Am 23.11.06 fand im Dortmunder Domicil das Fantastisch Festival statt. Ein beschauliches Festival in einer mit dem Dortmunder Domicil (einem umgebauten kleinen Kino) perfekt gewählten Location versprühte an diesem Abend den einzigartigen Charme der bei grösseren Veranstaltungen oftmals verloren geht. Kleine Festivals, dieser Art, mit fast familiärem Character bieten doch immer wieder eine willkommen Alternative zu den üblichen Grossveranstaltungen.

Den Anfang des Abends machte die Ex-Invisible Limits Sängerin Aseema mit ihrem gleichnamigen Soloprojekt. Die Sängerin mit der schönen und ausdruckstarken Stimme ist bereits seit 25 Jahren im Musikgeschäft tätig und hat zu diesem Auftritt ihren eigenen Sohn als Gitarristen mitbringen können. Aseema singt sowohl deutsch als auch englisch, ihre Texte handeln zum grossen Teil von Liebe und Leid, aber auch der Freude. Ihre Musik klingt intensiv und schön, ist aber doch sehr ruhig, ja fast ein wenig eintönig.

Den ersten Teil ihres Auftrittes beendete Aseema mit einem Song, den sie eigens für die darauffolgende Weihnachtsgeschichte, verfasst und vorgetragen von dem „sprachverliebtem Verseflexer“ und „heimlichen Helden“ des Wave Gothic Treffens Christian von Aster, geschrieben hat.

Aseema und ihre Band verabschiedeten sich also fürs erste und Herr von Aster übernahm das Ruder. Um die vorweihnachtliche Stimmung zu verstärken, oder war es wohl doch eher der Plan mit möglichst „albernem“ Aussehen vorab zu punkten zog sich der freischaffender Autor und Performance-Künstler ersteinmal eine Weihnachtsmannmütze, wie man sie derzeit in jedem der unzähligen in ganz Deutschland verteilten 1-Euro-Geschäfte erstehen kann, auf den Kopf. Und ja, ob man will, oder nicht, man muss es einfach zugeben, der Plan ging auf – der erste Lacher war im sicher. Es folgte nun eine wahrlich amüsante Lesung, die die wahre Identität des Weihnachtsmannes enthüllen sollte. Eine herrlich böse Story, gespickt mit dem für Christian von Aster so typischen schwarzen Humor, die das Publikum zu begeistern wusste. Nach dieser Hauptgeschichte, die mit verdientem Beifall gewürdigt wurde, folgten noch diverse kleinere Anekdoten aus dem Hause von Aster, und selbstverständlich zwischendurch auch immer wieder der eine oder andere seiner legendären „Viecherverse“. Der Auftritt dauerte insgesamt wohl etwas länger als vorab geplant, weshalb die Lesung von Adversus-Sänger Rosendorn dann leider gestrichen werden musste um den Zeitrahmen nicht komplett zu sprengen und den eigentlichen Auftritt von Adversus nicht zu kürzen.

Nachdem Christian von Aster die Bühne verlassen hatte, folgte der zweite Teil von Aseemas Auftritt. Nocheinmal griff sie das Thema der soeben gehörten Weihnachtsgeschichte textlich auf. Aseema gelang es sowohl mit den eigens für dieses Festival komponierten Liedern als auch mit alt bewährten Titeln wie „Your dark side“ ihre Fans zu begeistern. Auch sie wurde nach ihrem letzten Song gebührend verabschiedet.

Nach einer kurzen Pause folgte dann endlich der Auftritt von Adversus. Jetzt war es mit der Beschaulichkeit und den leisen Tönen aber endgültig vorbei.

Empfindlichen Ohren mag das Ganze vielleicht einen Hauch zu laut gewesen sein, aber hinter dem Namen Adversus verbirgt sich nun mal kein Kirchenchor, sondern eine absolut unorthodoxe Band, die auf wirklich faszinierende Weise die unterschiedlichsten Musikstile wie Gothic, Folk und Metal über elektronische Klänge bis hin zu Elementen aus dem Mittelater- und Renaissancebereich zu einem perfekten Gesamtkunstwerk verschmelzen lässt, das in der Szene seines Gleichen vergeblich sucht.

Die ersten Stuhlreihen, die bei einer Lesung natürlich angebracht sind, bei dem vorrangegangenen Musikact, wenn man den Vergleich zieht eigentlich auch, wurden aus dem Raum geschafft, um dem Publikum Platz zum Tanzen zu schaffen. Leider minimierte sich neben den Stühlen an dieser Stelle auch die Zahl der Besucher etwas. Doch Adversus zeigten sich professionell genug auch vor einer kleineren Zuschauermenge wirklich alles zu geben.
Die übrig gebliebenen Gäste brauchten alsdann auch noch ein bischen Zeit um wirklich warm zu werden, aber spätestens nach dem dritten Lied war das Eis endgültig gebrochen und die Fans tanzten und feierten ungehemmt zur Musik.
Doch nicht nur vor der Bühne kochte die Stimmung. Mit seiner charismatischen Ausstrahlung war es Sänger Rosendorn ein leichtes das Publikum mitzureissen.
Wirkt Rosendorn abseits der Bühne eher ruhig und zurückhaltend, zeigt er sobald die Musik spielt ein ganz anderes Bild seiner Person. Mal aggresiv, mal voller Leidenschaft fegte er wie ein Derwisch über die Bühne. Selten hat man einen Sänger gesehen, dessen Performance derart ehrlich und emotional rüberkommt und sich genau deshalb so gut auf die Fans transportieren lässt.

Den weiblichen Gesangspart übernahm die in einem roten Kleid mit rotem Schleier wirklich hübsch anzusehende Sängerin Aysel.
Nachdem ihre Vorgängerin Susanne Ende 2005 die Band verlassen hat, ist sie nun die weibliche Hauptperson der Band. Diese Rolle erfüllt die lebhafte, gebürtige Türkin mit bravour. Die Stimme der klassich ausgebildeten Sängerin klingt einfach brilliant. Doch vor allen Dingen spürt man auch bei ihr, und wirklich jedem einzelnen der übrigen Bandmitglieder diese grosse Liebe zur Musik und der Bühne.

Adversus standen an diesem Abend zu sechst auf selbiger. Für die instrumentale Untermalung des Spektakels zeigten sich der Schlagzeuger Thomas Eifert, Lestaria an der Violine, sowie Tanja Frisch an Keyboard und Klarinette verantwortlich. Den Part von Gitarrist Paul Jöst übernahm in Dortmund, als ehemaliges Adversus-Bandmitglied der Kopf der Firma Sonorium, Thomas Steuer, „Bassmeister“ Carsten Hundt suchte man bei diesem Auftritt vergeblich.

Kleinere Probleme mit der Technik nahmen Rosendorn und sein Gefolge sympathisch gelassen hin. Auch bei Christian von Asters Lesung hatte es bereits Schwierigkeiten mit dessen Mikrofon gegeben, die dieser versuchte mit Humor und betont lockeren Spüchen zu kommentieren. Doch hatte man bei ihm den untrüglichen Eindruck, dass ihn diese Unterbrechung irgendwie mehr verärgert hatte, als er es vor den Anwesenden zeigen und zugeben wollte. Adversus jedenfalls meisterten die Schrecksekunden wie gesagt äusserst souverän. Nur wissen wir seitdem, dass Rosendorn offenbar nicht der geborene Standup-Comedian ist, einen guten Witz konnte er spontan nicht zum besten geben.

Dies möge ihm gerne verziehen sein, ist es doch die Musik und die Liebe zur Kunst im allgemeinen für die sein Name steht und die diesen Abend unvergesslich machten.

Denn was auf CD schon genial klingt, bekam live gespielt dank spürbarer Authentizität und Leidenschaft noch den ganz besonderen Reiz.
Gelegentliche kleinere Unsauberheiten im „Gesang“, fielen nicht negativ ins Gewicht, sondern unterstrichen hierbei zusätzlich den Character eines Livekonzertes.

Die Musik von Adversus ist zweifelsohne eigenwillig und vielleicht zunächst auch gewöhnungsbedürftig. Doch wenn man sich auf sie einlässt, berührt sie einen auf fast magische Weise und lässt einen nie wieder los.

Fazit:

Das Fantastisch Festival bot mit zwei musikalisch sehr unterschiedlichen Bands und den Lesungen von Christian von Aster eine äusserst interessante Mischung.
Schade bleibt nur, dass die Lesung von Rosendorn der Zeit zum Opfer gefallen ist. Sie hätte sicher einen guten Kontrast zu den Worten Christian von Asters gebildet.

Veranstaltungen im kleineren Rahmen haben einfach ihren ganz besonderen Reiz und Charme. Sicher wäre es für die Künstler schöner gewesen ein grösseres Publikum zu erreichen. Von ganzem Herzen hätte man ihnen das auch gewünscht. Nicht zuletzt weil sie dies definitiv verdient hätten, denn die etwas magere Resonanz lag bestimmt nicht an der Qualität des dargebotenen.
Nicht zum erstenmal muss man feststellen, dass das Ruhrgebiet den Donnerstag Abend gerne verschläft. Doch nicht jede Veranstaltung kann am Wochenende sein. Deshalb die klare Aufforderung an dieser Stelle: „Ruhrpott erwache!!“ Es wäre endlich mal Zeit…

Tatsache ist: Das Fantastisch Festival in Dortmund war ein rundum gelungener Abend. Bitte mehr davon!

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Pamela Stahl
Pamela Stahl ist ehemalige Mitarbeiterin von Mindbreed.