edenherbstEden weint im Grab – und wir weinen mit. Die einen aus erfürchtiger Begeisterung, die anderen wohl eher aus purer Verzweiflung. An Bands wie Eden weint im Grab scheiden sich die Geister und daran wird auch das neuste Output der Darkmetal-Formation mit Ambientcharakter sicherlich nichts ändern.


Hoch anrechnen muss man dem Musikprojekt, rund um Kopf und Stimmband der Berliner Avantgardisten Alexander Paul Blake, allerdings den schier tollkühnen Wagemut in Zeiten, in der der Musikmarkt kaum unsicherer sein könnte, mit einem Album anzutreten, das den Erwartungen an einen üblichen Longplayer kaum weniger entsprechen könnte als eben dieses.


So entfernen sich Eden Weint im Grab mit „Herbst des Einsamen“ von ihren eigenen metallischen Wurzeln und präsentieren dem geneigten Hörer auf knapp 45 Minuten verteilte Soundcollagen, die allerdings eher an ein morbides Hörbuch als an ein echtes Musikalbum erinnern wollen.


Dieser Effekt liegt vorallem darin begründet, dass die zwölf neuen Stücke eine Vertonung der Dichteskunst des österreichischen Expressionisten Georg Trakl darstellen, die nicht nur ohne jegliche Gitarren, sondern auch – und da liegt der Hase im Pfeffer – vollkommen ohne Gesang interpretiert wurden.


Mit düster-dunkler Stimme und stoischer Ruhe rezitiert Blake die Werke des Dichters und das wird leider trotz bisweilen zu erkennender Nuancen in der Artikulation, spätestens mit dem dritten Titel nicht nur ein wenig eintönig, sondern auch irgendwie ziemlich anstrengend für den Hörer zu verfolgen.


Obgleich sich diese Vorlesung, rein stilistische betrachtet, dabei perfekt mit dem atmosphärischen Klangteppich aus Orgeln, Keyboards, Streichern, oder den bei „De Profundis“ anzutreffenden Kirchenglocken ergänzt, wäre es einem so fast lieber gewesen, wenn dieses Album als reines Instrumentalstück aufgenommen worden wäre und die Gedichte einfach als schmückendes Beiwerk zum selber Nachlesen beiligen würden.

Denn das musikalische Gerüst der Trakelschen Gedichtevertonung erweist sich als absolut gelungene Umsetzung, die der bis heute unvergessenen Lyrik des Expressionisten, an Morbidität und Tiefgang in Nichts nachsteht.


Für Freunde des gesprochenen Wortes und musikalischer Klänge mit Gänsehautgarantie kann hier sicherlich eine Empfehlung ausgesprochen werden, mal rein zu hören, doch die Meisten dürften mit diesem anspruchsvollen Werk zumindest anfänglich ihre Schwierigkeiten haben. „Der Herbst des Einsamen“ ist vermutlich ein Album, dem man sich langsam und mit Bedacht nähern sollte. Auch die auf dem Cover zu findende Empfehlung sich die CD im Dunklen und mit einem Glas Wein bewaffnet anzuhören, dürfte ein vernünftiger Ansatz sein. Menschen soll man sich beim ersten Treffen ja schliesslich auch durch den Genuß von Alkohol in ein positiveres Licht rücken können …

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