Das „l´orchestre de Chambre noir“, kurz: Chamber, gab uns anlässlich der Tour mit l´âme Immortelle am 22.10.04 in Karlsruhe ein Interview. Dabei hatte ich die Gelegenheit, Max und Ralf kurz nach dem Konzert über ihre neue Platte „Solitude“ und Zukunftsaussichten zu befragen.

Eva: Gibt es auf der „Solitude“ ein Thema, das sich durch das komplette Album zieht?

Max: Naja, Solitude.

Eva: Ein wenig genauer bitte, Max.

Max: Das Thema Einsamkeit in allen möglichen Variationen. Selbstgewählte, erzwungene, passierte, erdrückende, befreiende, existierende Einsamkeit.

Eva: Hast du persönliche Erlebnisse und Erfahrungen verarbeitet?

Max: Ich glaub wir alle. Ich denke mal Einsamkeit ist ein Thema, das alle betrifft, das jeder in irgendeiner Form erlebt hat, das jeden beschäftigt. Es ist teilweise so, dass einfach Beobachtungen verarbeitet sind, es ist aber auch so, dass wirklich persönliche Erfahrungen eine ganz große Rolle spielen.

Eva: Wo siehst du einen Unterschied zu eurer letzten CD bzw. allgemein zu euren älteren Werken?

Max: Prinzipiell gibt es von der Machart einen großen Unterschied. Das fing beim Songwriting an. Wo ich früher alleine mit der Gitarre gesessen hab, haben wir das jetzt gemeinsam gemacht. Ralf hat mir Ideen zugeworfen und ich hab versucht, damit zu arbeiten. Das ist die eine Seite, die mehr den Ralf betrifft, auf der anderen Seite ist es auch so, dass zum ersten Mal ein Stück dabei ist, das Tina und Katharina komplett alleine gemacht haben. Auch waren wir dieses Mal in produzierender Weise, zusammen mit Hansjörg Wenzel, tätig. Und das ist kein lustiger Job.

Eva: Produktion ist kein lustiger Job?

Max: Nein. Produktion ist insofern kein lustiger Job, weil ich an die Grenzen meiner Belastbarkeit gestoßen bin. In dem Sinne, dass ich festgestellt hab, dass ich zwar weiß, was ich hören will, aber umsetztungstechnisch ein sehr großes Manko habe. Und da war der Hansjörg Gold wert. Er weiß ganz genau, wie man mit Streichern umgeht, wie man sie inszeniert. Ohne ihn hätte das ganz klar nicht funktioniert

Eva: Sollte nicht auch der jeweilige Musiker wissen, welche Möglichkeiten er mit seinem Instrument hat?

Max: Naja, Ralf, sag du mal was als Klassiker. Also vorab sag ich mal wie ich es sehe. Für mich ist es so, dass jeder, der sein Instrument bedient, weiß, was er damit machen kann. Jeder seinem jeweiligen technischen, musikalischen Standard entsprechend. Der Arrangeur oder Komponist weiß, was rein theoretisch mit dem Instrument machbar ist.

Ralf: Max hat da schon völlig recht. Natürlich weiß jeder Instrumentalist, was er mit seinem Instrument machen kann und was nicht. Bei mir war es z. B. so, dass ich nach meinem klassischen Studium noch ein Jazz- Aufbaustudium gemacht habe und das ganz speziell nicht bei einem Geiger, sondern bei einem Saxophonisten.

Und ich hab dann probiert, auf der Geige die ganzen Phrasierungsmöglichkeiten zu adaptieren, was eigentlich Saxophonisten im Jazz machen. Daher habe ich auch darauf geachtet, was bei den Streichen wie aufgenommen wird. Was mit den Teilen dann passiert finde ich ganz spannend. Vor allem, wenn der Max dann seine Phantasie, seine unglaublich schwarze wienerische Seele spielen lässt und eine Platte produziert.

Max: Also als Beispiel: Wir haben ja auf der Bonus-CD diesen alten Patty Smith Kracher „Dancing Barefoot“…

Ralf: Und dieses Geigensolo hätte ich nie so gespielt, wenn Max nicht gewesen wär.

Max: Bei diesem Geigensolo hab ich zum Ralf gesagt: „Stell dir vor, du hast ´ne Überdosis.“

Ralf: Und du hast gesagt, ich soll mir vorstellen, ich sitze in verrissenen Klamotten auf verregnetem Kopfsteinpflaster, bin sturzbesoffen und muss jetzt nen Groschen verdienen.

Max: Genau. Ein gelernter Arrangeur hätte da gesagt: „Könntest du jetzt bitte den eingesprungenen Rittberger mit einer Drehung nach links in der neun spielen“ Und das kann ich nicht.

Eva: Bei der ltd. Edition von „Solitude“ wird eine 2.te CD mit dem Titel „Stolen Child“ dabei sein.. Darauf sind nur Cover-Versionen wie z.B. „Engel“ von Rammstein oder „Where the Wild Roses grow“ von Nick Cave und Kylie Minouge.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, einige Songs zu covern, und nach welchen Kriterien habt ihr die Titel ausgewählt?

Max: Um ganz ganz ganz ehrlich zu sein: Wir haben die Cover genommen, die wir live schon drauf hatten. Wir hätten gerne noch andere mitgenommen, aber dafür hatten wir die Studiozeit einfach nicht. Und da die Umsetzung teilweise sehr schwierig gewesen wäre, hätten wir zu lange gebraucht, um das akzeptabel hinzubekommen. Damit haben wir auch einen Strich unter diese Geschichte gemacht.

Wir werden auch in Zukunft sicherlich immer das eine oder andere Cover dabei haben, denn Coverversionen zu spielen ist einfach ein Werkzeug. Im Normalfall ist es ja so, dass im Publikum vielleicht 3 Leute stehen, die uns kennen. Und alle anderen kennen uns nicht. Und mit so einem Cover bekommt man leichter Zugang zu den Leuten. Die werden so langsam warm durch unsere Irish Folk Songs und wenn wir dann den „Engel“ von Rammstein spielen, dann tobt das Publikum.

Eva: Haben die Coverversionen euch vor Schwierigkeiten gestellt?

Max: Die Coverversionen haben eigentlich keine Problem dargestellt. Das eigentliche Problem bei den Coverversionen war unser lustiger Mitgitarrist und Arrangeur Robin Hoffmann, der z.B. „Tempel of Love“ so arrangiert hat, dass man eigentlich 97 Paganinis, die gerade mit dem Teufel gesoffen haben, hinstellen muss, um das zu spielen. Das war das Problem.

Eva: Ich habe gesehen, ihr hattet heute E-Streicher auf der Bühne und nicht mehr eure Holzinstrumente. Wie kommt das?

Max: Der Hersteller hat sich herabgelassen, uns diese Instrumente zur Verfügung zu stellen. Nein, es ist einfacher.

Ralf: Die E-Instrumente klingen ja nicht rockiger. Das ,was rauskommt, ist immer noch reale Geige.

Es ist live einfach besser zu hören. Es hat also nichts mit Stilelementen von Chamber zu tun.

Max: Und man muss auch dazu sagen, dass ein anständiger Tonabnehmer für eine akustische Geige erstens schwer zu finden ist, der dann zweitens in der Rock-Zusammenstellung immer noch Feedback-Probleme macht und dann immer noch nicht so gut klingt wie ein normales E-Instrument.

Eva: Ihr kommt im Januar auf Solo-Tour. Freut ihr euch, dann endlich selbst Headliner zu sein?

Max: Jaaaaa (lacht) Endlich haben wir Zeit für unseren Soundcheck.

Eva: Max, beim Interview auf dem Zillo-Festival haben wir darüber gesprochen, dass eure Musik leider nicht in Clubs gespielt wird. Du hattest erwähnt, dass in diese Richtung noch etwas geschehen soll, z.B. mit Ronan Harris. Gibt es mittlerweile konkrete Pläne in dieser Richtung?

Max: Es ist geplant, mit dem Ronan jetzt im Dezember so ein VNV Nation vs. Chamber zu machen, das die neue VNV Nation Single werden soll. Das wird bestimmt lustig. Wie gesagt, für uns ist es einfach wichtig, Tore aufmachen zu können, durch die die Leute zu uns finden.

Eva: Ok, dann danke ich euch für das Interview. Viel Glück und Erfolg weiterhin.

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