5. Nocturnal Culture Night - Festivalbericht

Nach einigen bangen Blicken zum Himmel und in Richtung der grauen Wolken konnten Frühaufsteher bereits um 11:45 Uhr die erste Band auf der kleinen Bühne für den 2ten Festivaltag begrüßen. Pünktlich zum Konzertauftakt verzogen sich alle Schlechtwetterwolken und die Sonne brach hervor. Ein wundervoller und warmer Tag konnte beginnen.
Zur frühen Stunde schon vollkommen fit waren die Jungs von CHROME.

Leider konnte ich den Auftritt nur noch aus der Ferne mithören, da wir auf Grund einer verwirrenden Umleitungsbeschilderung erst gegen Ende des Gigs am Festivalgelände eintreffen konnten. Nichts desto trotz bin ich mir sicher, dass die Newcomer aus Düren das bereits wache Publikum gerockt haben.

Nocturnal Culture Night 2010 - Sensory Gate Anschließend richteten sich auf der großen Bühne SENSORY GATE für ihren Auftritt her.

Eine kleine Fangemeinde in der ersten Reihe, stilvoll in Shirts mit Bandlogo, hieß den offiziell kommunizierten „Geheimtipp des NCN“ willkommen. Anscheinend wurde mit dem Geheimtipp nicht übertrieben, denn Andrea Pozzi und Max Iannuzzelli boten etwas, basierend auf ihrer jahrelangen Remix Erfahrung, wirklich Neues. Ihr Debütalbum aus 2010 mit dem Namen „Ianus“ verspricht Abwechslung pur, denn jeder Song hält eine Überraschung bereit, welche das Zuhören interessant gestaltet. Fesselnde Texte, Pop-Charakter aber tiefschwarz die Ausschmückung der Songs. Stilistisch war alles geboten was man sich vorstellen kann. Sänger Max gab alles um den eingängigen Klängen auch eine entsprechende Bühnenperformance zu teil werden zu lassen.

Die Bühne schön dekoriert mit übergroßen Dominosteinen und einem Reisekoffer, der mit den Aufdrucken „Direction?“ , „Nowhere“ und „Unknown“ eine Interpretation auf den weiteren Weg der Band zulassen würde. Einfach schauen was die noch im Petto haben ist die Devise. Dass eine Symbiose zwischen Deutschland und Italien funktionieren kann, haben sie hier eindrucksvoll bewiesen. Es wurden während des Auftritts immer mehr Zuschauer, die wahrscheinlich langsam aus ihren Zelten durch die wohltuenden Klänge gelockt worden sind.

Setlist:

01. Crowd // 02. Laying Hopes // 03. Slash // 04. Hallowed // 05. Domino Effect // 06. New Dawn

Nocturnal Culture Night 2010 - Gecko Sector Weiter ging es mit GECKO SECTOR auf der kleinen Bühne. Gerrit Thomas (bekannt von Funker Vogt) und Stefan Winkel gründeten das Projekt in 2007 als sie sich in einem Szene Club kennen lernen und sofort auf einer Wellenlänge waren. Die Tracks sind eine Mischung aus technolastigen Dance Nummer, melancholischen Midtempostücken und tieftraurigen schönen Balladen mit einem Spritzer Funker Vogt Stil. Nach vielen Jahren Studioarbeit folge nun auch die Live Umsetzung des Projects. Das Album soll noch dieses Jahr erscheinen.

Man darf hier durchaus gespannt sein.

Nocturnal Culture Night 2010 - IC434 Zurück auf der Main Stage starteten IC 434 durch: Das bis dato für mich unbekannte Projekt des Belgiers Geert de Wildes zeigte sich mit einer ausgefeilten Bühnenperformance und großem Engagement des Frontmanns, welcher bei keinem geringeren als Dirk Ivens (KLINIK; DIVE, SONAR etc.) unter Vertrag ist.

Auf der Bühne noch immer mit einen KORG M1 aus den 80ern hätte man auf old-school Sound setzen können, doch vielmehr erwartete die Besucher zeitlose elektronische und sehr atmosphärische Musik. Definitiv eine weitere Überraschung im Line-Up des diesjährigen NCNs. Leider war der Sound an sich, wahrscheinlich aus technischen Gründen, zeitweise etwas dünn. Die gut geplante Performance wirkte ab und an sehr überlegt, wie ein einstudierter Bewegungsplan an den es sich zu erinnern galt.

Die Sonne schien weiterhin so dass wir alle langsam daran glauben konnten, ein nicht verregnetes NCN zu genießen. Sollte das wirklich der Fall sein? Bisher gab es bei jedem NCN Regen und Matsch. Aber es hieß erst einmal abwarten…

Nocturnal Culture Night 2010 - Klimt 1943 Warten ist auch das richtige Wort um die nächste Band einzuleiten. KLIMT 1918 war an der Reihe auf der kleinen Bühne zu rocken. Netterweise konnte ein defekter Verstärker durch einen Ersatz-Verstärker von DIORAMA ersetzt werden, so dass der Gig mit über einer viertel Stunde Verspätung und einigen Streitereien unter den Techniker dann doch beginnen konnte. In der Zwischenzeit hielt sich Frontmann Marco Soellner mit einer Tasse warmen Getränk bei Laune.

In Rom ist es wesentlich wärmer als im mitteleuropäischen Sachsen. So waren auch alle dick eingepackt und auch der Schal, ob Mode-Accessoires oder nicht, durfte nicht fehlen. Musikalisch „tanzen“ die Jungs auf vielen Hochzeiten. Indie-Rock, metallastige Nuancen und Pop-Elemente die an manch eine Gothic-Legende erinnert. Verglichen werden Sie mit U2 mit dem Flair einer Gothic Band. Der emotionale Gesang von Frontmann Marco gibt einen schönen Kontrast zum rockigen bis derben Gitarrenklängen.

Definitiv lohnenswert, sollte man in den Genuss eines Auftritts kommen.

Setlist

01. The Breathtaking Days // 02. Passive // 03. Just In Case We’ll Never Meet Again // 04. The Graduate // 05. Skygazer // 06. Ghost Of A Tape Listener // 07. Snow of ‘85 // 08. They Were Wed By The Sea

Nocturnal Culture Night 2010 - Lola Angst Auf der großen Bühne schloss sich LOLA ANGST an.

Die Bühne war aufwendig mit einer großen Orgel versehen wurden. Dies verwundert nicht sonderlich, wenn man weiss, dass Kopf der Bande Alexander Goldmann ausgebildeter Kirchenorganist ist. Die Orgel zu spielen und damit der Musik eine besondere Note zu verleihen stand fast bei jedem Song im Focus. Aber auch die Stimme des Berliners überzeugt.

Mit zum Bühnen-Ensemble gehörte auch die Frau an Alexanders Seite und Synthiemeister Reiner Schirner, der wie es im Begleitheft des NCN beschrieben ist, mit seinen Synthies verheiratet scheint und hochgradig süchtig nach neuen Sound immer auf der Suche bleibt.

Eine gelungene Kombination und ein super Auftritt auch von der Performance her gab sich Alexander die größte Mühe das Publikum einzubeziehen.

Nocturnal Culture Night 2010 - Implant Der folgende Act auf der kleinen Bühne versprach riesige Abwechslung: IMPLANT bieten eine Mischung aus 80er Sounds, modernem Elektro gepaart mit Industrial Elementen, so dass für fast jeden Geschmack etwas Hörenswertes dabei ist.

Dieses Projekt von Len Lemeire zeichnet sich bereits seit 1992 durch den einzigartigen Stil in der belgischen Elektroszene aus. Bekannt aus der Zusammenarbeit mit Front 242 zielte das Duo auch wieder auf den Geschmack der Masse und dehnte mit dem Album „Implantory“ aus 2009 die Grenzen der eigenen Musik erneut aus. Neu sind auch die akustischen Gitarrensounds und der wunderbare Gegensatz zwischen weiblichen und männlichen Vocals.

Die Performance bot nicht allzu viel Abwechslung wie die Sounds, da die beiden Akteure sich hinter ihren Instrumenten versteckten und wenig interagierten. So ended das Set nach 50 Minuten.

Setlist:

01. You Push Me // 02. Drugs vs. Violence // 03. Violence // 04. Nothing Left To Kill // 05. Factory Walk (The Neon Judgement Cover) // 06. Out With The Old / In With The New // 07. Fading Away // 08. The Man Behind The Curtain // 09. Flash // 10. Tune Up Your Chips And Circuits

Nocturnal Culture Night 2010 - Diorama Auf der Mainstage wurde es nun heiß… so richtig heiß zum einen durch die Sonne, die nun ihre letzten Kraftreserven bündelte und weil DIORAMA endlich am Zuge waren. Wie schon beim Blackfield Festival waren auch hier wieder 2 Cubes aufgebaut, Sinnbild für das aktuelle Album „Cubed“, als zusätzliche Podeste für Keyboard und Drums.

Für Felix Marc, der dieses Mal auf der Bühne leider fehlte, gab es Unterstützung von Boris May von Klangstabil. Nach langem Warten und einer großen, unruhigen Fanschaar vor der Bühne betrat Mastermind Torben Wendt nun endlich die Stage. Gut gelaunt und voller Energie wie immer boten Diorama ein wirklich abwechslungsreiches Set.

Die Songs bestechen durch ihre Emotionalität, den Tiefgang der Texte und nicht zuletzt neben dem Synthiepop auch zusätzlich mit einer ordentlichen Portion Rock. Als Opener wurde „Child Of Entertainment“ angestimmt, gefolgt von einigen weiteren Tanznummern wie „Erase me“ oder „Why“. Kaum jemand hielt nun noch die Füße still. Die rockende Menge vor der Bühne bot ein wundervolles Bild, alle genossen diesen Auftritt aus vollen Zügen. Selbst Zuschauer die „nur mal vorbei“ schauen wollten hielten inne und studierten neben den Texten auch Torbens Mimik als Untermalung der Songs. Körpersprache war hier mindestens genauso wichtig wie die eindringliche Stimme des Frontmanns.

Er suchte zusätzlich den Kontakt zu seinen Fans indem er sich über die Absperrung hinaus lehnte. Auch die Fan Hymne „Why“ durfte nicht fehlen und riss letztlich auch die faulsten Füßchen vom Boden hoch. Torben überraschte mit einer Pianoeinlage des Flohwalzers, gefolgt von einer Akustikversion von „Hla“. All diese Kleinigkeiten machten den DIORAMA Auftritt wieder zu einer perfekt gelungenen Show. Mit „Synthesize me“ endete das Set, wobei Torben noch einmal klar stellen musste, dass DIORAMA nicht mehr aus der Riege der Stars unserer Szene wegzudenken ist.

Setlist:

01. Child of Entertainment // 02. Acid Trip // 03. Howland Road // 04. Prozac Junkies // 05. Erase Me // 06. Why // 07. Hla (Acoustic) // 08. Refugee // 09. Ignite // 10. The Girls // 11. Advance // 12. Synthesize Me

Nocturnal Culture Night 2010 - Lacrimas Profundere Etwas ruhiger wurde es auf der kleinen Bühne mit LACRIMAS PROFUNDERE. Die deutsche Band, welche vom Oberbayer Oliver Nikolas Schmid 1993 gegründet wurde, bezeichnet ihren Stil als „Rock ´n Sad“. Nach einigen technischen Problemen konnte das Set etwas zeitverzögert beginnen.

Viele warteten gespannt und diese Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Nach dem sehr kraftvollen Intro folgten 16 weitere gefühlvolle und traurige Songs aus über 10 Jahren Bandgeschichte. Die andauernden Bandneubesetzungen hatten seit 2007 auch ein Ende gefunden, so dass diese Combo wirklich ein stimmiges Gesamtbild abgab. Richtig abrocken konnte man bei „To Bleed Or Not To Bleed“ , „Her Occasion Of Sin“ oder „Ave End“ , den Klassiker für mich von diesen Jungs. Stimmlich hat Sänger Roberto Vitacca bei diesem Auftritt den Nagel auf den Kopf getroffen.

Setlist:

01. Intro // 02. Lips // 03. To Bleed Or Not To Be // 04. We Shouldn’t Be Here // 05. Be Mine In Tears // 06. Dear Amy // 07. Again It’s Over // 08. Her Occasion Of Sin // 09. My Little Fear // 10. Should // 11. The Letter // 12. For Bad Times // 13. My Mescaline // 14. Ave End // 15. A Pearl // 16. Amber Girl // 17. I Don’t Care

Nocturnal Culture Night 2010 - Megaherz Im Anschluss an Lacrimas Profundere durfte MEGAHERZ die wirklich schon gut vorgewärmte Meute zum rocken bringen. Auch bei dieser Band gab es einige Tiefen und Mitgliederwechsel zu überstehen. Letzter Einschnitt war das Ausschieden von Alexx Wesselsky (heute Frontmann bei Eisbrecher) im Jahr 2003.

Megaherz hat aber auch mit der neuen Frontstimme von Lex Wohnhaas nichts an ihrem Ego, die „neue deutsche Härte“ zu bedienen, verloren. Aber auch die Arbeit am aktuell 7ten Studioalbum hielt die Bayern nicht davon ab, beim diesjährigen NCN teilzunehmen. Beginnend mit „Das Tier in Mir“ setzte Lex sofort Akzente für diesen 80minütigen Auftritt. Er strotzte nur vor Euphorie, Energie und Enthusiasmus. Kraftvoll und rockig interpretierte er die Songs mit entsprechender Körpersprache.

Urgesteine wie „5. März“ und „Kopfschuss“ kamen auch bei Nicht-Megaherz-Fans vortrefflich an, da diese auch nach Jahren noch in diversen Clubs hoch und runter gespielt werden. Aber auch die neueren Sachen wie „Ebenbild“ oder „Heuchler“ wurden wieder aufgegriffen. Eine wunderbare Ausleuchtung bot zudem auch noch was fürs Auge.

Der erste Abgang der Jungs wurde vom Publikum nicht toleriert, so dass zumindest 1 Zugabe-Song noch gespielt wurde. Aber mit „Miststück“ endete dann auch dieser Gig.

Setlist:

01. Das Tier // 02. Beiss Mich // 03. Herzblut // 04. Ebenbild // 05. Fauler Zauber // 06. Kaltes Grab // 07. 5.März (Staubkind RMX) // 08. Kopfschuss // 09. Alles nur Lüge // 10. Heuchler // 11. Gott Sein // Zugabe: Miststück

Nocturnal Culture Night 2010 - Spetznaz Schwedischen Brachial-Elektro hielten hingegen die Jungs von SPETSNAZ auf der kleinen Bühne bereit. Stefan Nilsson (Musik, Gesang, Text) und Pontus Stalberg (Schlagzeug) arbeiten zwar „erst“ seit 2001 zusammen an diesem Projekt, doch gelten zu einem der Headliner des diesjährigen Festivals. Inspiriert von Front 242, Die Krupps oder Nitzer Ebb haben die beiden Herren doch einen sehr eigenen, innovativen Stil entwickelt. Die Performance lässt bei dieser Art von Musik auch wenig zu wünschen übrig.

Pontus fegt ohne Unterlass über die kleine Bühne und brüllt sich die Seele aus dem Leib, Stefan hingegen bearbeitet sein elektronisches Schlagzeug und kommt auch hierbei ziemlich außer Atem. Die Songs sind nahezu alle tanzbar und der kleine Platz vor der Bühne wurde da schon etwas knapp um allen Fans gerecht zu werden. Apathy“ und „Allegiance“ machten den Anfang und das Publikum ging gleich von 0 auf 100. Von Song zu Song kochte die Stimmung weiter hoch, denn das Set wurde genauso stark fortgesetzt wie es begonnen wurde. Neue und ältere Tracks wie Perfect Body“ und „Hardcore Hooligans“ gaben die Schweden zum Besten. Die super Songmischung ließ keine Wünsche offen.

Nocturnal Culture Night 2010 - Suicide Commando Das Beste zum Schluss. Final für diesen Tag warteten noch SUICIDE COMMANDO auf der großen Bühne auf die NCN Besucher. Im vergangenen Jahr musste die Band dem Veranstalter kurzfristig abgesagen. Johan Van Roy gründete die Band 1986 und seine über 20 jährige Erfahrung kommt den immer wieder famosen Alben zu Gute. Der neue Longplayer „Implements of Hell“ zeigt erneut die Vielfalt der elektronischen Klangwelt. Viele Tanzstücke spickten das Set dieses Abends und die Themen Tod, Mord und Suizid werden wie gewohnt stilvoll, nüchtern und sachlich rübergebracht. Durch Suicide Commando hat der Begriff EBM wieder an Ansehen gewonnen und ist bei wohl jedem Event ein Publikumsmagnet.

„Severed Head“ als Auftakt des Gigs legte die Messlatte gleich richtig hoch. Aber ein Sahnestück jagte das nächste. Es folgten die Songs „The Pleasures Of Sin“ und „Die Motherfucker Die“ vom neuen Album, aber auch ältere Stücke und Klassiker „Cause Of Death Suicide“ oder „Dein Herz, meine Gier“ hielten niemanden, aber auch wirklich niemanden mehr auf seinem Platz. Sogar die Standbetreiber die auch nur im Entferntesten an der Schwarzen Szene teilhaben, waren zum Mitspringen animiert.

Die Bühnenshow wurde mit gesellschaftskritischen Videos im Hintergrund vervollständigt, denn hier zeigte Suicide Commando passend zu den jeweiligen Tracks Bilder der Dritten Welt oder das Aufschneiden von Arterien. Ehrlich, provokant aber dennoch passend zum Gesamtbild der Darbietung. Einen besseren Headliner hätte man wohl nicht finden können.
Dieser unverwechselbare Sound war ein gelungener Abschluss des 2ten NCN Tages.

Die Erwartungen an Sonntag, den letzten Festivaltag, waren hoch, aber nach 2 bereits so tollen Tagen kann schon fast nichts mehr schief gehen. Das Wetter schien auch wieder etwas mehr auf der Seite der Besucher und einige spannende Highlights wurden bereits geboten und weitere am Sonntag sollten folgen.

Bericht und Fotos: Mandy Privenau


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Matthias Irrgang
Von Anfang an dabei, lag mein Hauptaugenmerk zunächst vor allem auf der technischen Realisation des Magazins. Inhaltlich habe ich mich über die Jahre vom Allrounder weg, hin zu den Bereichen Konzertfotografie und Newsredaktion entwickelt. Man trifft mich regelmäßig vor den Bühnen diverser Clubs in NRW, sowie auf meinen Pflichtfestivals (M'era Luna, Amphi Festival).