In Extremo - Quid pro QuoBack to the roots! – Man könnte es sich leicht machen und das neue In Extremo Album „Quid pro Quo“ auf diese Aussage reduzieren. Aber so einfach machen wir es uns natürlich nicht, und gehen das ganze etwas differenzierter an.

Denn mit ihrem letzten Album „Kunstraub“ stiegen In Extremo nicht nur auf Platz 2 in den deutschen Albumcharts ein, sondern riefen gleichzeitig die Kritiker auf den Plan, die sich Gedanken über die musikalische und ideelle Zukunft der Band machten. Von „Mainstream“ war zu lesen, eine Assoziation, die bei Charterfolgen nahezu reflexartig fällt. Zugegeben, mit Werken wie „Verehrt und Angespien“ hatte das nicht mehr viel gemein, von den verwendeten Instrumenten einmal abgesehen.

Umso mehr stellt sich beim neuen Werk Quid pro Quo die Frage: Welche Richtung werden In Extremo jetzt wohl einschlagen?

 

Mit „Störtebeker“ eröffnet Quid pro Quo, von den ersten Takten an nehmen einen die Dudelsäcke mit, zusammen mit den treibenden Drums und dem eingängigen Refrain ein großartiger Auftakt. „Roter Stern“ präsentiert sich zwar im klassischen Rockgewand, profitiert aber vor allem von der Kooperation mit Blind Guardians Frontmann Hansi Kürsch als Gastsänger und den Instrumental-Parts. Dass sich Gesellschaftskritik auch in diesem Genre ganz hervorragend musikalisch verpacken lässt, zeigt der Titelsong „Quid pro Quo“, der sich ähnlich wie Saltatio Mortis‘ „Wachstum über Alles“ mit dem Kapitalismus, dem Umgang mit Geld und der lieben Gier auseinandersetzt.

So weit so gut, so solide, so ungewöhnlich. Hart-rockige Songs, die den Hörer von Anfang an mitreißen sind wir von den Jungs gewohnt. 

Aber dass sich In Extremo in fremdsprachigen Gefilden wagen ist schon etwas länger her und Songs wie „Herr Mannelig“ und „Vänner och Frände“ (beide vom 1999er Album „Verehrt und Angespien“) besitzen nicht ohne Grund Kultstatus. Nach den letzten beiden Alben ist es daher umso erfreulicher, dass sich die Sieben auf diese Wurzeln zurück besinnen und mit „Pikse Palve“, einem estnischen Donnergebet, ein herrlich nostalgisches Stück präsentieren. Man sieht In Extremo förmlich wieder auf einem Mittelaltermarkt aufspielen – bis sie einen musikalischen Zeitsprung in die Gegenwart unternehmen und den Song durch einsetzende E-Gitarren und harte Drums perfektionieren.

In eine völlig andere Richtung entwickelt sich „Lieb Vaterland, magst ruhig sein“, das zunächst ungewohnt sperrig wirkt und sich dem Hörer erst nach und nach offenbart. Auch wenn Verse wie „ich bin klein, mein Herz ist rein“ unschöne Erinnerungen an Mono Inc.s „Heile, heile Segen“ heraufbeschwören, so bewegen sich In Extremo sowohl inhaltlich als auch musikalisch auf völlig anderem Niveau. Ein wunderschöner Song, der sich sowohl auf der heimischen Anlage als auch live größter Beliebtheit erfreuen dürfte.

Mit „Flaschenteufel“ folgt die nächste Kooperation: Marcus Bischoff von Heaven Shall Burn veredelt dieses orientalisch angehauchte Stück mit astreinen Shouts und sorgt damit für einen absoluten Überraschungshit auf dieser bisher schon überragenden Platte.

Mit dem altwalisischen „Dacw ‚Nghariad“ geht es weiter: Man mag zwar nicht wirklich verstehen was Micha da singt und das Mitsingen dürfte auch nicht auf Anhieb gelingen, die Coolness schwingt hier aber im Subtext mit und wird durch die gelunge Mischung aus Pipes und Stromgitarren durch die Boxen geprügelt.

Gemütlicher geht es bei „Moonshiner“ zu, die Gitarren werden hier durch Klavier und Harfe ergänzt und begleiten die Pipes durch dieses zur Abwechslung eher ruhige Stück, an das sich ein eher durchschnittliches und mit weniger als drei Minuten Spielzeit vor allem kurzes „Glück auf Erden“ anschließt.

Mit „Schwarzer Rabe“ wird es ein letztes Mal auf Quid pro Quo außergewöhnlich: Einen Kosakenchor trifft man bei deutschen Bands eher selten an, und das In Extremo auf Russisch singen kommt auch nicht alle Tage vor. Ein schöner Abschluss, wenn… ja, wenn da nicht noch „Sternhagelvoll“ wäre. Das Stück wurde bereits eine Woche vor dem Album veröffentlicht und beschließt nun das Album. Auch wenn es mit dem sonst sehr hohen Niveau von Quid pro Quo nicht ganz mithalten kann, so ist es ein schöner, augenzwinkernder und ohrwurmträchtiger Abschluss.

 

In Extremo – Quid pro Quo: Fazit

Mit zwölf Jahren hielt ich mein erstes In Extremo Album in der Hand, zwölf Jahre später das letzte, an das ich mich gerne erinnere. „Sterneneisen“ und „Kunstraub“ verstauben irgendwo in einer Umzugskiste, in mein CD Regal haben sie es nicht geschafft. Zwölf scheint hier die magische Zahl zu sein, denn mit ihrem zwölften Album, „Quid pro Quo“, gibt es von den sympatischen Spielleuten endlich wieder mal voll auf die Zwölf: Weg vom 08/15 Mainstream-Rock, zurück zu den mittelalterlichen Wurzeln – und gleichzeitig mit beiden Füßen fest im Hier und Jetzt stehen, das schafft man nur, wenn man auf eine bewegte Spielmannkarriere zurückblicken kann. Quid pro Quo ist für mich seit langem wieder ein astreines In Extremo Album, ohne Schnörkel, ohne Kompromisse. Ich freue mich darauf, das neue Album live zu hören!

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