Noch bis Ende November sind Zeraphine mit ihrer aktuellen Tour in Deutschland unterwegs. Und nicht zu vergessen, am 30.12.06 werden die 5 Berliner beim Funkenflug Festival (u.a. mit Schandmaul, New Model Army) in München auftreten. Vor ihrem Auftritt am 01.11.06 im Kölner Prime Club haben sich Sänger Sven und Gitarrist Manuel viel Zeit genommen, um mir im Interview geduldig Rede und Antwort zu stehen. Ich hatte das grosse Vergnügen zwei sympathischen jungen Männern zu begegnen, die einerseits lustig und charmant, dann aber auch wieder nachdenklich und ernsthaft waren.
Zum Ende hin ist uns dann leider die Zeit etwas davon gelaufen, auch wenn sich Sven und Manuel wirklich die grösste Mühe gegeben haben noch alle Fragen zu beantworten. Aber man sieht sich ja immer zweimal im Leben…
Pamela: Also die allerwichtigste Frage zuerst: Wie geht es euch?
Sven: Besser.
Pamela: Was heisst denn genau besser? Ging es Dir schlecht?
Sven: Ja, gestern ging es mir ziemlich schlecht. Aber nicht wegen Alkohol (lacht), sondern eher wegen einer sich möglicherweise anbahnenden Erkältung, aber das scheint sich glücklicherweise nicht bestätigt zu haben.
Pamela: Da dies erst das zweite Konzert eurer Herbsttour ist habe ich nur wenig Hoffnung auf einen ausführlichen Bericht wie die Tour bisher verlaufen ist. Oder ob etwas total spannendes, dramtisches, oder lustiges passiert sein könnte? Aber ich versuche es einfach dochmal.
Sven: Nein, da gibt es tatsächlich bisher noch nichts aufregendes zu erzählen.
Pamela: Ok, was ist denn dann generell das Kurioseste, das euch jemals on Tour passiert ist?
Sven: Also viele lustige Geschichten haben wir bisher am Schweizer Zoll erlebt.(lacht)
Pamela: Was denn genau?
Manuel: In der Schweiz hat man die Schwierigkeit, dass man die ganzen Merchandise Sachen, halt T-Shirts, CD`s etc. am Zoll angeben muss, und auf alles was man verkauft, oder theoretischerweise verkaufen könnte eine Abgabe leisten muss. Nun gibt es da verschiedene Tricks, die von Bands angewendet werden um dies zu umgehen – unser Trick war nicht so gut (lacht). Wir haben als der Zollbeamte uns angesprochen hat einfach behauptet wir hätten nur ein, zwei T-Shirts als Promo dabei. Dann wollten die Herren vom Zoll unserern Wagen aber doch öffnen und auspacken. Sie haben dann insgesamt zwölf Kisten mit Merchandise rausgeholt. Das wiederum fanden die Zollbeamten dann nicht so lustig …
Sven: Ja, das war ne tolle Strafe, die wir da gezahlt haben.
Pamela: Da hat man auch keinen Bandbonus? Oder kann die Zollbeamten mit T-Shirts bestechen? (lacht)
Sven: Ne, einen Bandbonus gibt es nicht. Ganz im Gegenteil. Und das mit dem Bestechen wäre bestimmt auch keine gute Idee gewesen.
Manuel: Eine lustige Sache gab es noch krankheitsmässig bei einer Tour. Damals hat Norman von seinem Sohn einen Magen-Darm-Virus mitgebracht. Schlussendlich waren dann eigentlich alle Bandmitglieder davon betroffen.
Sven: Ja, selbst die Vorband.
Manuel: Die Vorband war für ein Konzert wirklich komplett weg. Das war so ein Virus der dich erwischt hat und es ging dir von einer halben Stunde auf die nächste so dermassen schlecht, dass 2 Tage wirklich gar nichts mehr ging, aber danach war es dann auch wieder weg.
Dieser Krankheitsverlauf traf dann jeden von uns. Wir bekamen später sogar Mails von Leuten aus den ersten Publikumsreihen, die den Virus auch bekommen hatten.
Sven: Ein Konzert haben wir ohne Manuel gespielt. Ein anderes Konzert mussten wir ohne Norman und Michael spielen. Das war echt fürchterlich, aber es ist schon ne Weile her.
Pamela: Wie sieht es mit euren Plänen aus eine Live-DVD zu produzieren? Dürfen sich die Besucher, der Still-Tour berechtigte Hoffnung machen sich auf einer solchen bald wieder zu finden?
Sven: Nein auf dieser Tour definitiv nicht. Wir nehmen auf der Tour nichts auf was irgendwie für eine DVD verwendet werden könnte.
Pamela: Ich hatte aber irgendwo gehört, dass ihr sowas planen würdet.
Sven: Ja, wir hatten mal die Idee, aber so weit sind wir einfach noch nicht.
Pamela: Weiterhin wünschen sich nicht wenige Fans eine unplugged CD von Zeraphine, gibt es in der Hinsicht Pläne eurerseits?
Sven: Ja, das ginge durch, aber wir haben im Moment in der Richtung noch nichts wirklich fertig gestellt, so dass man sagen könnte da kann im nächsten Jahr, oder so mit gerechnet werden. Das Ganze wird sich sicherlich noch ein bischen hinziehen.
Pamela: Wo spielt ihr lieber, wie hier in kleinen Clubs, oder doch eher auf grösseren Festivals?
Sven: Das hat auf alle Fälle beides seinen grossen Reiz. Das Schöne an einem Festival ist einfach, dass man auch Leute erreichen kann, die einen vielleicht noch gar nicht kennen. Oder die schon mal unseren Namen gehört haben, aber eigentlich gar nicht wissen, was für Musik wir spielen. Weiterhin sind die Bühnen sehr gross und alles ist sehr aufregend und spannend. Bei einer Clubtour hingegen weiss man, dass die Leute alle wegen einem selbst da sind und dementsprechend macht es genauso viel Spaß. Beides ist einfach extrem wichtig für uns.
Pamela: Seid ihr vor den Konzerten eigentlich noch nervös, oder ist das alles mittlerweile Routine für euch?
Sven: Das Nervös sein wird zur Routiene.(lacht) Nein, das ist wirklich ganz schlimm.
Manuel: Das gehört aber auch mit dazu. Es lässt einen dann ja auch die Leistung bringen die man möchte und auch sollte.
Sven: Ja, das glaube ich auch. Sonst stünde man irgendwann einfach wie im Proberaum nebeneinander. Das würde keinen Sinn mehr machen.
Pamela: Ist es dann nicht noch zusätzlich anstrengend jetzt vorher noch Interviews geben zu müssen?
Sven: Nein, nein jetzt ist das noch in Ordnung. Aber ne halbe Stunde vorher ist mit keinem von uns mehr was anzufangen. Früher ging es mir so, dass ich vor grösseren Konzerten schon zwei Tage vorher völlig fertig war. Aber dafür haben wir mittlerweile doch schon zu viele Konzerte gespielt, als dass es mich heute noch so fertig machen würde. Höchstens vielleicht noch vor unserem Cure-Gig im letzten Jahr. (lacht)
Pamela: Nach eurem Vertragsende bei Drakkar habt ihr zusammen mit eurem Produzenten Thommy Hein das Label Phonyx Records gegründet. Einerseits habt ihr nun natürlich den grossen Vorteil, dass ihr ganz ungezwungen eure Ideen und Wünsche umsetzen könnt, andererseits kann ich es mir aber auch sehr stressig vorstellen, sich plötzlich um alles selber kümmern zu müssen. Überwiegen in euren Augen zur Zeit eher die Vor- oder die Nachteile?
Sven: Also ich glaube grundsätzlich überwiegen sowieso die Vorteile in dieser ganzen Konstellation. Wir machen ja nun nicht wirklich alles selbst. Klar ist so ein Label mehr Arbeit, aber es ist so, dass man viele Sachen lediglich koordiniert und sie dann doch von anderen ausführen lässt. Wie z.B eine Promotion-Agentur, die sich um die Journalisten kümmert, oder darum das Artikel in den Zeitschriften erscheinen usw. Das könnten wir selber alles gar nicht machen, dazu fehlen uns einfach die Zeit und die Kontakte. Es ist einfach sehr viel Organisationsarbeit für uns. Andererseits hat auch schon vorher in der Band jeder von uns eine Aufgabe gehabt, die über das Musik machen hinausging und insofern waren wir doch recht gut erprobt in diesen Abläufen. Wir wussten schon vorher, dass es auch neben der Musik Dinge gibt, die man einfach machen muss. So gesehen hat sich von jedem von uns das bisherige Aufgabenfeld einfach etwas erweitert. Logisch haben wir jetzt mehr Arbeit, aber es macht ja auch Spass und es ist wirklich sehr interessant die Fäden selber in der Hand zu haben und selber entscheiden zu können wofür man Geld ausgibt. Wenn man als Band bei einer Plattenfirma ist, die man nicht selber ist, bekommt man Sachen die schief laufen teilweise gar nicht mit. Wir hingegen können auf solche Probleme jetzt viel schneller reagieren, und das ist auch gut so.
Manuel: Es ist auch interessant ganz plötzlich in all die Sachen involviert zu sein, die vorher eine Firma für dich erledigt hat. Man bekommt einen ganz anderen Eindruck von vielen Dingen. Vorher denkt man das ist alles total schwiergig und da will ich mich bloss nicht mit beschäftigen, aber wenn du es plötzlich machen musst, merkst du schnell das Prinzip ist eigentlich ganz einfach und damit kommt man dann auch klar.
Pamela: Werdet ihr in nächster Zeit auch andere Bands unter Vertrag nehmen? Wenn ja, könntet ihr euch vorstellen mit Bands zusammen zu arbeiten, die musikalisch in eine ganz andere Richtung arbeiten?
Manuel: Vorstellen könnten wir uns das generell schon. Es ist nur so, dass die Firma einfach nicht gross genug ist, um solche Projekte zu realisieren. Wir haben die Firma gegründet um uns selber rausbringen zu können, aber wir haben nicht die finaziellen Mittel um das mit anderen Bands zu machen. Und solange das Geld nicht da ist, macht es keinen Sinn sich darüber Gedanken zu machen.
Sven: Also, das wäre vielleicht ein langfristiges Ziel, aber ob es überhaupt jemals soweit kommt, dass muss man einfach abwarten. Zum einen fände ich es unfair anderen Bands gegenüber mit ihnen zu experimentieren. Im Prinzip experimentieren wir ja an uns, was aber vollkommen in Ordnung ist. Nur das mit anderen Band zu machen wäre es definitiv nicht. Zum anderen sind wir mit uns selber jetzt an eine Belastungsgrenze gestossen, wo wir einfach sagen müssen mehr könnten wir im Moment eh nicht händeln. Ein anderes Problem ist, dass der Musikmarkt sich sowieso permanent nach unten entwickelt. Bei uns selber ist es zwar relativ entspannt, wir wissen was wir verkaufen und da können wir mit kalkulieren. Aber wenn man einem Newcomer unter Vertrag nimmt und dem ähnliche Budgets wie uns selber zur Verfügung stellt, der dann aber nur 1000 oder vielleicht 5000 Platten verkauft, da würden wir uns schon richtig in den Dreck setzen. (lacht)
Manuel: Bei einem Newcomer muss man ja immer erstmal Aufbauarbeit leisten. Das heisst, dass man erstmal Miese einfährt. Dazu braucht man dann wiederum mindestens drei oder vier Bands die das Ganze abfangen können.
Sven: Wenn man nur eine Band hat, die gut läuft, damit kann man halt die eine Band abfangen. Aber nicht noch zwei, drei andere, die nicht laufen. Das funktioniert nicht.
Pamela: Wie seid ihr selber überhaupt zur Musik und speziell zur Gothic-Musik gekommen?
Manuel: Zur Musik bin ich persönlich ziemlich früh gekommen. Meine Eltern haben es damals sogar gefördert, dass ich Gitarre spielen lerne. Ziemlich schnell habe ich dann in der Schule meine erste Band formiert und seitdem hat mich die Musik auch nicht mehr losgelassen. Und ich bin ehrlich geasgt auch sehr froh, dass ich immer noch dabei bin.
In die Szene selber bin ich erst durch Zeraphine reingekommen. Ich habe zwar mit 15, 16 schon so ähnliche Musik gehört, aber ich war damals nicht so festgefahren, dass ich hätte sagen können, diese Szene spricht mich so an, da lege ich jetzt meinen ganzen Charakter rein und da fühl ich mich aufgehoben, dafür war ich eigentlich immer zu sehr ich selber. Richtig kennengelernt habe ich das Ganze erst durch die Dreadful Shadows. Norman ein Mitmusiker meiner letzten Band ist damals ja bei den Dreadful Shadows eingestiegen, da war ich dann öfters auf den Konzerten und es hat mir dort gut gefallen. Dadurch haben wir hier uns dann ja auch im Endeffekt alle kennen gelernt.
Sven: Darüber bin ich auch sehr froh.
Pamela: Habt ihr noch Kontakt zu den anderen ehemaligen Dreadful Shadows Mitgliedern?
Sven: Sporadisch, also ich habe dann und wann noch zu dem Schlagzeuger Kontakt, weil er wohnt Luftlinie ungefähr hundert Meter oder so von mir entfernt. Mit ihm treffe ich mich halt ab und zu, ansonsten aber sehr wenig. Und zu Norman haben wir immer sehr guten Kontakt. (lacht)
Pamela: Würdet ihr euch selber als Gothics bezeichen? Wie ist eure persönliche Einstellung zu dieser Szene?
Sven: Das ist eine schwierige Frage. Der Begriff Gothic ist teilweise irgendwie negativ vorbelastet. Für mich persönlich aber nicht. Ich habe kein Problem damit, wenn mich jemand so bezeichnet, das nehme ich keinem Übel. Die Szene ist halt, obwohl die Uniform ja schwarz ist, was ich auch selber trage, trotzdem doch extrem individuell. Das sieht man ja auch an der Vielfalt von Musik, die es innerhalb dieser Szene gibt. Mir gefällt da natürlich auch nicht alles von, aber das ist auch vollkommen in Ordnung. Es zeigt mir aber wie extrem vielschichtig diese Szene ist. Ich fühle mich in ihr einfach sehr wohl, deshalb trage ich auch schon seit meinem zwölften Lebensjahr schwarz. Diese Szene hat mich schon immer fasziniert. Es gibt viele verschiedene Themen über die man mit den Leuten sprechen kann. Es geht halt nicht immer nur um “ Was hast Du für einen Job?“ und “ Wieviel verdienst Du?“, sondern auch um ganz andere Sachen. Ob ich mich jetzt selbst so bezeichnen würde? Ich weiß es nicht. Ich seh so aus,… glaube ich. (lacht)
Pamela: Ja!
Wenn man die üblichen Musiksender einschaltet hat man oft das ungute Gefühl, dass die meisten Berliner Musiker „Gangster“ und „total Aggro“ sind. Muss man sich Sorgen um die Gothic- und Punkszene in unserer schönen Hauptstadt machen?
Manuel: Nein, die Szene exzistiert ja trotzdem noch. Dass die Medien diese Szene und diese Musik noch nicht ausgeschlachtet haben, finde ich eigentlich auch sehr positiv. Natürlich ist es für einen Musiker schon blöd, wenn man von Musiksendern abgelehnt wird, weil man in deren Augen einer bestimmten Szene schubladentechnisch angehört, aber andererseits ist es auch toll, dass es so viele verschiedene Musikrichtungen gibt. Mal ist es modern harte Gitarren zu hören, dann gibt es plötzlich eine Retrowelle. Aber darauf kommt es nicht an. Es kommt darauf an, dass eine Band die Art von Musik macht mit der sie sich wohlfühlt. Und das es genug Leute gibt, die es toll finden, dass es diese Band gibt und sich die Alben kaufen und zu einem Konzert gehen. Das ist was wichtig ist, nicht ob das Ganze in den Medien stattfindet, oder ebend nicht. Natürlich würde es mehr Umsatz bringen, was aber eigentlich ein grosser Quatsch ist, weil die Medien nicht das wiederspiegeln was wirklich da ist. Das ist einfach Meinungsmacherei.
Sven: Was ich persönlich sehr positiv finde ist, dass MTV und VIVA mittlerweile dazu übergegangen sind wirklich auch ihre Stammzuschauer derart zu vergraulen, dass ich mir überhaupt nicht vorstellen kann, dass sich das überhaupt noch jemand anguckt. Das musikalische Repertoire dieser Sender besteht nur noch aus 20 Songs pro Woche, alles andere besteht aus billiger Werbung und Quizshows. Ein normaler Mensch hält es einfach gar nicht mehr aus, sich das anzugucken. Ich fand das eigentlich schon immer ganz schlimm und zwiespältig, aber früher gab es wenigstens noch einzelne Sendungen auf die man sich gefreut hat, weil da ebend auch mal andere Musik gespielt wurde. Aber die sind mittlerweile alle abgeschafft worden. Ich kenne Leute, die haben früher Musiksender den ganzen Tag immer nebenher laufen lassen. Das machen die heute alle nicht mehr, weil sie es nicht mehr ertragen können. Und somit graben MTV und VIVA sich selber ihre Wichtigkeit ab. Das finde ich eine postive Entwicklung, weil dadurch sind die Sender einfach nicht mehr mächtig. Eine Band kann auch ohne VIVA und MTV Platten verkaufen. Das wäre etwas was man denen auch mal sagen sollte, aber ich schätze da würde einem keiner zuhören.
Manuel: Die sind einfach in ihren eigenen Strukturen gefangen.
Das sieht man ja mittlerweile auch bei vielen Nachrichtensendern. Klar jeder von uns ist interessiert zu gucken, was auf der Welt passiert. Aber wenn man das Ganze mal richtig, quasi mit dem dritten geistigen Auge betrachtet, merkt man jede Nachrichtensendung ist eigetnlich nichts anderes als eine Meinungsmache. Zu denken man bekommt einen Spiegel von dem was auf der Welt passiert ist ein Fehler, das stimmt einfach nicht. Man kriegt nicht mit was auf der Welt passiert, man kriegt das mit was irgendwelche Leute einen denken machen wollen.
Sven: Bild dir deine Meinung – Bild dir meine Meinung. (lacht)
Manuel: Ich weiss es ist schwer, das immer in Frage zu stellen. Aber man sollte das tun, um sich davon nicht einfangen zu lassen.
Pamela: Ihr seid für eure Fannähe bekannt und beliebt. Ein Phänomen das sicherlich nicht nur bei euch, sondern auch bei vielen anderen Gothicbands zu beobachten ist. Wie könnt ihr euch erklären, dass ausgerechnet in dieser Szene, das Verhältniss zwischen Musikern und Fans oft fast freundschaftlich ist?
Sven: Ich glaube einfach, wenn man intensive Musik macht und damit Leute erreichen möchte, dann gibt es für einen Musiker nichts besseres als von den Leuten auch etwas zurück zubekommen. Das bewerten solche Musiker sehr hoch und unterhalten sich deshalb auch viel mit ihren Fans. Es ist einfach größtenteils eine sehr emotionale Musik, das gleiche gilt für die Texte. Und wenn du dann ein Feedback bekommst, wie eine andere Person deinen Song empfindet ist das wirklich toll und auch mutig, weil teilweise sind es schon wirklich krasse Geschichten die uns da erreichen.
Aber ich glaube auch es ist die Ebene auf der sich Hörer und Musiker dann gleichzeitig befinden, die macht es einem als Fan vielleicht auch einfacher auf die Band zuzugehen und zu sagen „Hey, du weisst ja genau wovon ich rede, ich will es dir aber trotzdem mal erzählen“. Das finde ich wirklich großartig. Und wenn man sowas von seinen Fans zurück bekommt, ist es natürlich der nächste Schritt für den Musiker wieder darauf einzugehen. Das finde ich sehr wertvoll und extrem wichtig.
Pamela: Andererseits lassen sich bei soviel Fannähe sicherlich auch negative Erlebnisse mit allzu aufdringlichen Fans nicht ausschliessen. Habt ihr auch schon schlechte Erfahrungen in dieser Richtung gemacht?
Manuel: Also richtig schlimm fand ich bei einem Festival, dass ein Fan vor mir zugab, dass er sich das neue Album aus dem Netz gezogen hat. Der war eigentlich ziemlich nett und dann so was. Da hatte ich keine grosse Lust mehr mit dem weiter zu reden.
Und aufdringlich werden die Leute auch nicht, wenn man sich selbst ziemlich nah mit ihnen beschäftigt und eigentlich gar nicht erst eine Barriere aufbaut.
Sven: Wir haben wirklich das grosse Glück sehr nette Fans zu haben, so dass es da eigentlich keine Probleme gibt.
Pamela: Dann lasst uns auch noch kurz über euer aktuelles Album sprechen. „Still“ ist rockiger, rauher und auch aggressiver als man vielleicht zunächst von einem Album mit diesem Titel, aber auch von euch persönlich erwarten würde. Woher kommt diese Härte? Wird sich eure Musik zukünftig eher in diese Richtung weiterentwickeln?
Sven: Dann fange ich mal mit dem zweiten Teil der Frage an. Das könnte ich mir sehr gut vorstellen. Es ist für uns ein grosser Schritt gewesen so zu produzieren, wie wir es getan haben. Also das Album so rauh und teilweise auch richtig kaputt zu machen. Aber ich finde das steht uns extrem gut. Wir wollten mehr Live-feeling auf die CD bringen. Live klingen wir ähnlich wie auf „Still“, natürlich nicht ganz so sauber (lacht), aber es ist derselbe Flair. Das haben wir versucht und es ist uns auch gelungen dies mit in die Albumproduktion einzubauen. Das Songmaterial hat es auch hergegeben, und hat sich einfach dafür angeboten, wie bisher noch nie.Wir hatten uns bevor wir ins Studio gegangen sind mit unserem Produzenten zusammen gesetzt und eine Art Fahrplan, wie es am Ende klingen soll, ausgearbeitet. Da war von allen die Antwort wir wollen es rotziger haben, wir wollen es dreckiger haben und einfach bandmässiger. Das haben wir teilweise dadurch hinbekommen, dass wir zusammen im Sudio gejammt haben. Also jeder hatte sein Instrument aufgebaut und wir haben die Songs vorher, bevor wir wirklich mit den eigentlichen Aufnahmen begonnen haben, gespielt. Dadurch ist eine unglaublich intensive Interaktion zu stande gekommen, das heisst der Schlagzeuger hat gespielt, daraufhin ist direkt der Bassist eingestiegen, dann kamen die Gitarren dazu usw.. Von dieser Session haben wir teilweise auch Sachen gleich benutzt, wie z.B. den Schlagzeugpart. Ich kann sagen die CD ist wirklich so geworden, wie ich sie mir vorgestellt hatte.
Manuel: Natürlich ist es immer ein bischen schwer zu sagen wo man sich hinentwickeln wird, aber ich finde diese Richtung steht uns einfach sehr gut.
Sven: Wir wollen Musik machen, die Spass macht zu hören und Spass macht zu spielen.
Manuel: Das ist es ja worum es geht, wenn man als Musiker zusammen arbeitet. Das man lernt Ideen zusammen so umzusetzen, dass am Ende alles auf einen Punkt kommt. Auch die Entwicklung ist das interessante an Bandarbeit. Nach dem ersten Album kann man aber noch nicht von einer Band, die sich entwickelt hat sprechen, auch nicht wenn das Album gut ankommt. Dann stehen zwar gute Musiker dahinter, die sich offensichtlich alle gut miteinander verstehen und eine gutes Album produziert haben, aber eine wirkliche Entwicklung kann man erst nach drei oder vier Alben haben.
Pamela: Spricht man den Albumtitel nun eigentlich deutsch oder englisch aus?
Sven: Wie du willst.
Pamela: Habt ihr diesen Albumtitel gewählt um eine Brücke zwischen den Fans zu bauen, die sich noch immer streiten, in welcher Sprache eure Lieder am besten rüberkommen?
Manuel: Wir versuchen bei jedem Album irgendwie einen Titel zu finden, der keine eindeutige Kategorie, ob nun deutsch oder englisch zu lässt, da wir ja nun mal zweisprachig texten und singen.
Sven: Diesmal ist es uns aber wirklich das erste mal gelungen, dass der Plattentitel zweisprachig ist und auch in beiden Sprachen dasselbe bedeutet. Wir hatten bisher immer eine Art Gegensatz im Plattentitel. Das ist bei einem Wort natürlich ein bischen schwierig. Deswegen gibt es hier diesmal eine andere Ebene, nämlich die zwischen dem vorgefertigten Vorurteil dem Wort Still gegenüber und dem was eigentlich dahintertsteckt. Wobei ich das nicht negativ meine, aber wenn man an Still denkt assoziiert man erstmal etwas angenehmes wie Ruhe, Romantik oder ähnliches. Wenn man sich dann aber den Text von „Still“ beispielsweise anguckt merkt man relativ schnell, dass dies nicht die Stille ist die wir meinen. Und deshalb finde ich diesen Plattentitel so passend. Das ist genau diese Diskrepanz zwischen dem was vorgefertigt im Kopf ist, der ersten Assoziation und dem was eigentlich dahinter steht. Insofern haben wir es diesmal geschafft mit nur einem Wort einen Gegensatz zu schaffen. Mal gucken, ob wir sowas nochmal mit einem Buchstaben hinkriegen. Das wäre eine Herausforderung (lacht).
Pamela: Wie kann man sich die Entstehung eines neuen Songs bei euch vorstellen? Und wonach entscheidet ihr schlussendlich in welcher Sprache der Text geschrieben wird?
Sven: Die Songs entstehen grösstenteils indem sich zwei Leute zusammensetzen und eine Komposition machen. Die wird dann an alle anderen Bandmitglieder rumgereicht, im Idealfall spielen wir sie dann nochmal im Proberaum zusammen, dann packt jeder noch seine Ideen hinzu und irgendwann ist das Lied soweit, dass man es im Studio aufnehmen kann. Die Sprache ergibt sich eigentlich mit dem was ich ausdrücken will. Ich finde beide Sprachen sind sehr unterschiedlich in der Handhabung. Man kann halt einige Sachen besser in deutsch ausdrücken, andere wiederum besser in englisch. Im Englischen kann man viele Sachen offen lassen, und viele Zweideutigkeiten einbauen. Im deutschen kann man dafür sehr schön mit Gegensätzen arbeiten. Und je nach dem in welche Richtung der Text tendiert entscheidet sich die Frage nach der Sprache. Wobei es durchaus passieren kann das man zuerst denkt das wird ein englischer Text und es sich dann herrausstellt, nein das passt doch nicht. Dann schmeisst man das Geschriebene nochmal weg und schreibt es in deutsch neu.
Pamela: Eine Frage noch zum Schluss. Im letzten Jahr ward ihr der Support von niemand geringerem als The Cure in Berlin. In meinen Augen, die grösste Band mit der man gemeinsam auf einer Bühne stehen kann. Habt ihr das ähnlich empfunden? Oder gäbe es für euch einen noch „grösseren“ Wunschpartner mit dem ihr zusammen auf Tour gehen wollen würdet?
Sven: Also für mich nicht.
Manuel: Eine ganze Tour mit The Cure wäre toll.
Sven: Ich fände Depeche Mode auch noch ganz toll, aber ich denke da haben es die Vorbands wirklich schwer. Das ist bestimmt ein sehr undankbarer Job, aber ich würde ihn trotzdem gerne machen (lacht).
Pamela: Vielen, vielen Dank für das Interview. Ich wünsche euch einen erfolgreichen Auftritt.
Sven: Gerne geschehen.
Manuel: Viel Spass auf dem Konzert.












