Sound Tesselated aus Berlin existieren an sich schon seit ca. 10 Jahren und bewegen sich auf der Synth-Pop-/Wave-Schiene. Nun haben sie ihr mittlerweile schon drittes Album veröffentlicht. Was Richardo, einer des Trios, zu erzählen hat, könnt ihr im nachfolgenden Interview lesen.

Eniz:
Hallo und erstmal herzlichen Glückwunsch zu eurer neuen CD „Dizzy“. Nach 4 Jahren ist es nach „Homeless“ eure dritte Veröffentlichung. Was habt ihr in dieser Zeit so getrieben?

Ricardo:
Wir haben uns lange neu orientieren müssen. Viele Leute sind gekommen und wieder gegangen. Wir haben die Zusammenarbeit mit anderen Musikern ausprobiert und in dieser Zeit unser Studio aufgebaut. Außerdem haben wir uns mit Plattenfirmen und Verlagen auseinandergesetzt und ´ne Menge gelernt. Dass wir den richtigen Weg eingeschlagen hatten, hatte uns die „Overnight“ gezeigt. Außerdem hatten wir die Zeit genutzt, um Sound Tesselated wachsen zu lassen. Diese Zeit war alles andere als ruhig. Das Ergebnis ist eine Band, die sich absolut selbstständig in der Elektropop-Szene behaupten und sich nun voll und ganz auf das Komponieren von guten Songs konzentrieren kann.

Eniz:
Ich habe gesehen, dass ihr Eure CDs im Eigenvertrieb verwaltet. Ist das nicht etwas mühsam oder was ist der Grund, warum ihr das so handhabt?

Ricardo:
Wir haben das Spiel mit den Plattenfirmen zu Genüge mit der „Overnight“ und der „Homeless“ durch. Da hieß es fast immer “Ja, der Sound ist aber nicht kommerziell und nicht so und so“. Es hat niemanden interessiert, dass die Songs eingängig sind und wir gute Stimmen haben, sondern immer nur „Der Sound ist hier und der Sound ist da“. Ich glaube aber, dass wir uns nicht dafür entschuldigen müssen, dass wir in unserem damaligen Alter von 21 Jahren kein riesen Profistudio besaßen oder anmieten konnten. Wir haben uns aber trotzdem nicht davon abbringen lassen, 1996 mit unserer ersten Platte die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu erregen. Ich würde sagen, das spricht für uns und gegen die Politik der Plattenfirmen.

Wir wollen einfach nur Musik machen. Wenn heute jemand ein Album auf unserer Homepage bestellt, wissen wir einfach, dass es ehrlich gemeint ist und diese Person unsere Musik nicht mag, weil er sie von einer kommerziell denkenden Maschinerie aufgedrückt bekam. Das eigentlich Witzige an der Sache ist, dass sich jetzt kurz nach Erscheinen der „Dizzy“ die Plattenfirmen bei uns „bewerben“. Man scheint mittlerweile zu merken, dass wir unaufhaltsam ein Album nach dem anderen produzieren und auch das öffentliche Interesse an unserer Band steigt. Bei der „Dizzy“ sparen wir uns einfach das Porto und bieten sie gar nicht erst den Plattenfirmen an. Es geht auch so ganz gut. Wie bereits erwähnt: Wir sind selbstständig und ausdauernd genug, um uns selbst zu verkaufen. Der nächst Schritt wäre eigentlich, ein eigenes Label zu gründen. Mal schauen, vielleicht haben wir ja mal Lust, in diese Richtung weiter zu gehen.

Eniz:
Erzählt doch mal ein wenig über euch selbst. Auf der Bandhomepage ist zwar ein kleiner Ausschnitt, aber nach ein paar detaillierten Informationen sucht man da vergebens… Wie kam es, dass ihr euch entschlossen habt, Musik zu machen?

Ricardo:
ST besteht seit 1994 unter diesem Namen. Diese Norman – Ricardo-Kombination gibt es aber schon viel länger. Wir wurden 1980 zusammen eingeschult und sind zusammen aufgewachsen. Norman war auch mein erster Musiklehrer. Naja, außer der in der Schule. Aber der war uncool und alt. Also, Norman konnte sich in seinem damals zartem Alter von acht oder neun Jahren ans Klavier setzen und mir die damals aktuellen Lieder der guten alten NDW-Zeit und sogar schon eigene kleine Kompositionen vorspielen. Das fand ich echt abgefahren und ich wollte das auch können. Also bin ich ran ans Klavier und hab einfach mal losgedudelt. Wie sich rausstellte, hatte ich ebenfalls das Talent zum Klavierspiel. Drauf folgten dann meinerseits Klavier- und Orgelunterricht. Nebenbei wurde ich noch im Schulchor als Gesangssolist ausgebeutet und tourte mir diesem Chor durch Berlin und Umland. Dann erlernte ich noch die hohe Kunst des: „Wie leiere ich meinem Vater ein brauchbares Westkeyboard aus den Rippen?“. Als dieses dann endlich 1986, glaub ich, eintraf, war natürlich Polen offen. Das Teil war für unsere damaligen Verhältnisse ein fast komplettes Studio. Naja, und nach der Maueröffnung lief sowieso alles anders. Wir haben uns nach und nach ein komplettes Studio zusammengeklaut und müssen nun auch nicht mehr zuhause arbeiten, sondern haben inzwischen eigene, etwas größere Räumlichkeiten in Berlin zum Studio umgebaut.

Eniz:
Wie ich in der Rezension schon schrieb, erinnert mich eure Musik sehr stark an die frühen 80er Jahre Wave-Songs á la Depeche Mode und Soft Cell… Sind das eure Vorbilder?

Ricardo:
Nein. Es gibt kein Vorbild. Wir haben nie versucht, zu klingen wie…. Unsere Musik klingt, wie sie klingt, weil wir es so wollen und schön finden. Wir machen einfach nur das, was wir gern machen, nämlich melodiöse elektronische Musik. Wir können ja auch nichts dafür, dass andere Bands in den 80ern und ja auch heute noch elektronische Musik machen. Wir sind Musiker genug, dass wir auch Gitarrengeschrubbel machen könnten. Gefällt uns aber nicht.

Eniz:
Und was hört ihr privat so für Musik?

Ricardo:
Tja, also ich bin eigentlich ganz froh, wenn ich privat keine Musik hören muss. Höchstens mal Klassik im Radio. Norman macht auch bloß sein Autoradio zur dezenten Hintergrunduntermalung in Stau an.

Eniz:
Woher der Entschluss, gerade die Art von Musik zu machen?

Ricardo:
Wir waren schon Mitte der 80er von den Klangmöglichkeiten faziniert. Wir hatten immer schon den Drang, Sounds zu kreieren und fanden nur in der elektronischen Musik unsere Befriedigung.

Eniz:
Auf „Dizzy“ vernahm ich weiblichen Gesang im Hintergrund… Wer ist das?

Ricardo:
Doreen oder Dara. Kommt auf´s Lied an.

Eniz:
Thematisch behandelt ihr auf „Dizzy“ sehr viel, was mit Beziehung zu tun hat. Hat das einen bestimmten Grund? Also, autobiographisch sozusagen?

Ricardo:
Nein, kann man so nicht sagen. Es geht um uns alle. Um unsere Gefühle, um unser Handeln. Ob rational oder irrational. Den einen Tag könnten wir vor Freude himmelhoch jauchzend an die Decke springen, und am nächsten Tag sind wir schon wieder völlig am Boden zerstört. Unser Leben ist so facettenreich, dass wir daraus Texte für die nächsten 100 Alben machen können.

Eniz:
Ihr wohnt ja nun in Berlin, und gemessen an der Fülle von unterschiedlichsten Bands besteht ja doch schon die Gefahr, dass die Leute reizüberflutet sind und eine relativ unbekannte Band gar nicht zur Kenntnis nehmen… Wie ist das bei euch? Habt ihr euch einen Namen gemacht, so dass das Publikum einen „Aha“ – Wiedererkennungseffekt hat?

Ricardo:
Natürlich gibt es in solch einer großen Stadt wie Berlin viele Bands. Nun liegt es aber an der Band selber, wie ausdauernd sie ist und wie viel Potenzial in ihr steckt. Eine wirklich kleine Band, die gerade mal 5 Songs auf ein Demotape geschustert hat und denkt, sie ist toll, hat keine Chance. Außer bei ihren Eltern vielleicht. Wenn man aber genug Power, Kreativität und Können an den Tag legt, hebt man sich früher oder später von der Masse ab. Trotz des großen Erfolges unserer ersten Platte „Overnight“ dachten viele „O.k, die sehen wir nie wieder“. Nach der zweiten Platte „Homeless“ dachten wieder viele „Hey, wieder mal ne Platte von den Jungs. Aber mehr kommt da bestimmt nicht.“ Nun haben wir die dritte Platte draußen. Und wer denkt, dass das die letzte ist, dem sei gesagt: IRRTUM. Und so macht man sich im Laufe der Jahre mit viel Durchhaltungsvermögen und guten Songs einen „Namen“.

Eniz:
Mischt ihr in anderen Band eigentlich auch mit oder ist „Sound Tesselated“ DIE Band? Du z.B. hast ja auch eine Solo-CD gemacht, mit tatkräftiger Unterstützung von „Sound Tesselated“, nehme ich an…

Ricardo:
Bei der „Ricardo on the rocks“ hat Sound Tesselated den einen oder anderen Beitrag geleistet. Aber auch andere Bands haben mich unterstützt. Ansonsten werden wir ab und zu von Bands angesprochen, deren Songs zu produzieren oder Remixe zu machen.

Eniz:
Könnt ihr von der Musik leben? Auf der Homepage war ein Zitat, von wegen dass der Musikkünstler um 13:00 aufwacht und bis 20:00 hart durcharbeitet…

Ricardo:
Nun, wir vermieten unser Studio, verkaufen Platten und wir machen Werbejingles für Firmen. Wir sind tatsächlich erst gegen 12.00 Uhr im Studio, arbeiten aber fast immer bis 1.00 Uhr oder 2.00 Uhr nachts durch. Also unter 12 bis 13 Stunden Arbeit geht hier keiner raus. Wochenenden und Feiertage kennen wir auch kaum. Alles in allem ziemlich anstrengend, aber schön.

Eniz:
Verfolgt ihr eigentlich die Entwicklung der so genannten schwarzen Szene? Und wenn ja, was meint ihr, was sich verändert hat, vergleicht man heute und damals (also, vor 10 Jahren oder so)?

Ricardo:
Wir verfolgen leider überhaupt nicht die Entwicklung der sogenannten schwarzen Szene, und bevor ich was Falsches sage, sag ich lieber gar nichts.

Eniz:
Ferner hab ich gelesen, dass eure nächste CD 2008 erscheint. Ich kann da einen 4-Jahres-Rhythmus erkennen… Absicht?

Ricardo:
Wir erkannten nach der „Dizzy“ selbst erst einmal diesen unabsichtlichen 4-Jahres-Rhythmus und haben daher diesen kleinen Scherz auf unserer Seite angebracht. Aber so, wie es aussieht, werden wir uns untreu. Die nächste Platte kommt schon nächstes Jahr. Die ist nämlich schon halb fertig.

Eniz:
Wie sieht das mit Konzerten aus? Tretet ihr auch schon mal vor einem größeren Publikum auf und wie ist da so die Resonanz?

Ricardo:
Nach so vielen Jahren harter Arbeit haben wir es uns auch mal verdient, vor etwas mehr Publikum zu spielen. Die Reaktion ist: „STIMMUNG !!!“

Eniz:
Und wenn wir grad dabei sind… Erwartet uns was für die Zukunft in Form von Konzertauftritten und so?

Ricardo:
Ja! Wir werden dieses Jahr auf unserer Tour noch so um die 20 Konzerte in ganz Deutschland geben. Achso, und noch zwei in Koppenhagen. Die genauen Termine werden rechtzeitig auf unserer Homepage www.sound-tesselated.de bekanntgegeben.

Eniz:
Ja, da bedanke ich mich herzlichst für dieses kleine Interview mit euch. Ich wünsche weiterhin noch viel Erfolg und bis zum Jahr 2008 dann mal wieder.

Ricardo:
Auch ich möchte mich selbstverständlich im Namen der Band für dieses Interview und Dein Interesse bedanken. Wir halten Dich über alle weiteren Aktivitäten von Sound Tesselated auf dem Laufenden. Und das wird hoffentlich nicht bis 2008 dauern. Liebe Grüße von hier an all unsere Fans…

[Das Interview wurde via Email durchgeführt]

Autor: Eniz

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