Musikalische Gegenveranstaltungen als Kontrastprogramm zum üblichen Feiertagseinerlei sind heutzutage natürlich kein Novum mehr. So versucht man beispielsweise im Berliner SO 36 bereits seit Jahren immer wieder auf ein Neues „Weihnachten zu verhindern“. (Mit dem Weltuntergang hat es 2012 bekanntermaßen sogar funktioniert!).
Speziell in einer Karnevalshochburg, wie Düsseldorf, an einem Karnevalsfreitag ein kleines alternatives Festival auf die Beine zu stellen, zeugt allerdings von großen Ambitionen und durchaus einer ebensolchen Portion Mut.
Doch den Mutigen gehört nun mal die Welt und so ging – nicht zuletzt Dank eines herausragenden Line-UPs zu einem überschaubaren Preis – das Konzept der Jecken Pogo- Veranstalter voll und ganz auf. Insgesamt 7 Bands konnten für diesen Abend verpflichtet werden, darunter, die bis kurz vor Beginn noch als Special-Guest geheimgehaltene Punk ´n Roll Combo Massendefekt.
Der Jecken Pogo in Düsseldorf beginnt früh. Bereits um 16.00 Uhr ist Einlass und neben den üblichen Verdächtigen, die man als Besucher auf einem Punkfestival erwarten würde, mischen sich bereits die ersten Piraten, Kuschelbären und anderweitig Verkleideten unters Volk. Manch einer mag hier die imaginäre Stimme von Farin Urlaub leise singen hören „Ist das noch Punkrock?“ Doch jegliche Vorbehalte verschwinden schnell, eine Vorliebe für laute Musik und den Genuß von Alkohol sollen an diesem Abend beide Fraktionen friedlich vereinen.
Das Düsseldorfer Stahlwerk füllt sich aufgrund eines cleveren Schachzuges, recht zügig. So wurde der Auftritt der Hamburger Punkrock-Band Montreal mit 18 Uhr recht früh angesetzt.
Die Stimmung während des Auftritts ist gut, man merkt, dass die Band geübt ist, vor größerem Publikum zu spielen, doch noch ist deutlich die offene Luft nach oben zu spüren. Die ersten Rufe nach Sondaschule, dem Headliner des heutigen Abends werden bereits laut.
Doch bis es soweit ist weiß das Jecken Pogo Festival noch diverse Highlights unter seiner Narrenkappe hervorziehen. Schlag auf Schlag geht es weiter mit Korsakow, für die der Gig in Düsseldorf ein Heimspiel ist und der Reggae- / Ska- und Punkrock-Band Jaya the Cat, die extra aus Boston rekrutiert werden konnte. Beide Bands, wissen wie alle übrigen Musiker zuvor, das Publikum mitzureißen und liefern grundsolide Vorstellungen ab. Langsam aber sicher wird es muckelig warm im Düsseldorfer Stahlwerk.
Nachdem sich Jaya the Cat von der Bühne verabschiedet haben, entern die Punk ´n Roller von Massendefekt die Bühne. Die Band, die bereits mit nationalen, als auch internationalen Größen durch die Lande gezogen ist, überzeugt mit Leidenschaft, sattem Sound und eingängigen Titeln wie dem Ohrwurm „Überlebt“ ihres letzten Silberlings „Tangodiesel„.
Als Massendefekt die Bühne schließlich zu Ende gerockt haben, heißt es erst einmal tief durchatmen. Denn nun folgt ein Musikact, der es versteht zu polarisieren. Die selbsternannte Pop-/Rock-Comedy-Combo Keule, rund um Frontman Sera Finale, zählt spätestens nach ihrer Teilnahme beim Bundesvision-Songcontest 2013 (hier erreichten sie Platz 4 für das Bundesland Brandenburg) zu den bekanntesten Acts der Szene. Mit einem herzlichen „Prost ihr Schweinesäcke“ begrüßt der Sänger sein Publikum und gibt damit direkt schon mal die Richtung vor, in die der Auftritt weitergehen wird.
Der freche, trashige Style der Band irritiert im ersten Moment, doch plötzlich, nach nur wenigen Akkorden, legt sich ein Schalter im Gehörgang um, und die Band hat einen eingefangen.
Songs wie „Ich hab dich gestern Nacht auf Youporn gesehen“, oder „Hampel“ haben maximales Ohrwurmpotential und die Band selbst verfügt in ihrer Skurilität über einen großen Wiedererkennungswert. Dem ganz speziellen Charme von Sera Finale kann man sich – ob man es nun will, oder nicht – einfach nicht entziehen und spätestens zum Ende des Auftritts hat man den Sänger, der sich fernab jedweder Modelmaße, nicht zu schade ist, dem Publikum stolz seinen freien Oberkörper zu präsentieren, tatsächlich irgendwie ins Herz geschlossen.
Nach dem Auftritt von Keule nutzt nun keiner mehr die Umbaupause, um frische Luft zu tanken. Alle zieht es jetzt schon in Richtung Bühne, denn nun folgt der Höhepunkt des Abends, der Auftritt der Skapunker von Sondaschule.
Eine qualvolle Viertelstunde halten Sondaschule das Publikum hin, spielen verschiedene Songs an, um dann doch noch nicht auf der Bühne zu erscheinen. Aber kurz bevor die Stimmung kippen kann, öffnet sich der Vorgang und Costa und Co schmettern den jubelnden Besuchern ihre schöne „Neue Welt“ entgegen. Vom Farbkonzept dominieren bei der Band, die stets Wert auf ein stimmiges Erscheinungsbild legt, an diesem Abend die Farben Schwarz und Weiß. Anlässlich der Karnevalsthematik haben sie sich sogar die Gesichter kälken und finstere Totenkopf- oder Clownsgesichter aufmalen lassen.
Mit „Deine Ängste“ und „Sklave der Uhr“ folgen erstmal weitere Songs aus dem neuen Album „Lass es uns tun“, ehe man sich wieder auf ältere Stücke und Klassiker besinnt. Sondaschule liefern, in gewohnter Qualität, eine großartige Show ab und erweisen sich mehr als würdig die Rolle des heutigen Headliners inne zu haben.
Es ist bereits halb Eins als die Band das vollkommen begeisterte Publikum in die Nacht entlässt, und man beschließt den Abend mit dem guten Gefühl im Bauch, dass Sondaschule den krönenden Abschluß für ein grandioses Festival bildeten, dem es auf einzigartige Art und Weise gelungen Punkattitüde mit einem Hauch von Karneval verschmelzen zu lassen.
Fotos: Lars Schreiber














