Ende September diesen Jahres veröffentlichten die niederländischen Newcomer Delain ihr grandioses Debutalbum „Lucidity“, über das Label Roadrunner Records, endlich auch bei uns in Deutschland. Delain stehen für flotte, melodische Metalklänge und vorallem für grosse Emotionen. Wer sich da spontan an eine holländische Band namens Within Temptation erinnert fühlt, liegt gar nicht mal so schlecht. Denn Delain Begründer Martijn Westerholt ist nicht nur der Bruder des Within Temptation Gitarristen und Songwriters Robert Westerholt, sondern war auch selbst 5 Jahre der Keyboarder dieser Band.
Pamela: Hallo Delain. Die allerwichtigste Frage zuerst: Wie geht es euch?
Martijn: Ich kann mich nicht beklagen. Es geht mir gut.
Pamela: Martijn, du warst 5 Jahre lang Keyboarder bei Within Temptation, bis du die Band aufgrund deiner Erkrankung verlassen musstes. Das muss ein schwerer Schlag für dich gewesen sein. Dennoch hast du die Kraft gefunden ein neues Musikprojekt ins Leben zu rufen. Woher hast du diese Kraft genommen?
Martijn: Es war der Drang Musik zu machen. Also eigentlich entwickelte sich die ganze Geschichte im Laufe der Jahre. Ich hatte zunächst nicht geplant, dieses grosse Projekt, unter dem Banner von Roadrunner, Wirklichkeit werden zu lassen. Dieser Prozess wurde aber zu einer Art Therapie für mich und als das Album fertig war, began ich mich langsam von meinen gesundheitlichen Problemen zu erholen. Fügung, oder nicht? Das ist eine gute Frage.
Pamela: War dir von Anfang an klar, dass du früher oder später ins Musikbusiness zurück kehren würdest? Oder gab es auch Momente wo du dem Ganzen lieber den Rücken kehren wolltest?
Martijn: Kurz nachdem ich Within Temptation verlassen hatte, verspürte ich keinen allzu grossen Drang danach. Ich war eigentlich ziemlich froh, nicht mitten in dem ganzen Trouble zu stecken, als es mit „Mother Earth“ und „The Silent Force“ so richtig zur Sache ging. Zu dieser Zeit brauchte ich erstmal nur Ruhe. Zumal ich die Erfahrung und den Spass ja auch schon kannte mit den ganzen Shows, Goldenen Platten, etc. Aber irgendwann kehrte die Lust Musik zu machen, langsam wieder zu mir zurück. Also begann ich zunächst aus Spass wieder zu komponieren und zu spielen. Einfach nur so, ohne einen grossen Plan, oder ähnliches im Hinterkopf zu haben.
Pamela: Nun bist du ja ein ehemaliges Bandmitglied von Within Temptation. Und gleichzeitig schlägt die Musik von Delain auch in eine ähnliche Kerbe. Da bleiben Vergleiche mit Within Tempatation natürlich nicht aus. Ärgert es dich, wenn beide Bands ständig in einen Topf geschmissen werden, oder ist das eher ein Lob für dich?
Martijn: Nein, das ärgert mich gar nicht. Schliesslich macht es ja auch Sinn. Ich war ganze 5 Jahre ein Teil von Within Temptation und diese Zeit hat mich auch geprägt. Dieser Teil von mir ist jetzt ein Teil von Delain. Weiterhin ist es ja auch mein eigener Bruder, der die meisten Within Temptation Songs schreibt und ich muss zugeben, dass wir einen ähnlichen Stil haben. Möglicherweise ist dies genetisch bedingt.
Pamela: Wo siehst du die größten Unterschiede zwischen den beiden Bands. Wo die Parallelen?
Martijn: Ich denke Delain klingt rauher als Within Temptation.Und natürlich machen Charlottes Gesang und die Mitarbeit der ganzen Gastmusiker im Vergleich zu Within Temptation auch einen grossen Unterschied aus. Charlotte hat einen einzigartigen, stimmlichen Charakter, der sich komplett von Sharon´s unterscheidet. Weiterhin haben wir einige extreme-double-bass-kick Songs, mehrere Solos und eine völlig andere Produktion als Within Temptation aufzuweisen. Als Parallelen würde ich sehen, dass wir oft eine ähnliche Songstruktur aufweisen. Robert und ich haben mehr, oder weniger denselben Geschmack was Musik angeht und das spiegelt sich in unserer Musik zwangsläufig wieder.
Pamela: Ich persönlich finde, dass euer Album sehr enthusiastisch und voller positiver Energie klingt. Fühlt ihr euch in der Schublade des Gothic-Alternative-Metals überhaupt richtig eingeordnet?
Martijn: Das ist eine gute Frage. Ich denke wir sind eine Symphonic-Metal-Rock Band mit einer einer dunklen Seite, aber gleichzeitig auch einer poplastigen Seite.
Pamela: Habt ihr persönliche Berührungspunkte zur Gothicszene? Könnt ihr mir kurz etwas über die Gothicszene in eurer Heimat erzählen?
Martijn: Nein, da haben wir eigentlich keine Berührungspunkte. Der dunkle Schlag in unserer Musik stellt für uns die einzigste Verbindung zur Gothicszene dar.
Pamela: Ok, dann zurück zu Delain. Der Name Delain basiert auf einem Klassiker von Stephen King. Warum hast du dich gerade für diesen Namen entschieden?
Martijn: Ich vergleiche das gern mit jungen Eltern, die ihrem neugeborenen Kind einen Namen geben. In manchen Fällen hat der Name eine Bedeutung und es verbirgt sich eine lange Geschichte hinter dem Namen. In anderen Fallen hingegen hat die Namensgebung keine tiefere Bedeutung. Die Eltern mochten den Namen einfach. Nicht mehr und nicht weniger. Dieses Beispiel spiegelt die Bedeutung von Delain ganz gut wieder. Denn Delain bedeutet absolut gar nichts. Ich las diesen Namen in einem Buch von Stephen King und verliebte mich in in. Irgendwie hatte ich einfach das Gefühl, dass er perfekt zur Musik passt.
Pamela: Gibt es denn Parallen zwischen Stephen Kings Delain-Thematik und eurer Musik?
Martijn: Vielleicht die Athmosphäre, in einigen Geschichten. Ich mag diese Athmosphäre wirlich sehr. Aber mehr Zusammenhänge kann ich da nicht finden.
Pamela: Wovon handeln generell eure Texte. Welche Botschaft wollt ihr mit euren Songs übermitteln?
Martijn: Das ist eigentlich Charlottes Gebiet. Sie hat die meisten Texte geschrieben. Die Texte handeln von Erfahrungen, die sie im Alltag macht, oder einach Geschichten, durch die sie sich inspiriert fühlt. Das Endziel hierbei ist, dem Hörer positive Energie zu übermitteln.
Pamela: Wie kann man sich die Entstehung eines neuen Delain Songs vorstellen. Woher nehmt ihr die Ideen?
Martijn: Die Ideen können wirklich überall herkommen. Es beginnt mit einem Gefühl. Ich fange an zu spielen und die Ideen kommen einfach. Wenn ich das Grundgerüst habe, kommt Charlotte hinzu. Sie ergänzt die Texte und meistens auch die Vocal-Lines.
Pamela: Die Idee zu Delain stammt von dir Martijn. Wie bist du dann schlussendlich auf Charlotte Wessels als Sängerin gestossen?
Martijn: Zu der Zeit als ich Charlotte traf, war ich gar nicht auf der Suche nach der perfekten Sängerin. Wir liefen uns bei einem lokalen Musikprojekt über den Weg und ich bat sie Songtexte für mich zu schreiben. Doch als ich Charlotte dann das erste mal singen hörte, wusste ich sofort, dass sie die Richtige ist. Es war, als ob es vom Schicksal so geplant gewesen sei, vorrausgesetzt du glaubst an Schicksal. Ich liebe den Charakter ihrer Stimme. Ihre Stimme unterscheidet sich sehr von Denen der meisten weiblichen Sängerinnen in Metalbands. Sie klingt nicht so opernartig und kräftig, dafür aber wunderbar fragil.
Pamela: Charlotte erzähle mir bitte ein bisschen über deinen musikalischen Werdegang. Hast du vor Delain schon in anderen Bands gesungen? Hast du eine klassische Gesangsausbildung?
Charlotte: Als ich ungefähr acht Jahre alt war, lernte ich zunächst Klarinette spielen. Dadurch kam ich dann ersteinmal zur Jazz Musik. Da ich Singen aber eigentlich mehr mag, als Klarinette spielen, nahm ich bald meine ersten Gesangsunterrichtsstunden im Jazzbereich. Gleichzeitig spielte ich aber noch in einer Bigband. Mit dreizehn hatte ich dann, gemeinsam mit ein paar Schulfreunden, meine erste „eigene“ Band. Meine Freunde und ich schrieben alle Songs gemeinsam. Später nahm ich dann meine ersten klassichen Gesangsstunden. Ich began in „lauteren“ Bands zu singen und in Projekten wie „To Elysium“ und „Infernorama“. Den klassischen Unterricht besuchte ich noch zwei weitere Jahre, bis zu dem Tag als mein Lehrer mich aufforderte, meine Band zu verlassen, um meinen Fokus auf die klassische Schiene zu verlagern. Diese Band war Delain und es ist offensichtlich, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe. (Charlotte lächelt)
Pamela: Welche Erinnerung hast du an deinen ersten Liveauftritt mit Delain?
Charlotte: Ich war wirlich sehr nervös und hoffte dass alles gut gehen möge. Die Stunde vor unserem Auftritt war wohl die nervenaufreibenste Zeit meines bisherigen Lebens. Die Show selbst aber war einfach grossartig. Wir wurden von dem Publikum sehr herzlich in Empfang genommen.
Pamela: Charlotte, ich habe gelesen, dass du eine leidenschaftliche Sammlerin bist. Wie darf man sich das vorstellen? Sieht deine Wohnung also quasi wie ein Museum aus? Oder sammelst du etwas ganz Bestimmtes, wie Schuhe?
Charlotte: Sammeln kann zur Zeit leider nicht mehr meine grosse Leidenschaft sein, weil der Ort an dem ich jetzt wohne, ungefähr die Grösse eines Schuhkartons besitzt. Aber generell sammel ich besonders gerne CDs und Bücher.
Pamela: Welche Hobbies und Interessen habst du sonst noch, neben der Musik?
Charlotte: Ich bin wirklich ganz verrückt nach Kunst und Kunstgeschichte. Vor zwei Wochen habe ich gerade ein Kunstgeschichte Studium begonnen. Weiterhin reise ich sehr gerne. Eines Tages möchte ich all die Orte sehen, über die ich gerade so viel lerne.
Pamela: Ihr beide wurdet bei den Aufnahmen zu „Lucidity“ von zahlreichen, namhaften Musiker unterstützt. Ich stelle es mir sehr schwierig vor, so viele verschiedene Charaktere in einem gemeinsamen Projekt zu vereinen, zumal nicht alle Musiker aus Holland stammen. Wie ist die Umsetzung dieses Großprojektes aus deiner Sicht verlaufen?
Charlotte: Es funktionierte wirklich gut. Martijn liess allen genug Freiraum, eigene Idden zu der vorgegebenen Musik, auszuarbeiten. Ich denke gerade das gab dem Album diese gewisse Vielschichtigkeit. Und zu dem zweiten Problem, Martijn ging einfach zu den jeweiligen Aufnahmestudien der einzelnen Gastmusiker, wenn es gerade am Besten passte. Dadurch wurde das Album ein wirklich internationales Projekt. Es wurde in Holland, Deutschland, Finnland, usw. aufgnommen.
Pamela: Wie werdet ihr die einzelnen Songs live auf der Bühne, ohne die übrigen Musiker umsetzen können?
Charlotte: Die meisten Vocal-lines sind perfekt für mich zu singen, da Martijn sie in erster Linie für meine Stimme geschrieben hat. Unser Gitarist Ronald nimmt sich der männlichen Gesangsparts und der Growls an. Manchmal haben wir einige Gastmusiker mit auf der Bühne, aber das wird vorher nicht verraten, sondern soll eine Überraschung fürs Publikum bleiben.
Pamela: Im Oktober werdet ihr als Support von Within Temptation hier in Deutschland spielen. Eine gemeinsame Performance mit Sharon zu „No compliance“ würde sich doch wirkich anbieten.
Charlotte: Vielleicht wird sie das auch tun. Einmal standen wir in Paris gemeinsam auf der Bühne. Das war wirklich grossartig. Wir sind noch nicht sicher, ob sich die Gelegenheit im Oktober wieder bieten wird, aber es besteht definitiv eine Chance.
Pamela: Möchtet ihr auch in Zukunft mit Gastmusikern arbeiten? Wenn ja, welche Namen stehen ganz oben auf eurer Wunschliste?
Charlotte: Selbstverständlich, die Arbeit mit Gastmusikern ist zu einem entscheidenen Part von Delain geworden, den wir ganz besonders mögen. Unserer Wunschliste ist noch ein grosses Geheimnis, selbst für uns. Also lass uns noch nicht über Namen sprechen.
Pamela: Ihr habt inzwischen schon zwei Videos gedreht. Eines davon in Deutschland. Wo in Deutschland habt ihr den Clip zu „Frozen“ gedreht? Wie sind die Dreharbeiten verlaufen?
Charlotte: Es wurde in der wunderschönen Stadt Nürnberg gedreht. Die Aufnahmen verliefen sehr gut, auch wenn es ein wirklich langer Tag war. Die Kameras liefen von sechs Uhr in der Früh bis drei Uhr nachts. Das war sehr erschöpfend, aber das Ergebnis ist wirklich zufriedenstellend.
Pamela: Am Ende des Videos musst du Charlotte mit einem schönen Brautkleid ins Wasser steigen. War das nicht furchtbar kalt?
Charlotte: Ja das war es in der Tat, wir hatten an dem Tag ungefähr zehn Grad Aussentemperatur. Aber ich hatte unter dem Hochzeitskleid einen Neoprenanzug an. Ich denke, das hat mir wirklich das Leben gerettet.
Pamela: Werdet ihr noch weitere Videoclips drehen, bzw. Singles veröffentlichen? Ich finde ja euer Song „The Gathering“ wäre definitv eines eigenen Videos würdig!
Charlotte: Das finden wir auch. Wer weiss was die Zukunft bringt. Ich hoffe sehr, dass wir noch eine weitere Single von diesem Album veröffentlichen können, aber ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich passieren wird.
Pamela: Welches ist dein Lieblingssong auf dem Album?
Charlotte: Also mein Lieblingssong ist „Silhouette of a dancer“.
Pamela: Ihr habt kürzlich in den Niederlanden den Essent Award gewonnen. Dieser Preis ist mir persönlich leider kein Begriff. Kannst du mir bitte kurz erklären was dahinter steht und was euch dieser Preis bedeutet?
Charlotte: Diesen Preis zu gewinnen, sicherte uns zum einen eine gewisse finanzielle Unterstützung, zum anderen bekamen wir die Möglichkeit auf einigen netten Festivals zu spielen. Der Essent Award bedeutet uns eine ganze Menge, denn er öffnete uns sicherlich einige Türen.
Pamela: Habt ihr schon Pläne für die Zukunft, die ihr uns verraten könnt?
Charlotte: Wir sind gerade zurück von unserer ersten Tour und freuen uns auf weitere Konzerte in der Zukunft. Eine grosse Prioriät stellt natürlich auch die Arbeit an einem neuen Album dar.
Pamela: Ok, die letzten Worte sollen dann euch gehören. Was habe ich vergessen zu fragen? Was müsst ihr noch unbedingt los werden?
Charlotte: Vielen Dank für eure Unterstützung! Wir hoffen sehr, euch alle bald bei einer unserer Shows zu sehen!!












