150626_Tinderbox_9411_Prodigy_MB Where words fail, music speaks – dieses Zitat von Hans-Christian Andersen war das Motto des Tinderbox Festivals in Odense, bei dessen Erstausgabe wir für euch dabei waren. Meine neue Heimatstadt Odense schickt sich damit an, es festivaltechnisch mit den großen dänischen Festivals aufzunehmen. Damit misst man sich mit Schwergewichten, denn die nächsten großen Festivals liegen in Roskilde (nahe Kopenhagen) und Aarhus (North Side Festival) und damit ein gutes Stück von der Insel Fünen, die genau zwischen Festland und Seeland liegt, entfernt. Da musste schon ein beeindruckendes Lineup her, und das wurde auch geliefert – uns erwarteten große Namen wie The Prodigy, Faith No More, Robbie Williams und viele mehr.

Tinderbox Festival 2015 – Tag 1

Gegen 13 Uhr kamen wir radelnd in die Nähe des Festivalgeländes – bereits im Vorfeld wurde über alle Medien die Anreise zu Fuß oder mit dem Fahrrad empfohlen. Dies gestaltete sich als sehr entspannt und bereits nach ein paar Minuten hatten wir unser Fahrrad in der Bike Box, einem extra abgetrennten Bereich, in dem man sein Fahrrad platzsparend unterbringen konnte, abgestellt. Auch der Check-In und Sicherheitscheck gestaltete sich sehr entspannt. Auf dem Festivalplatz angekommen verschafften wir uns erst mal einen Überblick über das weitläufige und doch recht überschaubare Gelände um uns dann schleunigst zu Go Go Berlin zu begeben. Bereits mehrfach haben wir über die Ausnahmetalente aus Dänemark berichtet und auch dieses Mal wurden wir nicht enttäuscht. Der fette 70er Jahre Sound gemischt mit einer unglaublich Spielfreude knallte uns ab der ersten Minute um die Ohren. Klassiker wie „Raise Your Hand“ und „Gimme Your“ stimmten uns auf ein tolles Wochenende ein. Beendet wurde das Konzert mit einem Abstecher des Sängers Christian Vium, der sich zu der beträchtlichen Menge (gemessen daran, dass Go Go Berlin um 14 Uhr die zweite Band des Tages war) ins Publikum gesellte und mit der wilden Meute feierte.

Ordentlich aufgewärmt ging dann unsere Entdeckungstour über das Gelände weiter, weg vom Hauptgelände des Festivals. Durch einen kleinen Wald, dessen Bäume Schatten auf den noch recht jungfräulichen Weg warfen, kamen wir bald auf eine Lichtung, die sich bei näherer Begutachtung als das Gelände des städtischen Schwimmbades entpuppte. An diesem Wochenende war das Schwimmbad allerdings geschlossen (das Wochenende sollte aber auf andere Weise für Erfrischung sorgen) und es lag eine gewisse Magie in der Luft. Wo diese herkam, wurde uns sobald klar, als wir die dort aufgebaute Bühne entdecken: Die Magic Box. Diese besondere Bühne war einzig für elektronische Musik bestimmt, und würde eine ganze Reihe DJs beherbergen und in Szene setzen.

Zurück auf dem Gelände sahen wir uns als nächstes Hozier an. Der Künstler, der eher durch den ruhige düsteren Song „Take Me To Church“ bekannt ist, überraschte uns mit einigen rockigen und lockeren Nummern. Nicht selten klang die Musik nach feinstem Rock im Stile von Bruce Springsteen. Natürlich ließ Hozier sich kaum zwei mal bitten, seine wohl bekannteste Nummer zu spielen, ließ das Publikum allerdings bis zum Schluss des Konzertes warten. Das tat dem ganzen aber keinen Abbruch (wahrscheinlich eher im Gegenteil) und die Massen sangen brav mit.

Als nächste Band, die für euch, die Mindbreed Zielgruppe von Interesse war, sahen wir Rival Sons. Auch dies ist Band eine, die ich bisher nicht bewusst kannte, doch nach ihrem Auftritt sicherlich nicht mehr vergessen werde. Der harte Blues Rock schmetterte nur so über den Platz. Zwischendurch gab es ein paar abgedrehte Sound im Old-School-Stil der Doors. Der Stil der Band war durchgehend hart, doch wirkte zu keiner Minute eintönig.

Gegen 17 Uhr war es dann erst mal Zeit, um etwas zu entspannen (sogar die Sonne ließ sich passend dazu blicken und es lohnte sich tatsächlich, die Sonnencreme rauszuholen) und sich das Essensangebot des Festivals etwas näher anzusehen. Die Auswahl zwischen den verschiedenen Essenständen war wirklich unendlich und beeindruckend vielfältig. So war jedes odenseanische Restaurant mit Rang und Namen mit einer kleinen Bude vertreten, um die Gaumen der Festivalgäste zu erfreuen. Ein Steakrestaurant übertrieb es da in unseren Augen etwas, denn es hatte sich nicht mit einem kleinen Stand zufriedengegeben, sondern begrüßte seine Gäste in einem riesigen Festzelt, in dem man sich bei Kerzenschein mit einem Drei-Gänge-Menü und feinem Wein versorgen lassen konnte.
Weiter auf der Suche nach Leckereien statteten wir auch dem „exklusiven“ VIP-Bereich einen Besuch ab, doch in unseren Augen war der Unterschied zum normalen Angebot des Geländes nicht den Aufpreis auf den regulären Ticketpreis wert.

Letzten Endes griffen wir bei der Wahl der Speise dann aber doch auf Altbekanntes zurück und gönnten uns `ne ordentliche Portion Pommes. Und, um es dann doch etwas luxuriöser zu gestalten, eine Schale Erdbeeren vom RAW food Stand um Dessert. Gestärkt lauschten wir dann der dänischen Popkünstlerin Marie Key, die allerdings nicht unbedingt typische Mindbreed Musik spielte. Spaß hat das Zuhören trotzdem gemacht.

Als die Sonne sich langsam hinter den Horizont verabschiedete, ging es auf einer der beiden Hauptbühnen noch mal richtig ab. Major Lazer, die durch ihren Dance-Hall-Sound bekannt sind, heizten dem Publikum ab der ersten Minute ordentlich ein. Das lag nicht nur am brutalen Bass, sondern auch an den heißen Tänzerinnen, die sich auf der Bühne bewegten. Die DJs ließen es nicht nur an den Reglern krachen, sondern versuchte auch mit einigen Publikumsaktionen die Stimmung weiter pushen. Unter anderem versuchten sie es mit verschiedenen Circle Pit Varianten, die sie Tornado nannten sowie einer Entkleidungsaktion, die dem ein oder anderen Ärzte Fan, der sein T-Shirt zu „Waldspaziergang mit Folgen“ durch die Luft gewedelt hat, nicht unbekannt ist. Major Lazer gingen dabei aber noch einen Schritt weiter und forderten das Publikum am Ende des Songs auf, ihre Shirts in die Luft zu werfen. Das sah ganz eindrucksvoll aus, aber ich hoffe, dass jeder seine Klamotten wiedergefunden hat, da es inzwischen ziemlich frisch geworden war. T-Shirt oder nicht, in den ersten, sowie den hinteren und allen Reihen dazwischen war die Stimmung gigantisch, wenn mich persönlich die Darbietung musikalisch nicht vom Hocker gehauen hat.

Und dann, gegen 23 Uhr kam mit The Prodigy endlich Elektro-Old-School auf die Bühne. Ich hatte die Band im Jahre 2009 drei Mal gesehen und war da von ihren Livequalitäten völlig begeistert. Diesmal war ich besonders gespannt darauf, die Songs des neuen Albums The Day Is My Enemy live zu hören. Liam, Keith und Maxim machten mit ihrem Schlagzeuger und Gitarristen von Anfang an Druck. Neben richtig altem Material wie „Voodoo People“ und „Breathe“, gab es neuere Sachen vom Invaders Must Die Album und auch vom neuen Album war etwas dabei, unter anderem „The Day Is My Enemy“ und „Wall Of Death“. Als Rausschmeisser spielten The Prodigy „Take Me To The Hospital“. Obwohl man den Jungs ihr Alter mittlerweile etwas anmerkt, ist die Energie – gerade bei den beiden Frontmännern – ungebrochen und schlichtweg unglaublich. Somit war auch mein viertes Prodigy Konzert absolut gelungen.

Und dann war es auch schon 1 Uhr und wir traten zufrieden und müde den Heimweg an.

Tinderbox Festival 2015 – Tag 2

Der zweite Tag des Festivals begann im eigenen Bett, aus dem man sich gegen 10 Uhr langsam herausschälte. Bei einem Festival zu Hause zu schlafen ist schon ein angenehmer Luxus und ja, auf eine gewisse Art und Weise büßt das Tinderbox dadurch das Prädikat „richtiges“ Festival etwas ein. Doch von uns aus war das an diesem Tag völlig ok, denn es regnete in Strömen. Der lokale Wetterbericht versprach eine Unwetterwarnung und auch zwei Stunden später hörte der Regen nicht auf. Und so begaben wir uns erst um 16 Uhr entspannt auf das Festivalgelände. Als erste Band stand Carpark North auf unserer Liste. Auch über diese dänische Band haben wir bereits mehrfach berichtet. Zuletzt gab es eine Rezension der deutschen Veröffentlichung ihres Albums Phoenix. Das Wetter war trocken und das Publikum applaudierte der Band bereits vor dem Auftritt euphorisch zu. Während der ersten Songs begann es dann leicht zu regnen. Bis Titel drei steigerte sich der leichte dann in wasserfallartigen Rege. Die Band störte das kaum und musikalisch war ich auch noch mehr begeistert als bei ihrem Auftritt 2014. Nach etwas Erholung und Essen begaben wir uns erst wieder gegen Abend auf das Gelände – ja, mit so einem nahegelegenen Zuhause an der Hand wird man doch etwas faul. Der Regen hatte sich endlich gelegt, doch ein anderes Problem, diesmal logistischer Natur, stand an. Faithless und Black Rebel Motorcycle Club sollten gleichzeitig um 23.15 spielen. Glücklicherweise war für die Fotografen für Ordnung und die Möglichkeit, beide Bands zu fotografieren, gesorgt. Für mich begann es also vor der roten Bühne mit den ersten drei Songs von Faithless. Bereits als zweite Nummer gab es „God Is A DJ“. Der Sänger Maxi Jazz, dessen Stimme doch leicht gealtert war, hatte die Massen doch fest im Griff. Mit seinem typischen Sprechgesang und der charismatischen Art schien die Masse wie in Hypnose jeder Note zu folgen Dazu gab es auch noch eine gigantische Lichtshow. Doch dann ging für uns Fotografen die Arbeit erst richtig los. Im Stechschritt ging es in die gelbe Zeltbühne, um den vierten bis sechsten Song von Black Rebel Motorcycle Club zu sehen und fotografieren. Nach dem ich sehr hohe Erwartungen in die Band gesteckt hatte, wurde ich leider enttäuscht. Es gab eine Mischung als Hard-Rock und Blues-Rock, doch es klang einfach so eintönig und gelangweilt, dass jedenfalls bei mir der Funken nicht überspringen wollte. Doch dieses Gefühl hielt nicht lange an. Unsere Fotografengruppe bewegte sich noch einmal quer über das Gelände, um DJ Morten bei der Magic Box auflegen zu sehen. Das Ausnahmetalent aus der dänischen DJ-Szene ließ die Massen toben. Das Gelände war so voll, das kaum noch weitere Gäste auf das Gelände gelassen wurden. Ich genoss die Stimmung noch ein paar Songs, auch wenn es nicht meine Lieblingsmusik war. Dieses Konzert war dann auch schon das letzten Konzert auf der Magic Box Bühne, die am Sonntag geschlossen blieb. Dieses Bühne und das Setting war wirklich etwas ganz besonderes, was ich so auch noch nicht gesehen habe.
Ich begab mich dann allerdings wieder zurück zu Faithless, bei denen ich die letzten Songs aus der ersten Reihe genießen durfte. Das letzten Lied „We Come 1“ wird mir wegen der gigantischen Stimmung immer in Erinnerung bleiben.
Den Rauswerfer des Abends machten Axwell and Ingrosso. Die beiden Mitglieder der ehemaligen Swedish House Mafia schienen auf ihrem gigantischen DJ-Pult ziemlich verloren und Anfangs wirkte die Show etwas langweilig. Doch im Laufe des Konzerts holten sie mit unter anderem Lichteffekten, Pyros und Konfetti einiges aus der Trickkiste. Dazu kam eine perfekt abgestimmte Videoshow auf dem gigantischen Hintergrundmonitor. Musikalisch war es leider nicht ganz meine Wellenlänge, doch gerade die Hits die ich aus dem Radio kenne, waren gewaltig. Im Laufe des Konzerts traten wir den entspannten Heimweg an, um genug Energie für den dritten Tag zu haben.

Tinderbox Festival 2015 – Tag 3

Auch den dritten Tag ließen wir entspannt angehen. Gegen 16:30 kamen wir auf dem schon deutlich gefüllten sonnigen Platz an und begaben uns direkt zur roten Bühne, um The Cardigans zu sehen. Die Frontfrau Nina Persson ist immer noch wunderschön und nicht mal der schwarze Frisörumhang, den sie am Sonntag an hatte, konnte sie entstellen. Ich freute mich besonders über die Songs „Erase/Rewind“ und „My Favorite Game“. Das sind wirklich Klassiker, die gerne mal im Radio laufen, aber auch bei mir zu Hause in Ruhe genossen werden. Zu meiner Überraschung habe ich gelernt, dass die Band ja aus Schweden kommt. Das wurde mir klar, als Nina zwischen den Songs fröhlich auf Schwedisch drauf los erzählte – das zum großen Teil dänische Publikum freute es sehr.
Nach drei Songs ging es für mich direkt in die Zeltbühne zu den Eagles Of Death Metal. Die Band um den heißen, aber irgendwie auch etwas seltsamen Frontmann Jesse Hughes rockte, was das Zeug hielt. Ihre fette Mischung aus Country und Rock’n‘Roll hatte mich bereits vor ein paar Jahren auf einem Festival begeistert. Bei einem ihrer größten Hits „Cherry Cola“ sprang ein Mädel erst mal über die Absperrung, um ihrem deutlich älteren Sexsymbol ganz nahe zu sein. Da das dänische Festivalpublikum in der Regel ja eher ein friedliches und im wahrsten Sinne „bodenständiges“ Publikum ist, war das schon fast etwas Besonderes und so wurde sie allerdings recht schnell von den Securities abgefangen. Nachdem ich zahlreiche Fotos von den Eagles of Death Metal für euch geschossen hatte, begab ich mich in aller Ruhe wieder zu den Cardigans um dort die letzten Songs zu genießen, bevor es mit einem dänischen Urgestein weitergehen sollte.
Die Rocker von D-A-D kamen kurz nach 18 Uhr auf die Bühne und von da an gab es Altbewährtes en masse. Die einzige Überraschung war der plötzlich neue Bassist. Ich dachte erst, ich hätte die Umbesetzung der Band verpasst, doch während des Konzerts löste sich das Rätsel – der Stammbassist Stig Pedersen hatte sich die Hand verletzt und unterstützte die Band jedoch einem Lied als Sänger. Die Fans bekamen die Klassiker „Sleeping My Day Away“, „I Want What She´s Got“ und einige mehr. Das Publikum war begeistert und so waren wir – wenn wir uns auch dabei etwas weiter weg von der Bühne herumtrieben.
Danach gab es die Popprinzessin Ellie Goulding, vor allem durch ihren Hit „Love Me Like You Do“ bekannt ist, heizte dem Publikum ordentlich ein. Da an uns kein großartiger Popenthusiast verloren gegangen ist, wurde es uns irgendwann einfach zu eintönig, also schauten wir uns The Gaslight Anthem an. Die Rockband aus Amerika hatte die Zeltbühne fest im Griff und ich war begeistert vom rockigen Sound, der ab und recht ein recht flottes Tempo vorlegte. Für unseren Geschmack schien nur ab und an irgendwie etwas Punk zu fehlen. Das Publikum war aber sehr gut gelaunt und bescherte den Securities ein paar Schweißperlen auf der Stirn. Alles in allem lief das Konzert aber sehr entspannt.
Auf der blauen Bühne sollte nun einer der absoluten Headliner kommen – Faith No More. Der Platz vor der Bühne füllte sich während nach und nach, während sich der Himmel gleichzeitig mit Wolken tüllte. Kurz bevor die Band anfing zu spielen, begann es zu schütten. Egal, ich hatte einiges über die Band gehört und auch die üppig arrangierten Kunstblumen am Bühnenrand versprachen eine wilde Show. Die Jungs tauchten in weißen Gewändern auf und gaben ihren Hit „Motherfucker“ zum Besten. Ich wusste nicht so recht, was ich davon halten sollte. Während die Musik rockig war, muteten Auftritt und Sound eher Knorkator an. Diese seltsame Mischung setzte sich in den weiteren Songs vor. Mich haute nur ihr absolut untypisches Lied „Easy Like A Sunday Morning“ um, das sich auch als das einzige entpuppte, das ich im Vorfeld kannte. Der Regen wollte auch nach dem Auftritt von Faith No More nicht aufhören, doch das war fast allen Festivalgästen egal. Bereits seit Stunden füllte sich der Platz vor der roten Bühne auf der 22:30 Uhr Robbie Williams auftreten sollte. Ich weiß, Robbie ist wirklich nicht der Künstler unserer Zielgruppe, aber wir dachten uns „jetzt sind wir schon mal hier, also können wir uns ihn auch anschauen“ – wann bekommt man wohl noch mal die Möglichkeit, einen waschechten, immernoch ziemlich erfolgreichen, echten Popstar der 90er zu sehen? Robbie ist ja als Entertainer bekannt und genau den bekamen wir zu sehen. Es gab jede Menge selbst geschriebene Hits wie „Let ME Entertain You“, „Feel“ und „Rock DJ“ und dazu noch einige Covernummern, unter anderem „Bohemian Rhapsody“ von Queen. Es war wirklich einige unglaubliche Show und ein toller Abschluss für das allererste Tinderbox Festival. Aber das ist kein Grund, traurig zu sein, denn uns erreichte bereits die Nachricht, dass es die zweite Auflage in 2016 geben soll. Weitere Infos folgen im Herbst – Ich bin bereits sehr gespannt auf das Line-Up.

 

Text: Nathalie Schümchen

Fotos: Stephan Wüstenhagen

Tinderbox Festival 2015 – Fotogalerie

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