Silbermond stürmen momentan mit ihrer aktuellen CD „Verschwende deine Zeit“ die Charts und sorgen für ausverkaufte Konzerte und gaben uns einen Einblick hinter die Kulissen.

Eniz: Hallo ihr und erstmal einen „herzlichen Glückwunsch“ für euer Album, das momentan auf Platz 4 der Album-Charts ist. Habt ihr mit einem solchen Erfolg gerechnet?

Silbermond: „Durch die Nacht“ ist von 35 auf 20 gestiegen, schon das war für uns ein kleiner Traum, und da das Album mehrere Male verschoben wurde, waren wir einfach nur froh, als es dann endlich draußen war. Da interessiert in erster Linie, wie es bei den Leuten ankommt, die schon lange drauf gewartet haben. Dass es dann letztendlich in den Charts so gut dasteht, konnte keiner wissen und DAS haben wir auf keinen Fall erwartet – ein etwas größerer Traum, den wir noch gar nicht richtig realisieren können.

Eniz: Inwiefern ändert sich das Leben, nach dem man sozusagen aus dem Nichts kommt, ein Video dreht und plötzlich ins Schwarze trifft? Rennen einem die Reporter jetzt die Türen ein?

Silbermond: Also ganz so plötzlich ist ja nicht ganz richtig… aber man ist wesentlich mehr auf Autobahnen unterwegs. Und was die Reporter angeht: Also die Türen lassen sie meistens ganz und es ist echt geil, dass überhaupt so viele Leute was über uns erzählen wollen.

Eniz: Nun gut, „aus dem Nichts“ ist nicht gerade richtig. Schließlich gibt es euch schon seit 2000 und ihr habt eine Reihe von Regional-Wettbewerben gewonnen. Wie war der Weg von der Regional-Band nun zu einer Band, deren Video in der Video-Rotation bei MTVIVA präsent ist?

Silbermond: Wir kennen uns seit sechs Jahren und spielen seitdem auch schon zusammen, seit 2000 dann in dieser Besetzung. In dieser Zeit haben wir uns durch alle kleinen Kneipen bei uns in der Gegend gespielt, waren auf jedem Dorffest und haben eben auch viele Wettbewerbe mitgemacht. Zuerst den regionalen bei uns in Bautzen, dann den Sachsen-weiten und den mitteldeutschen Wettbewerb… Unsere ersten Demos haben wir in der Nähe von Bautzen, in Löbau, aufgenommen. Da haben wir zwei richtig geile Musiker getroffen und auch unseren jetzigen Manager kennengelernt. Durch Bekanntschaften von denen sind wir dann zu unseren Produzenten nach Berlin gekommen und haben dort angefangen aufzunehmen.

Als das Material dann einigermaßen stand, haben wir ein „Showcase“ gespielt, eben einen Gig, wo man Plattenfirmen einlädt. Es waren auch ein paar da, die Interesse hatten, aber schon bei den ersten Besprechungen fing es an: Also der Name ist scheiße, und es müssten weniger Gitarren sein, und bisschen radiotauglicher müsste das Ganze auch klingen…… Das waren uns dann echt zu viele Kompromisse und wir haben lieber weiter an unseren Songs gearbeitet!

Wenige Wochen danach haben wir in unserer Heimatstadt gespielt und nach dem Konzert kam eine Frau zu uns, die von der BMG München war. Sie hat gefragt, ob wir schon einen Deal hätten und wie es mit Promomaterial aussieht…. Sie bekam dann die Nummer von unserem Manager und auch das Zeug und hat es (da sie „nur“ von der Rechtsabteilung der BMG war) hoch in die A&R- Abteilung von Modul (BMG München) gegeben….. Als wir dann mal in München waren, hat uns unser A&R gesehen und hat gesagt: Gute Band…. Alles ist gut so wie es ist. Was will man mehr als Band? Dann ging alles relativ schnell. Er war oft auf Konzerten von uns und hat sich für uns echt ins Zeug gelegt. Nicht zuletzt war das Menschliche auch ein Grund für unsere Entscheidung…

Viele Leute haben in dieser Zeit an uns geglaubt und haben viel Zeit und Geld investiert….. Und gerade wenn man als Newcomerband mit dem ersten Video am Start ist, denken eben nicht alle so….. Und bis zu einer Rotation auf diesen Musiksendern ist es ein langer, holpriger Weg.

Eniz: Ihr habt auch den „New Faces Award 2004“ gewonnen. Wie ich gelesen habe, habt ihr euch sehr darüber gefreut, was ich verstehen kann. Meint ihr, dass ein Award, der ja auch die Meinung der Fans reflektiert, aussagekräftig genug ist, um sagen zu können: „Das sind gute Musiker.“? Tocotronic z.B hatten 1996 den VIVA-Cometen wegen der fragwürdigen Kategorie „Jung, deutsch, erfolgreich und auf dem Weg nach oben“ abgelehnt. Wo sind da bei euch die Grenzen?

Silbermond: Sicher gibt es Grenzen, aber die zu definieren liegt hier so kurz und knapp vielleicht nicht im Rahmen der Möglichkeiten! Der „New Faces Award 2004“ war für uns schon eine kleine Ehre, denn wie du schon sagst war es ein Fanvoting. Deshalb haben wir uns besonders darüber gefreut, und einen Grund, diesen Preis abzulehnen, gab es daher für uns nicht.

Eniz: Ist es eigentlich merkwürdig, sich selbst im Fernsehen zu sehen?

Silbermond: Anfangs schon… Und es ist auch jetzt immer wieder lustig, wenn man abends noch mal den Fernseher anschaltet und sich dann irgendwie sieht. Aber das macht uns ja nicht zu anderen Menschen und schon gar nicht zu irgendetwas Besserem.

Eniz: Euer Album habt ihr „Verschwende deine Zeit“ genannt… Ein Titel von DAF und der Kinofilm heißen „Verschwende deine Jugend“. Besteht da ein Zusammenhang?

Silbermond: Nein, da gibt es keinen Zusammenhang.

Eniz: Ihr werdet in einem Atemzug mit „Wir sind Helden“ genannt. Da laufen mancherorts die Meinungen sehr weit auseinander. Die einen sagen, ihr wärt 1000mal besser als „Wir sind Helden“, andere wiederum sagen, ihr wärt eine Nachahmer-Band, die im Fahrwasser der Helden mitschwimmen würde… Stört es euch sehr, dass mehr oder weniger ständig diese Vergleiche gezogen werden?

Silbermond: Musik ist immer Geschmackssache und sicher gibt es Parallelen, zum Beispiel die Besetzung, und dass wir deutsche Texte machen, aber irgendwo hat jede Band auch ihre Eigenständigkeit und Geschichte, die nicht ignoriert werden sollte. Wir sagen immer: Am besten zum Konzert kommen und selbst Meinung bilden.

Eniz: Euer Engagement für Nachwuchsbands habt ihr u.a. damit zum Ausdruck gebracht, dass ihr Schülerbands die Möglichkeit gegeben habt, als Vorband für euch in den jeweiligen Städten zu spielen. Macht ihr in der Hinsicht noch mehr?

Silbermond: Wenn uns die Möglichkeit gegeben ist, dann werden wir natürlich immer versuchen, gute Musik im Rahmen unserer Möglichkeiten zu unterstützen. Zum Beispiel auf der Tour. Wir wollten jungen Bands, die schwer an Gigs kommen, einfach eine Chance geben, aufzutreten, denn wir wissen, dass es nicht einfach ist, als junge Band mit eigenen Liedern eine Auftrittsmöglichkeit zu bekommen. Mal sehen, was man da in Zukunft noch machen kann ;-)

Eniz: Nun ist es so, dass ihr alle ungefähr Anfang 20 seid. Da hat man das Abitur gerade hinter sich und man fragt sich, wie es – auch beruflich – weitergehen soll, wenn man nicht gerade ein sehr erfolgreiches Album hervorgebracht hat. Wie stellt ihr euch die Zukunft vor? Hat man da – neben der Musik – noch den Wunsch, einen Beruf zu erlernen oder zu studieren, als „Absicherung“ sozusagen?

Silbermond: Wir haben keinen „Plan B“. Im Moment machen wir das, was uns Spaß macht. Und wenn wir einen hätten, würden wir ja daran zweifeln, dass alles gut geht, und das tun wir nicht. Studieren oder eine Lehre machen, das kann man immer noch. Die Chance, Musik zu machen, hast du vielleicht nur einmal im Leben. Und auch wenn das nächste Album nicht so „erfolgreich“ wird, sind es doch nicht die Charts, die dich dazu bringen, Musik zu machen, sondern die Magie und die Leidenschaft zur Musik.

Eniz: Ihr alle vier kommt aus Bautzen und wohnt nun in Berlin. Das sind 160km Luftlinie. Warum der Entschluss, nach Berlin in eine 1-Zimmerwohnung mit dem Manager und den Bandkollegen zu ziehen? Und ist das wirklich wahr, dass ihr zu fünft dort wohnt?

Silbermond: Also es sind nur wir vier, die Band eben! Und wieso sollte das ein „Medienfake“ sein? Als wir im Januar nach Berlin sind, war die Wohnung von Stefanie sicher, die von uns Jungs eigentlich auch so gut wie, wurde aber dann abgesagt. Also standen wir mit den Sachen von 4 Leuten nun vor einer Wohnung, die gerade mal 35 Quadratmeter hat. Was blieb uns anderes übrig? Zu der Zeit war der Wohnungsmarkt auch nicht gerade sooo voll, also haben wir es uns erst mal so eingerichtet, dass es einigermaßen ging…….. Dann wurde die Zeit auch nicht gerade mehr und so haben wir es jetzt erstmal dabei belassen. Wir sind sowieso nicht oft da, also kommen wir, schlafen und fahren früh wieder. Wenn es an das zweite Album geht, fangen wir aber wieder intensiv an zu suchen.

Eniz: Kommen wir zu eurer CD. Die Texte sind allesamt sehr ausgefeilt und existenzhinterfragend… Sie handeln von zwischenmenschlichen Beziehungen, von den Fragen nach dem Sinn des Daseins, von Stagnation und Niedergeschlagenheit. Verarbeitet ihr damit auch eigene Erlebnisse?

Silbermond: Klar sind viele Texte autobiographisch, aber viele Sachen sind auch aus dem Alltag oder Geschichten, die Freunde erlebt haben. Vieles verarbeitet man auch unbewusst und das spiegelt sich dann auch in den Texten wieder.

Eniz: Und wer schreibt all diese Texte? Entstehen sie im Kollektiv oder hat jemand von euch ein besonders goldenes Händchen dafür?

Silbermond: Das läuft bei uns ganz demokratisch ab. Meistens hat einer eine Grundidee, ´ne coole Zeile oder ein cooles Riff und dann entsteht der Rest meistens im Proberaum.

Eniz: In eurem Video zu „Durch die Nacht“ sieht man, wie Stefanies Herz (oder Leber?) von jemandem herausgerissen wird. Danach „blutet“ eine schwarze Substanz aus ihren Augen und verteilt sich im ganzen Raum, bevor es dann ganz schwarz wird… Was für eine Bedeutung steckt dahinter?

Silbermond: Der weiße Raum soll die Seele von Stefanie darstellen, und diese Seele wird Stück für Stück von dieser unerfüllten Sehnsucht eingenommen. Das „Schwarze Blut“ symbolisiert also die Sehnsucht und dieses Kämpfen Nacht für Nacht, in der dir immer wieder ein Stück deines Herzens herausgerissen wird.

Eniz: Als letzte Frage: Was kommt als nächstes?

Silbermond: In weniger als vier Wochen beginnt unsere „Verschwende deine Zeit“-Tour – eine kleine gemütliche Tour durch die kleinen Clubs Deutschlands. Sie beginnt am 15. September, und wer Karten haben will….. Alle Termine und alles Wichtige steht auf www.silbermond.de

Ende September kommt noch unsere dritte Single „Symphonie“ und nach der Tour geht es wieder in den Proberaum!!!

Eniz: Damit bedanke ich mich herzlichst für die Zeit, die ihr euch genommen habt, diese Fragen zu beantworten. Ich wünsche euch weiterhin viel Erfolg.

Autor: Eniz

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