Die vermutlich bestaussehensten Grand Prix Gewinner aller Zeiten haben sich aufgemacht, um ihre Lobeshymne an den Hardrock in (fast) ganz Europa zu verbreiten.
Am 28.09.06 machten Lordi mit ihrer beeindruckenden Bühnenshow in der Kölner „Live Music Hall“ Station und vereinten und faszinierten damit ein Publikum, dass bunter nicht hätte sein können.
Bereits kurz nach Einlass um 19.00 Uhr füllte sich der Innenhof der Kölner „Live Music Hall“ zusehends und recht schnell wurde klar, dass es an diesem Abend nicht nur am Bierstand ziemlich eng werden würde. Das Konzert war komplett ausverkauft, und wenn man es nicht besser wüsste, hätte man vermuten können, dass der eine oder andere sich noch irgendwie zusätzlich mit reingequetscht hatte.
Ganz nach Rockstarmanier, ging mit einer halben Stunde Verspätung auf der Bühne das Licht an. Beim Anblick einer unmaskierten Band herrschte zunächst ein wenig Erstaunen, offensichtlich war den wenigsten klar gewesen, dass es eine Vorband geben würde. Der Special Guest stellte sich als The Dogma vor, eine 5-köpfige Metalband aus Italien. Nicht wenige beschlossen daraufhin erst einmal, die Halle wieder zu verlassen, um es sich im Innenhof etwas bequemer zu machen. Doch der größte Teil des Publikums blieb auf seinem Platz, sicherlich auch um selbigen gegen die üblichen Nach-Vorne-Drängler zu verteidigen. Diese Entscheidung sollte sich später auch als äusserst vorraussichtig entpuppen, denn in den hinteren Reihen konnte man von dem eigentlichen Hauptact und der Bühnenshow im Nachhinein eigentlich überhaupt nichts mehr sehen. Ob die Kölner nun generell alle einen Kopf grösser sind als der Durchschnittsdeutsche, oder ob die Bühne einfach zu niedrig war, ist schwer zu sagen. Fest steht jedenfalls, dass sich manch einer für diesen Konzertbesuch sicherlich auch ein Paar dieser spacigen Plateauschuhe gewünscht hätte, auf denen Lordi und sein Gefolge so elegant über die Bühne schreiten. Viele waren über die schlechten Sichtverhältnisse so enttäuscht, dass sie auch später während des Lordi-Auftrittes lieber im Innenhof blieben. Das wiederum hatte zur Folge, dass manch einer so viel Zeit am Bierstand verbrachte, dass er letztenendes von den Ordnern volltrunken vor die Tür gesetzt werden musste.
The Dogma spielten nun also munter drauf los und gaben wirklich alles, um das Publikum mitzureissen. Neben einigen Schwierigkeiten mit dem Mikro war allerdings auch die Publikumsmotivation zunächst nur von mässigem Erfolg gekrönt. Aber die 5 Italiener spielten tapfer weiter und bis zum Ende ihres 45-minütigen Auftritts gelang es ihnen dann doch noch, die Halle von sich zu überzeugen, so dass die Band schlussendlich mit einem tosenden Applaus verabschiedet wurde.
Es folgte eine halbstündige Umbaupause, in der sich langsam das eigentliche Bühnenbild von Lordi entpuppte. Da die Live Music Hall über keinen Vorhang verfügt, konnte man alles genauestens verfolgen. Wären diese Arbeiten hinter einem Vorgang verborgen geblieben, wäre der eigentliche Effekt bei Lordis Auftritt vermutlich ein wenig dramatischer gewesen. So verkürzte das Beobachten zumindest die Wartezeit.
Nachdem die Arbeiten abgeschlossen waren, dauerte es weitere 10 Minuten bis das Licht in der Halle endlich erlosch und das erste Lied vom Band lief. Die Band selber war zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf der Bühne. Einige rote Lampen leuchteten unheimlich, ansonsten war es stockfinster.
Dann schritten die Stars des Abends unter grossem Jubel auf die Bühne und begannen ihre Show mit „Bringing Back The Balls To Rock“. Nun war der Knoten endgültig geplatzt, die Halle feierte die finnischen Monsterrocker, und die genossen es sichtlich.
Das aufwändig gestaltete Bühnenbild stellte eine Burg mit einem Glockenturm dar, seitlich davon befanden sich zwei Projektionswände, deren Bilder sich immer änderten. Mal regneten Feuerwände die schwarzen Leinwände hinunter, dann glühende Sterne, dann wieder zeigten sie einen düsterern Friedhof. In der Mitte der Burg befand sich eine Tür, durch die Lordi nach fast jedem Song verschwand, um flugs mit einer neuen Idee bewaffnet auf der Bildfläche zu erscheinen.
Mal kam er als Metzger mit einer blutigen Schürze verkleidet auf die Bühne, dann brachte er einen Eimer voller Innereien und Knochen mit, ein anderes mal war er mit abgetrennten Gliedmassen bewaffnet. Besonders am Herzen lag ihm offensichtlich eine ziemlich lädierte Zombipuppe im Chearleader-Dress. Ähnlich wie in dem Videoclip zu „Hard Rock Hallelujah“ ging es auch bei der Bühnenshow der Ärmsten an den Kragen. Wurde sie zunächst noch zärtlich von Lordi liebkost, endete sie schlußendlich gepfählt, über der Bühne hängend. Ein Psychologe könnte hier vermuten, Lordi hätte in seiner Jugend ein einschneidend schlechtes Erlebnis mit einer solchen Dame gehabt, dass er auf diesem Wege nun zu verarbeiten versucht. Wie dem auch sei, die Gruselshow war sicherlich aufwendig, wirkte stellenweise aber auch übertrieben, fast ein wenig kitschig. Möglicherweise liegt es einfach daran, dass man heutzutage nicht einmal mehr kleine Kinder (von denen man doch erstaunlich viele auf den Schultern ihrer Väter sitzen sah) mit abgetrennten Gummiearmen und ähnlichem wirklich schocken kann. Sieht man die Show allerdings primär unter einem parodistischen Aspekt mit einem freundlichen Seitenhieb auf die dunkle Szene, so kann man die Show bedenkenlos als perfekt umgesetzte Inszenierung bezeichnen.
An technischen Effekten wurde erwartungsgemäss natürlich auch nicht gespart, eine exzellente Pyroshow, ein funkensprühender Trennjäger in Lordis Hand, seine feuerspuckende Axt und eine laut knallende Panzerfaust, die so manchen zusammenzucken liess, hatten einfach Klasse.
Lordi selbst wand sich leider nicht wirklich direkt an sein Publikum, bezog aber ab und an wenigstens die ersten Reihen mit ein, indem er sie wie bei „Blood Red Sandman“ mit bunten Papierschnipseln bewarf.
Auch gegenüber seinen Bandkollegen wirkte er etwas distanziert, einzig zu Gitarrist Amen suchte er ab und an Kontakt.
Musikalisch lieferten Lordi einen guten Querschnitt ihrer bisher veröffentlichten Werke, wobei sie sich ihre stärksten Songs bis zum Ende aufsparten. Ein ganz besonderes Highlight der Show in Köln bildete der Gastauftritt von Udo Dirkschneider, dem Ex-Accept-Sänger der „They only come out at night“ mit Lordi im schaurig-schönen Duett performte. Am Ende des Liedes bedankte sich Lordi bei dem Heavy-Metal-Urgestein aus Wuppertal für seinen Gastgesang auf dem aktuellen „The Arockalypse“-Album, das mittlerweile mit zweimal Gold ausgezeichnet wurde und überreichte ihm feierlich eines der goldenen Alben. Udo Dirkschneider verabschiedete sich sichtlich gerührt und nach zwei weiteren Songs verliessen auch Lordi mit einem herzlichen „Fuck You, see you next time“ ersteinmal die Bühne, um eine kurze Pause einzulegen und das Publikum lauthals um Zugabe flehen zu lassen.
Die Band liess sich dann auch nicht allzulange bitten, und gab kurze Zeit später die beiden Hits „Devil is a looser“ und „Would you love a monsterman“ zum Besten. Bei „Devil is a looser“ fuhr Lordi dann auch endlich seine berüchtigten Flügel aus und stellte damit wirklich ein imposantes Bild dar. Nach diesen zwei Songs verschwand die Band dann erneut hinter der Bühne, um die tosende Menge nochmals nach einer Zugabe schreien zu lassen.
Einen Song waren Lordi zweifelsohne noch schuldig. Also kehrten sie ein letztes mal unter dem bisher grössten Jubel des Abends zurück. Allen war klar, dass jetzt nur noch ein Song kommen konnte. Awa machte drei Anläufe auf ihrem Piano, die sie immer wieder unterbrach um das Publikum noch mehr anzustacheln. Dann erschien auch der Meister selber wieder auf der Bühne, um das Publikum mit diesem einen Song zu begeistern, der Lordi erst zu dem gemacht hat, was sie heute sind. Auch wenn man zu Konzertbeginn noch davon überzeugt gewesen war, sich an „Hardrock Hallelujah“ längst satt gehört zu haben, riss dieser Song augenblicklich einfach jeden mit. Dieser Song schaffte es auf einzigartige Weise die ganze Magie dieses unglaublichen Grand-Prix-Sieges von Lordi in die enge, muffige, viel zu warme Kölner „Live Music Hall“ zu zaubern. Für wenige Minuten waren wir alle nicht mehr Köln, sondern Finnland. Dieses Lied vereinte ein buntes Publikum, dass sich aus Kutten tragenden Metallern, düsteren Gruftis, Punks mit bunt gefärbten Haaren und ganz normalen, gutbürgerlichen Männern und Frauen, die vermutlich noch nie in ihrem Leben auf einem derartigen Konzert waren, zusammensetzte. Eine unbeschreibliche Atmosphäre erfüllte die komplette Halle. Nachdem die letzten Töne verklungen waren, verbschiedeten sich Lordi, diesmal sogar ziemlich höflich und verliessen mit einem „Dankeschön“ an ihre Fans, dann recht schnell die Bühne der „Kölner Live Music Hall“.
Das Fazit dieses einmaligen Konzertabends:
Auf die Frage „Would you love a monsterman“ gibt es definitiv nur eine Antwort, ein Konjunktiv ist absolut überflüssig.
JA, wir lieben diesen Monstermann und sein gruseliges Gefolge.












