertgefühl einfach nur überwältigend, wenn sich ein Meer aus Händen oder kleinen Lichtern erhebt und im Takt mitschwingt. Die Band versteht es sozusagen einen maximalen Effekt mit minimalem Aufwand zu erzeugen. Natürlich werden aber nicht nur ruhige Stücke gespielt. Zwischendrin finden sich natürlich immer wieder auch schnellere oder griffigere Songs, die mehr Rhythmus und mehr Gitarrengedresche haben, so dass sie zum Mitklatschen oder – besonders weiter hinten – zum Mittanzen auffordern. Gerade diese harten Songs scheinen aber mittlerweile doch etwas in der Unterzahl zu sein. Als besonderes Spezial werden natürlich wieder die Songs gespielt, welche die Fans sich mittels der Bandhomepage fürs Konzert wünschen konnten. Mit „Schlaflos“ spielt die Band quasi eine Rarität. Auf der Bühne hat sich übrigens auch etwas geändert: war die Deko zu Beginn der Tour im März (Mindbreed berichtete) noch quasi so wie immer, war nun statt dem Schriftzug das Bandlogo hinter den Kerzen zu sehen, sowie eine große Darstellung einer Marionette mitsamt Fäden und einigen Lichterstreifen, die ab und an für die Lightshow benutzt wurden.
So kurz vor Weihnachten dürfen natürlich die Coverversionen einiger Weihnachtslieder auch nicht fehlen. An dieser Stelle werden aber erstmal nur „Kling Glöckchen, klingelingeling“ und „Süßer die Glocken nie klingen“ vom Grafen zum Besten gegeben. Etwa zu dieser Zeit begann auch irgendjemand im Publikum nach jedem Song lauthals ein bestimmtes Lied zu fordern (“ MA-SCHI-NÖÖ!“). Bevor dann aber schließlich „Die Maschine“ als Abschluss des Konzertes gespielt wurde, vergingen noch einige Stücke, wurde Wasser ins Publikum gegeben, erzählte der Graf noch die ein oder andere Geschichte. Zum Beispiel bedankte er sich bei seiner Familie, die auf diesem Konzert ebenfalls mit dabei war und im Publikum stand. Natürlich musste die Band noch eine Zugabe spielen und langte dabei nochmal so richtig in die Vollen: Satte 45 Minuten lang spielten Licky, Henning und der Graf noch weitere Stücke für das Publikum. Nun gab es auch endlich ganz offiziell die Knicklichter, die zu „Mein Stern“ nochmal im Publikum verteilt wurden und diesen schönen Effekt ergeben wenn sich in der Halle ein kleines Lichtermeer erhebt. Zu allerallerletzt sang der Graf schließlich noch „Leise rieselt der Schnee“, bevor er das Konzert offiziell beendet und sowohl zum plauschen, kuscheln und signieren am Merchandisestand als auch zur ausgedehnten Aftershowparty bis in die frühen Morgenstunden hinein einlud.
Setliste Unheilig
Vorhang auf/Puppenspieler
Hexenjagd
Astronaut
Kleine Puppe
Feuerengel
Schlaflos
Kling Glöckchen, Klingelingeling
Süßer die Glocken nie klingen
Auf zum Mond
Sei mein Licht
Glaub´ an mich
An deiner Seite
Fang mich auf
Spielzeugmann
Schutzengel
Herz aus Eis
Lampenfieber
Sage ja
Die Maschine
—- Zugabe —-
Freiheit
Mein Stern
Spiegelbild
Leise rieselt der Schnee
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Schlecht waren bei diesem letzten Konzert 2008 und dem ersten Konzert der Reihe „Unheilig and Friends“ also ganz klar das Warmup und die Garderobe, aber davon einmal abgesehen hat sich der Abend gelohnt. Staubkind waren zwar keine Brecher, aber sowohl Eisbrecher als auch Unheilig haben gut gespielt und dafür gesorgt, dass in der Halle keine Langeweile aufkam. Man darf gespannt sein, wie Unheilig die Konzertreihe weiter ausbauen wird.
Weitere Daten für „Unheilig and Friends“:
29.08.2009 Leipzig Parkbühne
05.09.2009 Hannover Gilde Park












