Dass Festivals selten reibungslos und wie geplant über die sprichwörtliche Bühne gehen, war mir klar, habe ich doch schon das ein oder andere Festival auf dem Buckel. Ich habe jedoch dieses Mal nicht bedacht, dass sich das WGT vor allem in Aufbau und Planung von „gewöhnlichen“ Festivals unterscheidet. Das WGT war also sowohl für mich, als auch für die mich begleitende Fotografin eine Premiere und in vielerlei Hinsicht daher ein Abenteuer.

 

Da wir uns entschieden hatten nicht zu zelten, sondern uns in private Unterkunft zu begeben, und zudem kaum Erfahrung mit dem Leipziger öffentlichen Personennahverkehr hatten, verschätzten wir uns das ein oder andere Mal ordentlich in den Fahrtzeiten und unsere gesamte Zeitplanung geriet ins Wanken. Schweren Herzens mussten wir sogar die ein oder andere Band von unserer Liste streichen… das nächste Mal wird also
besser geplant und gehofft, dass die Zusammenstellung der Bands optimaler für uns ist.

 

 

Der erste Festivaltag – Freitag

Solar Fake (Werk 2)

 

Unsere erste Anlaufstation an diesem Abend, war das Werk 2, um das erste Mal Zeraphine-Frontmann Sven Friedrich mit seinem Solo-Projekt „Solar Fake“ sehen und hören zu können. Aus diversen Gründen war es mir im Vorfeld nie möglich gewesen, großartig in die Musik reinhören zu können, weshalb es doppelt spannend für mich war.

Leider kamen wir jedoch etwas zu spät – weshalb von diesem Gig auch leider keine Fotos existieren – aber man denke sich einfach Zeraphine-Livebilder mit Sven in Hosen statt Rock vor… ist kaum ein Unterschied (außer, dass die Band fehlt natürlich). Die Halle war proppenvoll, die Luft stickig, aber irgendwie gelang es uns ein Plätzchen zu finden, wo wir ohne Luftnot und Platzangst der Musik lauschen konnten. Obwohl ich mir irgendwann dann doch wünschte, nicht lauschen zu müssen und das lag nicht nur am wirklich schlechten Sound in der Halle.

 

Ich mache mir sicher keine Freunde mit meinen folgenden Aussagen, aber mich hat der Auftritt schon ziemlich enttäuscht. Mag auch das Video auf der Leinwand im Hintergrund ganz nett gewesen sein… der Rest hat mir nicht wirklich gefallen. Ich hatte ja nun nur wenig Vorwissen, was die Solo-Musik des Herrn Friedrich betrifft, aber hatte ich vor dem Gig noch die Hoffnung, dass es mir gefallen würde, so hatte ich später die Gewissheit, dass dies nicht der Fall ist. Mit wenigen Ausnahmen bestand die Musik überwiegend aus den immer (fast) gleichen langweiligen stampfenden Beats, Melodien waren kaum zu unterscheiden oder zu hören (weshalb ich die Anwesenheit des Keyboarders nicht nachvollziehen kann) und auch Svens eigentlich angenehme Stimme kam für mich so gar nicht schön rüber. Da hatte ich angesichts seines Musikgeschmacks und seiner vorherigen Projekte/Bands definitiv die falschen Erwartungen. Und nur weil der Inhalt der Texte tiefgründig ist, ist das für mich noch lange keine gute Musik.

 

Das Publikum war jedoch überwiegend anderer Meinung, zumindest jubelten und klatschten sie recht zahlreich. Wahrscheinlich kannten sie die Musik schon vorher und konnten sich, im Gegensatz zu mir, damit anfreunden. Ich für meinen Teil halte mich bei Sven Friedrich lieber an Zeraphine oder Dreadful Shadows.

 

 

Der Kohlrabizirkus

Die Location mit dem lustigsten Namen lag doch ein wenig weit ab vom Schuss, zumindest für uns Bus- und Bahnfahrer. Daher mussten wir uns dazu durchringen, alle anderen Konzerte des Abends sausen zu lassen, sonst wären wir niemals rechtzeitig zu Tarja Turunen (Ex-Nightwish) gekommen. Mir persönlich wärs egal gewesen, aber ich war ja nicht alleine unterwegs…

Beim Hinweg zum Kohlrabizirkus mussten wir feststellen, dass die vom Veranstalter empfohlene Haltestelle doch um einiges weiter von der Halle weg war, als die Station davor. aber immerhin kamen wir an. Zurück wurde es schwieriger, aber dazu später mehr.

 

 

Tristania

Da wir früher vor Ort waren als gedacht, hatten wir noch die Möglichkeit, die volle Show von Tristania sehen zu können. Ich war schon gespannt auf die Norweger, hatte ich doch viel Positives gehört. In den letzten Jahren wurde vor allem bei den wichtigen Gesangsparts personell einiges umgeschmissen (z.B. änderte sich Anfang diesen Jahres die Sängerin), lediglich Schlagzeug und Keyboard sind noch aus der Urbesetzung der Band, weshalb es jetzt doppelt spannend wurde.

 

Der Soundcheck ging fließend in die Show über, was man erst nach ein paar Sekunden mitbekam. War die Bühne anfangs noch recht leer, kamen nach und nach auch die restlichen Bandmitglieder auf die Bühne und es ging endlich richtig los. Wenn ich jetzt noch etwas vom Gesang/Gegrunze hätte verstehen können, wäre es toll gewesen, denn rein musikalisch ist die Band schon mal headbang-würdig. Aber die Mischung aus 3 sehr verschiedenen Gesangstypen, wobei mir zwei davon schon mal gar nicht gefielen, war mir dann doch etwas too much… ich kann Gegrunze und leider auch den meisten Frauenstimmen nicht viel abgewinnen.

 

Die Band gibt es ja nun schon ein paar Tage, weshalb die Zusammenstellung der Setlist (u.A. „Shadowman“ und „Angel“) doch recht gemischt war. Und obwohl von der Urbesetzung nicht mehr viel übrig war, machten sie doch recht gut Stimmung, dabei war die Halle nicht einmal annähernd zur Hälfte gefüllt. Sei es die Schlangeninterpretation der Sängerin oder das konsequente und meist synchrone Headbangen der Männer an den Zupfinstrumenten, das Publikum quittierte es mit Pommesgabeln und fröhlichem Läuseschütteln und ließ sich auch nicht vom eher miserablen Sound davon abbringen. Glücklich waren vor allem die Leute in den ersten
Reihen und im großzügigen Fotograben, da sie die Musik überwiegend von der Bühne selber bekamen (sie war ja schließlich laut und kräftig genug) und weniger auf die Lautsprecher angewiesen waren. Der Kohlrabizirkus ist zwar eine optisch coole Location, aber irgendwie hatten wir den Eindruck, dass es fast überall von den runden Wänden zurück hallt, was den Soundgenuss doch etwas schmälerte.

 

Beim letzten Song bekamen wir noch ein sehr sehr nettes Drumintro um die Ohren geschleudert… alleine dafür hat es sich schon gelohnt!

 

 

 

Tarja Turunen

Als es dann nach dem Umbau und dem obligatorischen Soundcheck von Norwegen nach Finnland ging, waren wir recht erstaunt, dass so viele Menschen den Kohlrabizirkus bevölkerten. Und eben diese quittierten das Erscheinen der ehemaligen Nightwish-Frontfrau und ihrer Band einem großen Applaus. Es erklungen neben vielen Songs aus ihrem Debüt-Album („I Walk Alone“, „Damned And Divine“, „Lost Northern
Star“ etc.) natürlich auch wieder ein Nightwish-Titel. Von Anfang war das Publikum gut dabei, was sich durch die Lebhaftigkeit auf der Bühne erklären ließ, trotz der 10cm-Absätze an Tarjas Füßen.
Der wahrlich bombastische Song „Sing For Me“ findet bei der Menge ebenso großen Anklang, obwohl der Sound im Kohlrabizirkus leider etwas eigentümlich ist. Danach erfolgt mal wieder eine Bandvorstellung.
Bei „The Phantom Of The Opera“ (NW-Song) holte Taja dann ihren Bruder nach vorne, um mit ihm zusammen dieses Duett zu singen. Dazu muss ich leider sagen, dass ich dieses Duett für nicht so gelungen fand.  
Als Zugabe folgten dann „I Walk Alone“, die erste Single ihres Albums „My Winterstorm„, zu dem Tarja in einem neuen Outfit erschien und „Die Alive“. Und dann war der Spuk im Kohlrabizirkus für diesen Abend vorbei und lauter schwarz gewandete Gestalten entflohen in die Nacht.

Tarja Turunen



 

Der Rückweg gestaltete sich angesichts der für Leipziger Verhältnisse wohl sehr späten Stunde schwierig. Von den angekündigten verstärkten Nachtfahrten war in der Ecke von Leipzig wenig zu merken; oder normalerweise ist die Verbindung noch spärlicher. Alle halbe Stunde eine Bahn für sämtliche schwarzen Gestalten, die aus dem Kohlrabizirkus kamen, war definitiv unglücklich gelöst und so unglaublich spät war es nun auch wieder nicht. Die Überfüllung hielt sich zwar im Endeffekt in Grenzen, zumindest im Vergleich zu den zuständen tagsüber in den Bahnen, aber wenn man sich vorstellt, dass die Location auch voll hätte sein können? Besser nicht dran
denken.


Nach diesem ersten Tag und der leider langen Heimfahrt, fielen wir irgendwann nachts totmüde in unsere Betten und waren zumindest für die nächsten Stunden durch nichts in der Welt zu wecken.



Der zweite Festivaltag – Samstag

Parkbühne

Die Location Parkbühne war an diesen, doch recht warmen Pfingsttagen sehr angenehm. Mitten einem schönen Park gelegen und an der frischen Luft, fiel von vornerein schon die Sauerstoffknappheit weg, die man in den Hallen gerne mal hat. Zudem war der Park auch eine Art Treffpunkt dunkler Gestalten und auch besonders gut zum Flanieren geeignet. Schliesslich ist die dunkle Szene optisch eine der kreativsten überhaupt, nirgends sieht man so viele unterschiedliche Typen, quer durch sämtliche Stile und Epochen, von Mittelalter bis zur Endzeit ist alles Mögliche und Unmögliche vorhanden.



Escape with Romeo

Es war nicht leicht einen schattigen Platz zu bekommen, als die Leute zur Show von Escape with Romeo stürmten, doch irgendwie gelang es mir ein Plätzchen ohne die Gefahr eines Sonnenbrands zu ergattern. Glücklicherweise wollten dann doch noch viele der Zuschauer in die Sonne (sic!), vielleicht auch, weil dort das Licht besser war und sie daher ihre fantasievollen Kleidungsstücke (sofern welche vorhanden) leichter zur Schau stellen konnten. Und wenn es auch ein Bernd das Brot auf der Schulter ist. Sehen und gesehen werden war die Devise.


Wieder einmal gab es einen fließenden Übergang vom Soundcheck in die Show, das war ja langsam zur Gewohnheit geworden. Leider waren die Mikros am Anfang vor allem bei den Backvocals viel zu leise, der Sound an sich war aber das erste Mal auf diesem Festival gut und man konnte ohne Ärger die Musik geniessen.


Ich muss zugeben, dass Escape with Romeo bisher mehr oder weniger an mir vorbeigegangen sind, ich kannte sie zwar vom Namen und wusste auch, dass der Gitarrist mal zu Pink Turns Blue gehörte, aber ich konnte trotzdem keine Musik zuordnen. Ein Umstand, den ich nach dieser Show definitiv ändern werde! Fehlte mir zuvor bei Solar Fake die Individualität innerhalb der Song, brachten Escape with Romeo doch eine angenehme Mischung aus unterschiedlichen, eingängigen und ohrwurmverdächtigen Songs, die allesamt demnächst Einzug in meine Musiksammlung halten werden. Die Mischung aus wirklich guter elektronischer Musik gepaart mit einem satten Gitarrensound ist wirklich nicht zu verachten, was auch das Publikum mit Klatschen, Jubeln und einfach guter Stimmung quittierte.


 

End of Green

Da wir recht gute Plätze hatten, entschieden wir uns an Ort und Stelle zu bleiben, obwohl ein kleiner Spaziergang durch den Park auch nicht schlecht gewesen wäre, und obwohl es eigentlich nicht nötig gewesen wäre die Stellung zu halten, da es sich recht schnell ausdünnte und erst zu Beginn der nächsten Show wieder füllte.

End of Green legten wie sämtliche Vorgänger ohne Umschweife direkt nach dem Soundcheck los und hauten einem die Bässe mit Karacho um die Ohren.


Auch diese Band hatte viele Anhänger im Publikum, was beinahe augenblicklich zu einer sehr netten Stimmung führte, die von der warmen Sonne und dem angenehmen Wetter noch unterstützt wurde. Ob das bei schönem Wetter genauso gewesen wäre? Wer weiss. Aber so machte das Publikum es teilweise der Headbangertruppe auf der Bühne nach und schüttelte die Haarpracht als g?be es kein Morgen mehr, sofern es die Kleidung zuliess.

Die Band spielte sich ähnlich um Kopf und Kragen, so dass zwischendurch sogar das Schlagzeug geflickt werden musste.

 

Jesus on Extasy

Während des Soundchecks von Jesus on Extasy machte sich ein kleines Video/TV-Team bereit um die Show mitzuschneiden. Doch glücklicherweise ließen sie den Fotograben überwiegen ausser Acht, der ohnehin schon eher enger ausfiel – zumindest im Vergleich zum Kohlrabizirkus.


Diesmal sollte es keinen nahtlosen Übergang in die Show geben, man hatte Zeit genug, sich in freudiger Erwartung zu postieren und nicht eine Sekunde zu verpassen. Auch wenn die Band aus Deutschland stammt, begrüßten sie das Publikum, welches ja recht international angehaucht war, mit den Worten „Jesus, a lot of people in black here…„. Wer hätte das gedacht.


Danach setzten die ersten Beats ein und auch die letzten Leute, die den Beginn noch nicht mitbekommen haben, strömten zur Bühne, jubeln und klatschen. Als die Band später „Direct Injection“ vom neuen Album ankündigte, war die Menge kaum noch zu halten und ich muss zugeben, dass ich diesen Song auch ziemlich cool finde. Ich habe ja nichts gegen stampfende Beats, nur bitte mit netten und erkennbaren Melodien und wenigstens halbwegs klarem Gesang gespickt. Im Laufe der nächsten Songs wechselten die „Herren über die bewegten Bilder“ von der Bühne runter in die ersten Reihen und in den Fotograben, hielten sich dort aber nur
kurz auf. Dieser Gig setzte dann leider die Tradition mit leichten Soundproblemen fort, es gab mehrere Rückkopplungen, aber dann konnte man endlich in Ruhe der Musik lauschen. Zwischen stampfende Beats und harte Gitarren schmuggelte sich hin und wieder auch ein recht chilliger Part ein, was eine angenehme Abwechslung darstellte.


Den Abschluss des Konzerts bildete „Neochrome“, der im Publikum wieder zu exstatischen Jubelrufen und Klatschen führte. Ebenfalls noch mal als Outro benutzt, verließen die Damen und Herren danach die Bühne. Noch eine Band, die ich mir sicher noch mal näher ansehen und hören werde.




 

Gothminister

Wieder elektronischer aber nicht weniger kräftig sollte danach Gothminister sein. Wer hätte gedacht, dass hinter der Aufmachung ein wachechter Advokat steckt? In Norwegen scheinen die Anwälte ein besonders schräges Völkchen zu sein.


Auch wenn wir diesem Auftritt nicht bis zum Ende beiwohnten, gefiel mir die Show doch ganz gut. Allerdings soll es schon bessere Gigs von Gothminister gegeben haben, aber ich persönlich kann da aus Ermangelung an Erfahrung keinen Vergleich ziehen. Jedenfalls passte an diesem Abend im Park alles zusammen, die Bandauswahl war klasse.




 

Werk 2

Aus diversen Gründen (lebensnotwenige Nahrungsaufnahme etc.) entschieden wir uns, nur noch einen kleinen Gig in den Tagesplan aufzunehmen, bevor wir uns später zum Tanzen ins DarkFlower begeben sollten. Da alles andere entweder zu weit weg war, schon angefangen hatte etc., kam wieder das Werk 2 auf den Plan.



Superheroines

Es war leider ein großer Fehler. Hätten wir uns besser vorbereitet, dann hätten wir gewusst, dass die nächste Band im Werk 2, die Superheroines, nicht unbedingt was für unseren Geschmack sein würde. Erste düstere Ahnungen befielen uns, als mit jedem Meter, den wir uns der Halle näherten, die Irodichte zunahm. Um uns herum fast nur Batcave-Gestalten, da fielen wir glatt auf wie im wahrsten Sinne des Wortes bunte
Hunde, hatten wir uns doch für diesen Tag in Rock und Korsett gequetscht. Und das im stickigen Werk 2.


Fairerweise muss ich sagen, dass das Publikum auf diese Band mehr als nur positiv reagierte, also kann ich nicht einfach sagen, dass sie schlecht sind. Aber ich kann nicht verstehen, wie man einfach nur Krach gepaart mit einem, zumindest objektiv betrachtet anscheinend gelangweilten Auftritt und einer Stimme, bei der sich mir die Fußnägel aufstellen, gut finden kann. Und das lag nicht nur am bescheidenen Sound.

Mag ja wieder eine Geschmackssache sein, aber man muss doch nicht jeden Stil weiterführen bis Ultimo. Die 80er sind vorbei und das ist zumindest in diesem Fall auch gut so. Kultstatus hin oder her. Und leider sollte einen besonders die Sängerin Eva O noch im weiteren Festivalverlauf verfolgen…



 

Kim Bornemann


Wave Gotik Treffen 2008 – Sonntag und Montag

 

Wave Gotik Treffen 2008 – Fotogalerie


 

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