Mit Forever Slave setzt sich neben Nightwish und Within Temptation eine weitere Gothic-Metal-Band in Szene. Haben wir nicht schon eine Goth-Metal-Überdosis? Abwarten und lesen, was Euch hier so erwartet…

Die junge Band
Die Kunststudentin, Gothic-Sängerin und Fetish-Modell Lady Angellyca und Servalath gründeten im Jahr 2000 diese Band. Sie holten sich den Violinisten Ignaz, den Keyboarder Leal und den Drummer und gleichzeitig stimmlichen Gegenpart Edward hinzu.
Zuerst entstand das Demo „Hate“, die Künstler sprudelten förmlich vor Kreativität und so erschien 2001 das Demo „Dak Angel“. Beide Werke sorgten für Aufsehen, das dazu führte, dass im Jahre 2004 „Resurrection“, das die Geschichte der Elizabeth Bathory erzählt, die Ohren der Hörer ereilte.

„Alice’s Inferno“
Nach den drei Demos ist es am 26.09.2005 endlich so weit, das erste Album der Band erscheint. Bereits der Name verheißt einiges: Alice’s Inferno! Als bekannteste Alice sollte allen jene aus dem Wunderland bekannt sein, die vor einigen Jahren bereits in einer grusligen Computerspieladaption eine Fortführung ihrer Geschichte erfuhr und an die man bei dem gewählten Titel sofort erinnert wird. Parallelen zu dieser Geschichte sind unübersehbar und es mag eventuell eine Inspiration gewesen sein, diese Thematik umzusetzen, doch dies soll hier keinesfalls unterstellt werden.
Alice soll ihre Eltern getötet haben. Sie selbst wurde aufgrund von Schuldgefühlen und folgenden Selbstmordversuchen in eine Psychiatrie eingewiesen. Auf der Suche nach ihrer Rettung muss Alice sich in ihr Unterbewusstsein zurückziehen, denn nur dort existiert das Wissen, das sie heilen kann. Auf dieser Reise wird sie mit den schmerzhaften und einschneidenden Erinnerungen an Selbstmord, verlorene Liebe und andere Dinge konfrontiert, um sich selbst wieder zu finden…
So ergeht es nun der Alice von Forever Slave, die eine Symbiose der Werke „Alice im Wunderland“ und Dante’s „Inferno“ sein soll.

Musikalisch wollen Forever Slave eine Mischung aus weiblichem Gesang zu harten Gitarrenklängen schaffen, die in ein orchestrales, dramatisches Konzept eingebettet ist. Soweit die Theorie…
Lady Angellyca’s Gesang ist durchaus sehr schön anzuhören, eine feinere und hellere Stimme gab es in letzter Zeit meines Wissens nicht. Sie ist der dem Gothic Metal so übliche Gegenpol zu Edward gegrunztem Gesang, der wohl tiefer kaum sein kann. Beide erfüllen den ihnen zugedachten Teil mit außerordentlicher Präzision und einer bestens dosierten Kraft und Fülle.
So beginnen einige Titel von der Musik her noch recht ruhig, Angellyca’s klarer Gesang ist einnehmend, faszinie-rend und bewundernswert. Über die scheinbare Idylle bricht nun Edward mit seiner brachialen und akustisch gewalttätigen Stimme herein und so zeigen beide damit die scheinbar unüberwindlichen Differenzen zwischen Alice selbst und der Welt, in der sie momentan gefangen ist, auf.
Diesem Konzept wird Lied für Lied gefolgt. Beide Sänger übernehmen abwechselnd die Rollen der Erzähler, Angellyca speziell auch die der Alice, Edward spielt kurzzeitig ein Orakel.
Eingebettet in teils bedeutungsschwangere ruhigere Musik steigert sich der musikalische Rahmen zur Geschichte im Laufe des Albums in ein Feuerwerk aus harten und immer schnelleren Gitarrenriffs, Schlagzeuggeknüppel und steigendem Tempo. Nur kurze Unterbrechungen sorgen für bedächtige Pausen in der Chronik des beginnenden und zu umgehenden Wahnsinns.
Das Konzept von Wechsel zwischen zarter und harter Stimme mit entsprechender Untermalung durch metal-beeinflusste Musik ist keineswegs neu. Eine Erweiterung des Spektrums um orchestrale Unterstützung, die die steigende Dramatik des Inhalts noch besonders hervorhebt, ist auch nicht der Stein der Weisen. Man sollte Forever Slave jedoch zugute halten, dass es sich um das Debütalbum handelt und dafür eine sehr reife Leistung abgeliefert wurde. Im Gegensatz zu anderen Gothic-Metal-Bands muss jedoch hervorgehoben werden, dass die Gegensätze zwischen Licht und Dunkel nur seltenst klarer getrennt waren wie bei Forever Slave
Kleine Schnitzer in Form von kurzem Stocken oder Holpern der Melodie seien verziehen, fallen diese doch nur bei den ersten paar mal Hören ins Gewicht. Irgendwann sind diese scheinbar verschwunden. Offenbar ist das Album einfach nur ein klein wenig gewöhnungsbedürftig und benötigt eine kurze „Einschleifzeit“. Es fallen allerdings weiterhin auch recht plötzliche Stilwechsel auf, die vom Übergang her nicht immer ganz elegant gelöst scheinen und auf jeden Fall verbesserungswürdig sind und bei der nächsten Arbeit sicher auch Berücksichtigung finden werden.
Noch ein seltsamer Punkt im Zuge dieses Albums ist die zeitweise irgendwie abartig fröhlich klingende Musik. Es wird nicht wirklich Frohsinn zelebriert, aber in manchen Sequenzen scheint sämtliche Dramatik verloren zu gehen, obwohl sich inhaltlich Tragisches abspielt.

Abschließendes Urteil
Forever Slave haben Potential und davon eine riesige, kaum zu bewältigende Kiste. Auf dem Debüt hat man das Gefühl, dass sie leider nur auf 80 Prozent Ihres Könnens hochfuhren und das lässt auf nachfolgende und damit auch feinstgeschliffene Werke hoffen. „Alice’s Inferno“ wird sich zum Grossteil sicher nur bei den Hardcore-Goth-Metal-Fans dauerhaft durchsetzen, weil die Band nichts weltbewegend Neues bietet. Aber hört mal rein, die Erfahrung ist es auf jeden Fall wert und der eine oder andere mehr wird sich Forever Slave zugetan fühlen…

Titel
01. Lunatic Asylum
02. Reminiscences
03. In the Forest
04. Equilibrium
05. The circles of Tenebra
06. Dreams and Dust
07. Aquelarre
08. Across the mirror
09. Tristeza
10. The Letter

Autor: Michael

Werbung
Redaktion
Unter diesem Benutzernamen werden Beiträge ehemaliger und freier Mitarbeiter zusammengefasst.