Ein elektronisches Ereignis der fast regionalen Art erwartete die Fans von T.A.N.K., Coinside und Painbastard am 30.10.2004 im kleinen Saal des „Hellraiser“ in Lepizig. Mehr als vier Stunden sorgten diese drei Bands dort für gute Stimmung…

Der kleine Saal des „Hellraiser“ verdient seinen Namen völlig zu recht. Zwar haben immer noch schätzungsweise 200 Leute Platz, aber gewisse Beklemmungen kommen angesichts der recht niedrigen Decke und des verwinkelten Raumes doch auf. Dennoch war dieser Veranstaltungsort für den Dreifach-Konzertabend völlig ausreichend und passte wir angegossen. Die fast ebenerdige Bühne erzeugte eine Vertrautheit zum Publikum, die der Stimmung während aller Konzerte sehr gut tat. Man stand nicht abgehobenen Stars gegenüber, sondern hatte es mit ganz normalen Menschen zu tun, die Musik machten.

Alle drei Bands bzw. Projekte gaben zwar elektronische Musik zum besten, doch das musikalische Spektrum war an diesem Abend dennoch weit gefächert und bot so einem recht großen Publikum Spaß an der Musik.

Sichtlich nervös betrat T.A.N.K. (Taktischer Angriff (aufs) Nervenkostüm)gegen 22:00 Uhr die Bühne. Es war zwar nicht der erste Auftritt dieses Einmann-Projekts mit Live-Verstärkung durch „Pinsel“ („Pinsel liest!“ – Electric-Body-Reading-Projekt) aber irgendwie wirkte er dennoch sehr aufgekratzt und euphorisch. Doch schon mit den ersten Klängen verflog dies und Professionalität hielt Einzug in das weitere Handeln.

Mit krachenden EBM-Beats wurde das Publikum in einen Strudel gezogen, dem man sich nur schwer widersetzen kann. Die Musik hat einen eigenen Stil, lässt sich nicht unbedingt mit bereits Bekanntem vergleichen. Sehr basslastig, von Knalleffekten durchzogen, fühlt man sich angetrieben, immer weiter zu tanzen. Inhaltlich beschäftigt sich das Projekt mit menschlichen Problemen, sodass auch die eine oder andere Ballade zum Repertoire gehört.

Doch T.A.N.K. kann auch anders, nicht nur depressives und bedrückendes macht dieses Projekt aus. „Electro-heartbeat“ huldigt der Musik an sich als Fluchtmöglichkeit aus dem Alltag und andere Titel wie „Busstation“ sind inhaltlich eigentlich völlig sinnlos, aber verdeutlichen, wieviel Spaß T.A.N.K. an der Musik hat.

T.A.N.K. brachte den Raum voll stickiger und heißer Luft in ein weiteres Stadium, er brachte ihn zum Kochen. Der Liveauftritt war ein sehr Erlebnis, an das jeder gern zurück denken würde. So machen Konzerte Spaß!

Nach einer kurzen Umbauphase wagten sich die Martial-Electroniker Coinside auf die Bühne. Eine Aufwärmphase war überhaupt nicht notwendig, denn zum einen schwebte das Publikum noch in tänzerischen T.A.N.K.-Gefilden, zum anderen hat die Musik von Coinside genug Partypotential für einen einzigen Abend mit dieser Band. Stampfende Rhythmen machen diese Musik, die von sehr tief gesungenen und gesprochenen Texten begleitet wird, aus. Eine Parallele zur Band Calva Y Nada zu ziehen hinkt zwar, aber akustisch trifft dieser Vergleich wohl am ehesten.

Torsten Bessert (Gesang und Texte) und Sven Bussler (Musik) behandeln Themen wie unsere geschichtliche Vergangenheit, prangern Todesstrafe, Krieg und falsche Moral an. Obwohl sich das nach tiefdepressiver Unterhaltung anhört, kann man beim Konzert nicht anders, als komplett abzuheben. Eingefleischte Fans unterstützten Torsten durch ihren Chor, sodass es keineswegs ein steriles Konzert, sondern fast zum Privatauftritt wurde.

Nach Präsentation einer eigenen Auswahl fragte Torsten nach Publikumswünschen, woraufhin Rufe nach älterer Musik laut wurden. Diese noch etwas unausgegorenen und verdächtig nach den 80’er Jahren klingenden Songs müssen den Künstlern wohl mittlerweile etwas peinlich sein, denn durch die offensichtliche Gier danach verunsichert, fragte Torsten sofort nach, ob er und seine Band sich denn wenigstens weiterentwickelt hätten. So sah man die älteren Stücke ironisch und verwandelte sie mittels lustiger Tanzeinlagen in einen Spaß.

Coinside überzeugten durch ausgezeichneten Klang und großen Kontakt zu den Fans, die praktizierte Selbstironie hob die Stimmung um einiges und so ließen die Zuschauer auch diese Band nur ungern von der Bühne ziehen…

Den letzten Auftritt dieses Abends hatten Painbastard. Musikalisch ging es hier eher in Richtung Elektro, der nach Coinside erst einmal das Publikum zurück erobern musste. Dieses hatte sich zum Grossteil an die Bar und sonstige Aufenthaltsmöglichkeiten zurück gezogen, aber nach wenigen Stücken hatte jeder seinen Platz gefunden und schon quoll die Tanzfläche wieder schier über.

Die beiden Namensvettern Alex gaben alles, um das Publikum für sich zu gewinnen. Während Alex K. hinter dem Keyboard für die Musik sorgte, tobte Alex P. über die Bühne und ließ sich stimmlich an der behandelten Materie aus. Sowohl geschriene, geflüsterte, als auch gesungene Texte fanden den Weg zu den Ohren der Zuschauer, die sich mit einer Mischung aus Lights Of Euphoria und Suicide Commando konfrontiert sahen. Mitreißende Keyboardflächen bieten ein Klangerlebnis, bei dem man in Trance fallen und gemäß dem Vorbild des Sängers über die Tanzfläche toben muss, ohne sich eine Pause zu gönnen. Solidarische Unterstützung erhielten sie von T.A.N.K., der es sich nicht nehmen ließ, seiner Tanzlust freien Lauf zu lassen. So zogen Painbastard ihr körperlich anstrengendes Programm durch und machten das Publikum regelrecht fertig.

Nach diesem letzten gelungenen Auftritt war die Nacht noch nicht all zu weit fortgeschritten, die Tanzfläche wurde aber trotz laufender Musik nicht mehr genutzt. Drei Bands hatten es geschafft, das Publikum an seine physischen Grenzen zu treiben. Kleine Technikprobleme schafften kleine Pausen, aber insgesamt überzeugten alle Bands mit ihrem Können sowohl gesanglich, als auch musikalisch. Es war ein toller Abend. Danke sehr und bitte weiter so!

Autor: Michael

Werbung
Redaktion
Unter diesem Benutzernamen werden Beiträge ehemaliger und freier Mitarbeiter zusammengefasst.