Die geheime Glückszahl des sympathischen Rock-Festivals in Mülheim muss ganz eindeutig die Nummer 10 sein. Nicht nur, dass das Castle Rock Festival erst kürzlich von Lesern einschlägiger Musikmagazine in die Top 10 der beliebtesten Festivals gewählt wurde. Nein in diesem Jahr konnte Initiator Michael Bohnes bereits das 10 jährige Jubiläum seines „Burgtheaters“ einläuten und dieses wurde natürlich stilsicher mit insgesamt 10 hochkarätigen und gut aufeinander abgestimmten Musicacts gefeiert.

Anlässlich des großen Jubiläums fand das Music-Event in Mülheim erstmalig an zwei aufeinander folgenden Tagen statt. Eine Idee, die so hoffentlich auch bei künftigen Castle Rock Festivals, umgesetzt werden wird. Denn nach einem kurzen, knackigen Auftakt mit insgesamt 3 Bands am Freitag, war die Vorfreude auf den festivalüblichen Bandmarathon am Samstag umso grösser.


Metallspürhunde

Wer den Wetterbericht für die Ruhrgebietsregion verfolgt hatte, hätte durchaus vorgewarnt sein können. Die Metallspürhunde schienen diesbezüglich jedenfalls bereits bestens informiert zu sein, denn obwohl sich noch keine wirklich Unheil verkündenden Wolken am Himmel zeigten, eröffnete das Schweizer Quartett den Abend mit dem Song „Böse Wetter“.

Und einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung gleich ließ das „Böse Wetter“ nun auch nicht mehr lange auf sich warten. Knappe 20 Minuten und 2 dargebotene Songs später öffnete sich der Himmel, um die Regenmassen in wahren Sturzbächen auf den Schlosshof und die anwesenden Musikfans niederschlagen zu lassen.

Nun ist der gemeine Musikfestivalbesucher ja durchaus an Regengüsse gewöhnt, doch bei den hier präsentieren Regenmengen, untermalt mit gefährlich in den Ohren klingenden Blitz und Donnersound, mussten sich schließlich auch die hartgesottensten Musikfans geschlagen geben.

Während Stück für Stück die Stromversorgung – erst auf der Bühne und dann an den Bierständen – zusammenbrach, wurden bereits die Innenräume der Burg geöffnet, um den Festivalbesuchern Unterschlupf zu bieten. Trotz der perfekten organisatorischen Leistung, gelang es wirklich Niemandem nicht nass bis auf die Knochen zu werden. Und so entschieden sich an dieser Stelle leider einige Besucher, doch lieber den Weg nach Hause anzutreten, während die große Menge bibbernd – und ohne Bier – auf besseres Wetter wartete.






Mehr Fotos in unserer Fotogalerie!

Doch den Tapferen gehört die Welt, nach gut 40 Minuten klärte sich das Wetter wieder auf und die Metallspürhunde enterten zum zweiten Mal an diesem Abend die Bühne. Nicht ohne das Durchhaltevermögen der Besucher zu loben, setzten die Electrometaller ihr Programm zunächst mit dem Song „Was hat dich bloss so ruiniert“ fort. Ein Titel der durchaus etwas zynisches hat, wenn die klatschnassen Haare und Anziehsachen an einem kleben, als wäre man im wahrsten Sinne des Wortes gerade aus der Gosse gezogen worden.

Trotz der widrigen Umstände gelang es den Metallspürhunden die Anwesenden zu begeistern. Und Rückblickend sind es wohl gerade diese Umstände gewesen, die diesen Auftritt und somit den Auftakt des 10ten Castle Rock Festivals für alle zu einem wirklich unvergesslichen Ereignis gemacht haben.

Van Canto

Dass sich das Ausharren und Frieren gelohnt hatte, wurde spätestens mit Erscheinen des zweiten Acts an diesem Abend auf der Bühne deutlich. Nicht nur, weil die Kleidung, den zaghaften, aber wärmenden Sonnenstrahlen, sei Dank, inzwischen wieder getrocknet war, sondern hauptsächlich weil Van Canto eine der aussergewöhnlichsten Bands ist, die der Musikmarkt derzeit zu bieten hat.

Van Canto ist die weltweit wohl einzigste A-cappella-Metal-Band und besteht aus vier Sängern, einer Sängerin und einem Schlagzeuger. Wer vor diesem Auftritt noch daran gezweifelt hatte, ob diese Konstellation auf der Bühne, denn wirklich überzeugen könne, wurde blitzschnell eines besseren belehrt. Denn sobald Sly, Inga, Stefan, Ross, Ingo und Bastian, das Ruder übernahmen, hatten sie die Meute fest im Griff. Was auf CD gebannt schon zu hundert Prozent überzeugen kann, entwickelt live performt noch mal einen ganz speziellen Zauber, dessen enthusiastischer Athmosphäre man sich einfach nicht entziehen kann. Obwohl, bis auf den Schlagzeuger, niemand ein Instrument in den Händen hielt, müssen sich Van Canto auch was die Performance jedes Einzelnen angeht, keinesfalls hinter herkömmlichen Gitarristen, oder Bassisten verstecken. Ganz im Gegenteil, genauso wie man langsam, aber sicher vergisst, dass Gitarren, Bass und Keyboardflächen durch die Stimmen der Musiker erzeugt werden, vergisst man irgendwann ebenfalls, dass keiner hier ein solches Instrument bedient. Denn Van Canto stehen nicht brav, wie die Orgelpfeifen auf der Bühne und singen ihre Songs runter – wie man es vermutlich von einer A-capella- Formation erwarten würde, sondern rocken was das Zeug hält und untermauern damit felsenfest ihr Image waschechte Metalheads zu sein. Der Auftritt von Van Canto zählte zweifelsfrei zu den ganz grossen Hightlights des Castle Rock Festivals, was es dem folgenden Headliner des ersten Tages, natürlich etwas schwieriger machen sollte.






Mehr Fotos in unserer Fotogalerie!

Gothminister

Verglichen mit ihrer Vorgängerband Van Canto aus dem Ruhrgebiet hatten die Norweger von Gothminister einen wesentlich weiteren Anreiseweg zum Mülheimer Castle Rock Festival hinter sich. Doch man könnte durchaus den Anschein bekommen, dass Gothminister sich ein bisschen in das schöne Ruhrgebiet verliebt haben, denn in letzter Zeit kann man die Norweger hier Konzert-technisch verdächtig oft antreffen.

Vor rund tausend anwesenden Musikfans präsentierten Sänger Bjørn Alexander Brem, der sicherlich niemals ohne sein Podest auf die Bühne kommen würde und seine Mannen einen guten Querschnitt aus inzwischen drei Gothminister Alben. Neben den üblichen Verdächtigen wie „Monsters“, oder „Angel“, gehörten natürlich besonders Stücke des neuen Silberlings wie „Darkside“ und „Freak“ zu den frenetisch gefeierten Momenten. Auch wenn die Gothminister-Show im direkten Vergleich mit dem energetischen Auftritt von Van Canto teilweise fast ein wenig schwachbrüstig wirkte, konnten die Norweger natürlich trotzdem mehr als überzeugen und bildeten somit einen gelungen Abschluss für den ersten Konzerttag.






Mehr Fotos in unserer Fotogalerie!

Um 22.45 Uhr ging dann schliesslich der erste Festivaltag einem glücklichen Ende zu. Nachdem sich Gothminister von der Bühne verabschiedet hatten, verabschiedeten sich auch die meisten Besucher recht zügig vom Mülheimer Schloss Broich. Ein Festivalbesuch mit Unwetterunterbrechung ist nun mal doch etwas anstrengender, als bei einem angenehmem Sonnentag. Aber der sollte ja schon am morgigen Samstag folgen …

zum zweiten Teil

Werbung
Pamela Stahl
Pamela Stahl ist ehemalige Mitarbeiterin von Mindbreed.