Das erste Album „Time-Zeit“ ist kaum zwei Tage alt, da treffe ich Comte Caspar von Coppelius beim Dark Dance Treffen in Lahr zu einem Interview.
Leider stießen einige meiner Fragen bei den Coppelianischen Musikern auf taube Ohren. Informationen über die neuzeitlichen Identitäten der Herrschaften und die reale Bandgeschichte können hier also nicht preisgegeben werden. Auf jeden Fall beweisen Coppelius, dass auch im 19. Jahrhundert die Rhetorik und Kunst des Fragen-Ausweichens schon ausgezeichnet beherrscht wurde.
Oder ob die etwas chaotische Fragerunde dadurch so amüsant und ausschweifend wurde, dass zur fortgeschrittenen Stunde alle Teilnehmer schon etwas angeheitert waren?
Comte Caspar: Hochverehrtes Auditorium, es grüßt Sie Compte Caspar von Coppelius, meineszeitens Klarinettist und auch Sänger in der Band. Ich bin gespannt auf die interessanten und tiefschürfenden Fragen. Wie lautet denn die erste?
Sylvia: Wie gefällt es euch hier auf dem Dark Dance Treffen bisher?
Comte Caspar: Hier kann ich natürlich nur für mich selbst sprechen, denn jedem Coppelianer seien da seine eigenen Empfindungen überlassen. Für meinen Geschmack ist die galvanisch geprägte Musik ein wenig eintönig. Zwei galvanische Klangerzeuger und eine Stimme, galvanisch verzerrt, dass man kein Wort mehr versteht. Nein, handgemachte Musik gefällt mir besser.
Nun, wenn man sich das Volk ansieht, was sich hier herumtreibt, so freut es mich zu sehen, dass es auch Menschen gibt, die den üblichen Kleidungsnormen und Moden unserer Zeit entsagen. So wie auch wir nicht jeder kleinen Mode hinterherrennen, sondern unserem Stil über die Zeiten hinweg treu geblieben sind.
Sylvia: Wie fandet ihr euren Auftritt? Wie kam eure Musik beim, doch sehr elektronisch versierten Publikum an?
Comte Caspar: Ich denke, dass heute nur wenige Leute da waren, die uns schon kannten. Und wenn wir vor neuem Publikum spielen, dann haben wir im Allgemeinen ein staunendes und beobachtendes Publikum, bei dem man sich wundert, dass es so wenig reagiert. Und hinterher schreien sie nach Da Capo, Da Capo, Da Capo. Doch heute war es ja durchaus so, dass sich da einige gefunden haben, die da auch schon während dem Konzert applaudiert, geschrien, geklatscht und sich geschubbst haben. Schubsen scheint eine neumodische Sitte zu sein, Gefallen an Musik durch gewalttätiges Raufen vor der Bühne zu demonstrieren.
Und wie uns unser Auftritt gefallen hat? Da ja unser Butler Bastille schwerkrank im Bett liegt waren wir heute von Anfang an genötigt, sämtliche Arbeiten von fremdem Personal ausführen zu lassen, was sehr anstrengend war, da Bastille die Arbeiten doch sehr gewohnt von der Hand gehen und er sie sehr gut und zuverlässig erledigt, währenddessen das fremde Personal erst eingewiesen werden muss. Eine fürchterliche Belastung.
Sylvia: Ist Bastille der Butler jetzt auf der ganzen Tour außer Gefecht gesetzt?
Comte Caspar: Nein, ich hoffe dass er am kommenden Wochenende zum nächsten Konzert wieder genesen sein wird. Vielleicht hätten wir ihn auch schon heute aus dem Bett prügeln können. Jedoch wäre dann zu befürchten geweesen, dass er für den Rest des Jahres oder Jahrzents darniederliegt, und darum wollten wir ihm ein wenig Raum zum Genesen einräumen. Wir hoffen sehr darauf, nächstes Wochenende einen umso engagierteren, leitenderen Bastille auf und hinter der Bühne zu haben.
Sylvia: Wusstet ihr eigentlich, dass euer Auftritt hier als „Pre-Album-Release-Auftritt“ publiziert wurde? Das Album ist doch gestern offiziell erschienen, oder?
Comte Caspar: Ja, wir haben das vorher erfahren und uns darüber gewundert, hatten aber keine Lust uns damit tiefschürfend auseinanderzusetzen. Wir haben uns gedacht, da wir ja nun kein explizites Album-Release haben, lassen wir den Menschen doch ihre Freude an diesem „Exklusiven Pre-Album-Release“, was auch immer dieses seltsame Wortungetüm bedeuten mag. Vielleicht meinen sie vorgezogene Tonträgerveröffentlichungsfeierlichkeiten…
Sylvia: Auf eurem neuen Album habt ihr einen Videoclip veröffentlicht der sehr professionell wirkte. Habt ihr die Absicht über die großen Musiksender (MTV, Viva) bekannt zu werden?
Comte Caspar: Herr Graf, möchten Sie sich zu uns gesellen und einige Fragen zu Coppelius beantworten?
Graf Lindorf: Ich habe doch gar keine Ahnung von Coppelius! Mein 200 Jahre altes Gehirn ist nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit und deswegen wäre es wohl besser wenn ich mich nicht an dieser Diskussion beteiligen würde…
Comte Caspar: Die Frage war, ob wir hoffen mit unserem Video „Morgenröte“ auf den Rundfunksendern publizieren zu können. Und ich möchte sagen: Wer es spielen möchte, der möchte es spielen um die coppelianische Historie in die Welt hinauszutragen. Und was ist ihre Meinung dazu Herr Graf?
Graf Lindorf: Ich bin da ganz ihrer Meinung. Ich möchte allerdings hinzufügen, dass es, besonders für schwächere Gemüter zu gewissen Ängstigungen kommen kann, da es um eine schreckliche Geschichte geht in diesem Video. Und ich bin mir nicht sicher, ob jeder Sender in der Lage ist, dieses Video entsprechend zu senden.
Comte Caspar: Ich denke, da inzwischen auch die von den Gebrüdern Grimm gesammelten Märchen videografisch verfilmt wurden, sollte die Grausamkeit und Brutalität in unserem Musikvideo den heutigen Nerv nicht überspannen…
Graf Lindorf: Ja, denken sie nur an den bösen Wolf, der das Rotkäppchen…
Comte Caspar: Hören sie auf, mir wird ganz schlecht
(…)
Sylvia: Das ist jetzt natürlich äußerst rücksichtsvoll, hier solche Warnungen auszusprechen!
Habt ihr noch ein Schlusswort für die Leser?
Comte Caspar und Graf Lindorf: Coppelius hilft!
Autor: Sylvia












